Krisenmetall Gold bleibt die Währung der letzten Instanz

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EZB will den Kaufkurs halten

Draghi ließ seinen Worten Taten folgen. Vor allem die im März 2015 gestarteten Staatsanleihekäufe erhöhten die Bilanzsumme des Euro-Systems wieder, auf aktuell 2497 Milliarden Euro. Der Goldpreis in Euro hatte das zeitlich vorweggenommen und konsolidiert gerade den Anstieg vom Januar, als das Programm vom EZB-Rat beschlossen wurde. Draghi will auf Kaufkurs bleiben. Macht ihm dabei die Politik keinen Strich durch die Rechnung, sollte auch Gold in Euro bald wieder spürbar zulegen.

Chinesen sehen Gold nach wie vor als wichtigen Baustein zur Vermögenssicherung. Der Börsencrash könnte wieder für eine Rückkehr in den sicheren Hafen Gold sorgen. Das gedrückte Goldpreisniveau reizt zumindest. Die Hongkonger Statistikbehörde meldete, dass das Festland im Mai wieder netto 70,8 Tonnen Gold aus Hongkong importiert hat. Das waren 36 Prozent mehr als im Vormonat und 35 Prozent mehr als im Vorjahr und die höchsten Netto-Importe seit vier Monaten. Eine wieder stärkere chinesische Goldnachfrage sollte den Goldpreis im Jahresverlauf zusätzlich unterstützen, sagt Eugen Weinberg, Leiter des Rohstoffresearch der Commerzbank.

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Angriff auf Bargeld und Gold

Einen vergleichbaren Run auf Gold wie an die Börsen dürften die chinesischen Behörden aber verhindern. Die komplette Flucht aus dem Finanzsystem ist unerwünscht. Dirigistische Maßnahmen bis hin zu einem Goldbesitzverbot sind denkbar.

Auf Einschnitte in ihre finanzielle Freiheit sollten sich auch Anleger in Europa einstellen. Bis zum 1. Januar 2016 müssen alle EU-Staaten die Bail-in-Regelung umgesetzt haben: Nicht mehr Steuerzahler, sondern Eigentümer und Gläubiger sollen dann geradestehen, wenn eine Bank Pleite macht. Bankeinlagen bis 100.000 Euro sind von der Regelung zwar ausgenommen. Dennoch dürften Bürger tendenziell mehr Bargeld horten oder das Bankensystem ganz meiden, etwa durch den Kauf von physischem Gold.

Dem Bargeld haben Ökonomen bereits den Kampf angesagt. So fordert der Wirtschaftsweise Peter Bofinger, Bargeld aus dem Verkehr zu ziehen und alle Zahlungen elektronisch abzuwickeln. So ließen sich Kosten senken und die Kriminalität eindämmen. Im Kampf gegen Schwarzarbeit plädiert Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans für ein Limit für Bargeld-Abhebungen. US-Ökonom Kenneth Rogoff sagt, Zentralbanken könnten in einer bargeldlosen Welt leichter Negativzinsen durchsetzen und so die Bürger zwingen, via Konsum die Konjunktur anzukurbeln.

Bei Gold wäre eine von Brüssel aus betriebene Wiedereinführung einer europaweiten Mehrwertsteuer denkbar. Auch könnten Zugewinne mit Barren und Münzen, die nach einem Jahr Haltefrist steuerfrei bleiben, künftig mit Abgeltungsteuer belegt werden. Auch Gold könnte als Geldwäsche- und Steuerhinterziehungsmittel sowie als Finanzierungsmittel des internationalen Terrorismus diskreditiert werden.

Anleger sollten Gold daher möglichst anonym kaufen, also unterhalb der gesetzlichen Meldesumme von 15.000 Euro – und es dort aufbewahren, wo es am wenigsten wahrscheinlich ist, dass es ihnen irgendwann weggenommen wird.

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