Versicherer blicken derzeit mit Bangen nach Nordamerika: In den kommenden Monaten könnten bis zu 20 schwere Stürme und Hurrikane über die Ostküste der USA hinwegfegen, befürchten Meteorologen – doppelt so viel wie im langjährigen Durchschnitt. Seit Wochen sind die Wassertemperaturen im tropischen Atlantik ungewöhnlich hoch. Damit steigt die Gefahr, dass ein Megawirbelsturm wie Sandy entsteht, der 2012 New York unter Wasser setzte.
Die Milliardenschäden, die solche Stürme anrichten, blasen selbst bei den finanzstärksten Versicherern gewaltige Löcher in die Bilanzen. Um ihr Risiko zu streuen und Schäden mit zusätzlichem Kapital decken zu können, geben diese jetzt verstärkt Katastrophenanleihen (Cat Bonds) aus. Das Kapital der Investoren, die diese Papiere kaufen, dient jeweils der Deckung bestimmter, genau festgelegter Schäden – von Stürmen in Frankreich über Taifune in Japan bis zu Erdbeben in Lateinamerika.
Tritt der definierte Schadensfall ein, ist das Kapital der Anleger ganz oder teilweise verloren. Der Versicherer, der den Schaden reguliert, streicht es ein. „Die Ausfallwahrscheinlichkeit bei Cat Bonds beträgt durchschnittlich etwa ein bis zwei Prozent“, sagt Henning Ludolphs, Spezialist für Cat Bonds bei der Hannover Rück. Bei rund 400 Katastrophenanleihen, die weltweit bislang aufgelegt wurden, gab es bei drei bis vier einen Totalschaden. Bei weiteren drei bis vier haben die Investoren einen Teil ihres Kapitals verloren.
Die Gefahr des Totalverlusts wird Anlegern mit Renditen von bis zu zehn Prozent vergolten. Seit 2002 weist das Branchenbarometer Swiss Re Global Cat Bond Total Return eine Wertentwicklung von durchschnittlich 8,45 Prozent pro Jahr aus. Der US-Aktienindex S&P 500 Total Return schaffte 5,08 Prozent pro Jahr (siehe Grafik). Investoren, die angesichts der aktuellen Minizinsen eine profitable Alternative zu Staatsanleihen suchen, reißen den Versicherern die hochverzinslichen Bonds aus den Händen. Ihnen gefällt, dass diese nicht parallel zu Aktien, Anleihen oder Gold laufen.
Damit eine Katastrophe nicht zum Totalverlust führt, müssen Anleger streuen, am besten über Fonds, in denen jeweils rund 50 Cat-Bonds stecken:
In Deutschland zugelassen ist der gut 500 Millionen Dollar schwere GAM Star Cat Bond (ISIN: IE00B3Q8M574). Er legte in den vergangenen zwölf Monaten immerhin um 8,3 Prozent zu.
Mit nur 24 Millionen Dollar Volumen deutlich kleiner ist der Plenum CAT Bond Fund EUR (ISIN: LI0115208543). Er schaffte binnen zwölf Monaten 5,1 Prozent.
Rückversicherungspolicen zunehmend ersetzt
Bereits vor Beginn der Hurrikansaison in den USA, wo auch deutsche Versicherungsgesellschaften stark engagiert sind, ächzt die Assekuranz unter der Last von Großschäden, insbesondere aus den Überschwemmungen an Elbe und Donau vom Juni. Allein in der Bundesrepublik müssen Versicherer für Flutschäden in Höhe von vier bis sechs Milliarden Euro aufkommen. „Hochwasserereignisse in Deutschland und Zentraleuropa sind seit 1980 um den Faktor zwei häufiger geworden“, sagt Torsten Jeworrek, Vorstand beim Rückversicherer Munich Re, die Erstversicherern wie der Allianz die übermäßig hohen Risiken von Naturkatastrophen abnimmt.
Aktuell ersetzen Erstversicherer Rückversicherungspolicen zunehmend durch Cat Bonds, für die sie derzeit deutlich weniger zahlen müssen. „Die Preise für Cat Bonds sind in den vergangenen Monaten stärker gefallen als die Preise für klassische Rückversicherungen. Die Versicherer haben also einen Anreiz, vermehrt Katastrophenanleihen aufzulegen“, sagt Ludolphs von Hannover Rück.
Im ersten Halbjahr 2013 wurden laut einer Studie der Swiss Re weltweit Cat Bonds mit einem Volumen von 3,82 Milliarden Dollar ausgegeben, insgesamt waren Mitte Juli 2013 Cat Bonds für 18 Milliarden Dollar auf dem Markt – so viel wie nie seit Einführung dieses Finanzinstruments.
Die weltweit erste Katastrophenanleihe hat Hannover Rück 1994 auf den Markt gebracht – den Bond Kover über 85 Millionen Dollar. Konkurrent Munich Re legte allein im ersten Halbjahr drei Bonds über insgesamt 975 Millionen Dollar auf. Damit deckt der Rückversicherer Schäden aus Hurrikanen in den USA, Erdbeben in der Türkei und Taifunen in Australien ab. Auch die Allianz hat im Mai einen Cat Bond über 175 Millionen Dollar begeben. Der weltweit größte Emittent ist die Swiss Re aus Zürich.
Trotz der großen Bedeutung europäischer Emittenten lauten die bislang begebenen Cat Bonds ganz überwiegend auf Dollar. Jetzt jedoch, nach den Überschwemmungen an Elbe und Donau, denkt die Branche daran, das alternative Finanzinstrument auch in Europa verstärkt einzusetzen. Bislang machen Euro-Anleihen erst fünf Prozent der gesamten Cat Bonds aus.