Kollaps droht Retten Sie jetzt Ihr Geld aus dem grauen Markt!

Mit Prokon erlebt der graue Kapitalmarkt die nächste Insolvenz. Davor sorgten die Pleiten von S&K, Wölbern und der Infinus-Töchter für Schlagzeilen. Welche Anbieter auch gefährdet sind, welche Chancen Anleger haben.

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Lehren aus dem Fall des Windpark-Betreibers Prokon. Quelle: dpa

Carsten Rodbertus, weißes Hemd, braune Samtjacke, helle Jeans, das lange Haar zu einem Zopf geflochten, kaut Kaugummi. Ein zartes Lächeln umspielt seine Lippen, als er von der Menge vor dem Saal des Wiesbadener Hotels Dorint Pallas aufgesogen wird. Andächtig lauschen die Fans seinen Worten zur Energiewende. Dreimal versucht ein Mitarbeiter, ihn aus der Menge herauszubugsieren. „Sie müssen jetzt wirklich rein, Herr Rodbertus.“ Der drückt sich kurz in eine Ecke, lässt sein Kaugummi verschwinden. Die Show kann beginnen.

Um die 300 Fans, viele über 60, waren zu dieser Werbeveranstaltung des Windpark-Betreibers Prokon gekommen. Hunderte Präsentationen hat es in den vergangenen Jahren gegeben, stets nach dem gleichen Muster: Prokon-Chef Rodbertus erklärt in zwei Stunden, wie er mit Windkraft, Pflanzenöl und Paletten jedes Jahr sechs bis acht Prozent Zinsen für Anleger heraushole – und warum eine Investition in Prokon eine sichere Sache sei.

Sätze wie: „Ein Windpark kann kein wirtschaftliches Risiko entwickeln“ oder „bei dem Geschäft kann man so viel nicht falsch machen“ fallen. Viele gutgläubige Ökoidealisten im Publikum nicken – und werfen Rodbertus willig ihr Geld hinterher.

Wo Anleger am grauen Kapitalmarkt investierten
Ab aufs RevierInfinusDie sogar von der BaFin kontrollierte Infinus vertickte über Töchter Hochzinsanleihen. Nach der Razzia in Dresden kamen die Insolvenzen. Quelle: dpa
Windparks in NotProkon75.298 Anleger haben Geld bei Prokon investiert. Knapp acht Prozent von ihnen haben bisher gekündigt. 1.400 Millionen stehen jetzt auf dem Spiel. Wenden sich die Anleger ab, droht ein Notverkauf der Windräder. Quelle: dpa
Diese Jungs lassen's krachenS&KFonds sollen von den partywütigen S&K-Chefs Schäfer und Köller geplündert worden sein. Sie sitzen in U-Haft, Immobilienfonds sind pleite. Quelle: dpa
Unappetitliche InvestmentsDima24Dima24-Macher Malte Hartwieg (rechts) hat ein Vertriebs- und Fondskonglomerat aufgebaut, doch es gibt bei mehreren Fonds Probleme. Quelle: dpa Picture-Alliance
Häuslich eingerichtetFairvestaImmobilienhändler Fairvesta (Foto: Zentrale in Tübingen) kauft mit Anlegergeld Häuser, angeblich zu Schnäppchenpreisen. Quelle: Jörg Jäger für WirtschaftsWoche
Immer VollgasProsperia AGSlobodan Cvetkovic ist Chef des Fondsanbieters Prosperia AG und Miteigentümer des Autorennstalls Prosperia Abt Racing. Quelle: Screenshot
Schmieriges GeschäftProven Oil CanadaProven Oil Canada hat von 11.000 Anlegern 300 Millionen Euro für Ölinvestitionen eingesammelt, zahlt aber nicht mehr wie geplant aus. Quelle: dpa

Nun ist die Show vorbei. Alle, die vor zwei Jahren noch eifrig genickt haben, bangen heute um ihr Geld.

Schon lange ist klar: Prokon hat Probleme, schüttet seit Jahren viel mehr Zinsen aus, als Rodbertus mit Windparks verdient. Ein Verlust von 171 Millionen Euro im Jahr 2012, den Prokon kürzlich bekannt gab, ließ viele Inhaber von Genussrechten panisch ihre Verträge kündigen. Weil zu viele Anleger das Weite suchten, setzte Prokon den Inhabern von Genussrechten Mitte Januar die Pistole auf die Brust. Wenn nicht 95 Prozent der Anleger ihr Geld im Unternehmen beließen, drohe die Pleite. Laut Prokon sollen Anleger aber bereits Genussrechte im Wert von fast 105 Millionen Euro gekündigt haben (Stand: 21.01.2014, 15 Uhr). Bei einem Gesamtvolumen von 1,4 Milliarden Euro wären das rund 7,5 Prozent, also mehr als die fünf Prozent, die maximal gekündigt werden dürften.

Anleger investieren immer weniger Geld in geschlossene Fonds. (zum Vergrößern bitte anklicken)

Nicht nur Prokon-Anleger bangen. Der graue Kapitalmarkt, auf dem skrupellose Finanzvertriebe Anleger in Produkte treiben, für die kaum staatliche Vorschriften existieren, steht vor dem Kollaps. Die Immobilienfonds von S&K (100 Millionen Euro; 10.000 Anleger), Töchter des Dresdner Finanzdienstleisters Infinus (400 Millionen Euro, 25.000 Anleger) sowie der Schiffs- und Immobilienfondsbetreiber Wölbern Invest (620 Millionen Euro; 40.000 Anleger) sind pleite. Investoren realisieren unter Schmerzen, dass außerbörsliche Beteiligungen tatsächlich die „wohl schlechteste Geldanlage der Welt“ sind. Seit Beginn der Finanzkrise zahlen Anleger immer weniger ein (siehe Grafik). Derzeit liegen noch 200 Milliarden Euro in den geschlossenen Fonds. Hinzu kommen Milliarden in Genussscheinen und anderen Vehikeln, die zunehmend die verrufenen Fonds ersetzen.

Und es gibt weitere Kandidaten, die eine Menge Fragen aufwerfen.

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