WirtschaftsWoche: Herr Lehmann, was treibt Sie auf Internet-Messen?
Jens Lehmann: Die Suche nach Anlagen, die nicht nur drei oder vier Prozent Rendite, sondern auch mal sieben Prozent bringen. Mehr ist auch schön, aber riskant – und ich habe in der Vergangenheit schon zu viel verloren.
Hatten Sie Ihr Geld so schlecht angelegt?
Mir geht es da wie vielen Fußballern, aber auch wie Ärzten und Mitgliedern anderer Berufsgruppen, die gut verdienen und Opfer schlechter Anlageberatung werden.
Wie viel haben Sie denn verloren?
Nicht so viel, dass es mich existenziell traf. Aber absolut und verglichen mit dem, was ein normaler Mensch verdient, habe ich viel verloren. Als Fußballer hatte ich mich nicht genug mit Geldanlage beschäftigt.
Kümmern Sie sich heute allein darum?
Entscheidungen muss ich allein treffen, doch ich lasse mich vorher beraten. Aber seit ich nicht mehr Fußball spiele, habe ich Zeit, selbst zu schauen, welche Anlagen gut sind. So habe ich mich an Start-ups beteiligt.
Waren Sie nicht schon im Dotcom-Hype an der Börse aktiv? Angeblich lief Ihretwegen in der Dortmunder Kabine n-tv.
Das kann sein. Klar habe ich lieber n-tv geschaut als Richterin Barbara Salesch.
Sehr erfolgreich waren Sie aber nicht?
Damals wollte man bei jeder Neuemission dabei sein, ohne dass man überhaupt wusste, was die Unternehmen eigentlich machten. Ich habe häufig zu schnell entschieden, auch auf Anraten eines Beraters, der mich zu Aktienkäufen angehalten hatte. Da habe ich viel Geld verloren.
Womit haben Sie danebengegriffen?
Neomedia, eine US-Aktie, ein totaler Reinfall. Später, beim VfB Stuttgart, habe ich auf Anraten großer deutscher Investoren Biotech-Aktien gekauft, mit denen ich nur verloren habe. Erfahrungen machen klüger. Ich weiß jetzt, worauf ich achten muss.
Worauf?
Entscheidend sind die Leute, die dahinter stehen, ob es starke Persönlichkeiten sind. Das ist wie im Fußball. Wenn zwei Spieler den gleichen Pass schlagen können und die gleichen technischen Fähigkeiten haben, wird sich immer der durchsetzen, der den stärkeren Willen und Charakter hat.
"Ich hätte sofort reagieren sollen"
An wie vielen Start-ups sind Sie beteiligt?
Ich habe jetzt fünf, davon zwei schon länger und drei aus diesem und dem letzten Jahr. Eine heißt Combionic, sie macht Compliance-Software und Dokumentenmanagement. Die anderen nenne ich nicht, die müssen sich noch entwickeln.
Viele Anleger wurden besonders von der Finanzkrise getroffen, Sie auch?
Natürlich habe ich da Geld verloren, wie wahrscheinlich jeder andere auch.
Sie spielten damals bei Arsenal, hat sich die Krise in London vorher abgezeichnet?
Ich kannte viele Leute, die in Banken arbeiteten. Irgendwann sagten die, sei vorsichtig, wir sitzen nur noch rum, es gibt kein Geschäft mehr.
Und dann haben Sie schnell verkauft?
Ich hätte sofort reagieren sollen. Dann ist der Markt binnen zwei Wochen so stark eingebrochen, dass man eigentlich nicht mehr reagieren konnte. Aber ich hab zum Glück vorher meinen Anlageberater gebeten, ein bisschen zu reduzieren. Die meisten Aktien landen außerdem wieder auf dem Niveau, auf dem man war. Es sei denn, sie verschwinden vom Kurszettel, das ist mir auch schon passiert.
Waren Geldanlage und Finanzkrise in London ein Thema in der Kabine?
Eigentlich kaum. Ich war aber auch schon ein paar Jahre älter als die meisten Mitspieler. Das einzige Thema waren Immobilien. Kaufen konnte ich damals aber nicht.
Kaufen Sie jetzt Immobilien? Kaum eine Anlageform ist ja momentan so beliebt.
Das Wort immobil behagt mir nicht. Trotzdem habe ich etwas gekauft.
Hatten Sie BVB-Aktien?
Ja, aber da war ich dumm. Ich hatte für zwei Euro gekauft, dann sind sie gefallen und gefallen, und da ich für etwas anderes Geld brauchte, hat mein Bankberater sie bei 1,50 Euro verkauft. Danach sind sie bis auf drei Euro hochgegangen.
Fußball-Aktien gelten als riskant.
Jede Aktie, die billig ist, kann man kaufen. Und Fußball ist krisensicher. In der Finanzkrise sind viele Banken und Unternehmen pleitegegangen. Der Fußball ist weiter gewachsen. Wenn es den Leuten nicht so gut geht, gucken sie dennoch weiter Fußball. Das lenkt sie auch von Problemen ab.