Investmentlegenden Von Börsengurus und smarten Spekulanten

Ob Warren Buffett oder George Soros – was macht Profianleger zur Investmentlegende? Ist es ein hohes Maß an volkswirtschaftlichem Durchblick? Sind es quasi hellseherische Fähigkeiten, zukünftige Kursverläufe prognostizieren zu können? Ist es das unternehmerische Kalkül, neue erfolgreiche Finanzprodukte zu kreieren? Oder ein großes rhetorisches Talent, Zusammenhänge an den Märkten so originell wie möglich zu kommentieren? Wahrscheinlich ist es von allem etwas.

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André Kostolany Quelle: dpa/dpaweb

Wer Investmentlegenden sucht, kommt am 20. Jahrhundert nicht vorbei. Denn erstens beginnt die Geschichte der modernen Aktienmärkte, wie wir sie kennen, erst kurz vor 1900 und zweitens braucht es zur Legendenbildung mehr als ein, zwei Jahrzehnte. Und natürlich kommen die ganz großen Trendsetter des Börsenhandels aus den Vereinigten Staaten von Amerika. Der Mythos Wallstreet bildet den idealen Nährboden für die Entwicklung von Legenden.

Benjamin Graham - Vater des "Value Investing"

Einer der ganz Großen, der mit Fug und Recht als solcher bezeichnet werden kann, ist Benjamin Graham. Benjamin Graham (1894-1976), US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler, gilt als Begründer der fundamentalen Wertpapieranalyse, die er in seinen Werken wie „Security Analysis“ von 1934 oder „The Intelligent Investor“ von 1949 einem breiten Publikum erörterte.

Diese Investmentlegenden sollten Anleger kennen
Benjamin Graham (1894 - 1976) Graham wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, nachdem seine verwitwete Mutter alles Hab und Gut durch Aktienspekulationen verloren hatte. Der Ausnahmeschüler schloss bereits mit 20 Jahren sein Studium ab und arbeitete anschließend an der Wall Street, wo auch die New Yorker Börse beheimatet ist. Später lehrte er an der Columbia University Wirtschaftswissenschaften. Sein Buch "Security Analysis" (1934) gilt als Standardwerk, die spätere populärwissenschaftliche Version "Intelligent Investor" gilt als Bibel der sogenannten Value-Investoren und war ein Bestseller. Quelle: Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0 ,Equim43
André Kostolany Quelle: dpa/dpaweb
Warren Buffett Quelle: REUTERS
George Soros Quelle: dpa
Jens Ehrhardt Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche

Benjamin Graham ist der geistige Vater des von ihm so benannten „Value-Investing“. Diese Anlagestrategie, die bis zum heutigen Tage von zahlreichen Aktienfonds erfolgreich betrieben wird, setzt vereinfacht dargestellt in erster Linie auf substanzstarke, unterbewertete Gesellschaften. Nicht allein, dass Benjamin Graham ganz klar als Investmentlegende bezeichnet werden muss, er ist auch Lehrmeister und „geistiger Vater“ von jüngeren Börsengurus wie Warren Buffett und George Soros. 1973 erschien eine der weiteren Auflagen von Grahams „The Intelligent Investor“ unter der Mitarbeit von Warren Buffett.

Warren Buffett - Orakel von Omaha

Und das Warren Buffet bei Graham viel gelernt hat, ist offensichtlich. Buffett gilt als einer der reichsten Menschen auf diesem Planeten. Und die Liste huldvoller Titulierungen für den bescheidenen mann ist lang: vom Dalai Lama oder Mozart der Finanzwelt über das Orakel aus Omaha bis hin zur freundlichsten Heuschrecke der Welt. Tatsache ist jedenfalls, dass Buffetts Beteiligungsgesellschaft „Berkshire Hathaway Holding“ eines der profitabelsten Unternehmen der Welt ist.

Die Berkshire Hathaway Holding erwirtschaftete ihren Rekord-Gewinn im Jahr 2015: 24,1 Milliarden US-Dollar! Das Unternehmen ist in vielen unterschiedlichen Branchen vertreten. Neben dem neuesten Zukauf, dem  Eisenbahnunternehmen BNSF, ist Berkshire Hathaway an der Bank Wells Fargo oder am Versicherungskonzern Geico beteiligt. Darüber hinaus mischt Buffett in diversen anderen Bereichen wie der Bekleidungs-, Nahrungsmittel- oder der Immobilienbranche mit.

Warren Buffett hat seine erfolgreiche Anlagestrategie früh verinnerlicht. Als 19-jähriger Student der Wirtschaftswissenschaften stößt er auf den Klassiker seines Professors Benjamin Graham über die Analyse von Wertpapieren. Wie bereits angesprochen gilt es dabei, unterbewertete Aktien zu finden, frühzeitig zu kaufen und danach wenigstens so lange zu halten, bis diese ihren wahren Wert erreichen. Buffett wartet viele Jahre geduldig auf seine Chance. Dann jedoch trifft er die fällige Entscheidung schnell und vor allem komplett emotionslos.

Soros, Kostolany, Erhardt – gegen den Herdentrieb

George Soros - der gewiefte Spekulant

Neben Warren Buffett gibt es mindestens noch einen weiteren Schüler Benjamin Grahams, der das Zeug zur waschechten Investmentlegende hat: George Soros. Der 1930 in Budapest geborene Soros besitzt einen Ruf wie Donnerhall. Der gewiefte Stratege hat wie kein anderer bewiesen, was eine gezielte Spekulation bewirken kann.

Der von ihm geführte Quantum Fund erlangte große Berühmtheit, weil sein spektakulärer Anlagestil alles bislang Dagewesene in den Schatten stellte. Die Abwertung des britischen Pfundes im September 1992, dem ein Kräftemessen zwischen dem Ungarn und der Bank of England vorausgegangen war, geht auf die Aktivitäten des Quantum Fonds zurück. Die Folge: Die Briten mussten das Europäische Währungssystem verlassen und Soros verdiente an diesem Coup angeblich etwa eine Milliarde US-Dollar.

André Kostolany - König der Börsen-Bonmots

Übrigens scheint Budapest eine ausgezeichnete Keimzelle für angehende Investmentlegenden zu sein. Denn auch ein europäischer Börsenguru ist hier geboren: André Kostolany. Und obwohl er es nie auch nur annähernd zu einem ähnlichen Vermögen gebracht hat wie seine US-amerikanischen Kollegen, schaffte es der sympathische Spekulant, dass sich Generationen von Anlegern mit ihm identifizierten.

Kostolany hielt die Massenpsychologie für die wichtigste Wissenschaft, um das Handeln der Marktteilnehmer zu verstehen. "Die Kursentwicklung hängt allein davon ab, ob mehr Dummköpfe als Papiere da sind oder mehr Papiere als Dummköpfe!" Überhaupt waren es seine flotten, mit Metaphern gespickten Sprüche, die ihn bereits vor seinem Tode 1999 zur Legende machten.

Mit diesen Aktien scheffelt Warren Buffett Milliarden
DirecTV-Satellittenschüssel Quelle: dpa
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IBM Quelle: REUTERS

Kostolany wird auch heute noch oft und gern zitiert. Standpunkte wie „Wer viel Geld hat, kann spekulieren; wer wenig Geld hat, darf nicht spekulieren; wer kein Geld hat, muss spekulieren“ oder „Einer Straßenbahn und einer Aktie darf man nie nachlaufen. Nur Geduld: Die nächste kommt mit Sicherheit“ werden von Börsianern noch immer mit viel Spaß in ihre Gespräche eingeflochten.

Jens Ehrhardt - antizyklisch zur Börsenstimmung

Der jüngste Vertreter unserer kleinen Galerie der Investmentlegenden ist der Deutsche Jens Ehrhardt. Der Gründer einer eigenen Fondsgesellschaft, der DJE Kapital AG, hat sich schon immer konsequent sein eigenes Urteil gebildet und auf die Ansichten und Einschätzungen anderer selbsternannter Finanz-Experten verzichtet.

Bei Ehrhardt ist antizyklisches Vorgehen Programm: Er gilt als Spezialist für die so genannten Stimmungsindikatoren. Wenn die überwiegende Zahl der Anleger gegenüber dem Aktienmarkt positiv eingestellt ist, ist seiner Ansicht nach die beste Zeit an den Börsen vorüber. Der gebürtige Hamburger veröffentlicht seit Anfang der 1970er Jahre mit der "Finanzwoche" einen der erfolgreichsten Börsenbriefe Deutschlands.

Um noch einmal auf André Kostolanys zurückzukommen, einer seiner zahlreichen Buchtiteln lautete: „Die Kunst über Geld nachzudenken“. Wenn sich der deutsche Kabarettist Hanns Dieter Hüsch mit dem Metier beschäftigt hätte, wäre er vielleicht ebenfalls zur Investmentlegende geworden. Er hat einmal gesagt: „Die Kunst besteht darin, vorher nachzudenken.“

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