Dabei sollten Beratungsprotokolle schon längst für mehr Transparenz beim Bankkunden sorgen. Seit Januar 2010 sind Bankberater dazu verpflichtet, das Gespräch mit dem Kunden zu dokumentieren. Die Position des Kunden sollte damit gestärkt werden, im Falle einer Falschberatung sollte das Protokoll die Klage erleichtern. Beispielsweise darf ein Bankberater seinem Kunden nicht mehr so einfach einzelne Aktien empfehlen. Erst wenn er entsprechende Empfehlungen der Aktienresearch-Abteilung eingeholt hat und das im Protokoll vermerkt, darf er auf lukrative Einzeltitel hinweisen.
Die Ergebnisse der Studie zeigten allerdings, dass das Protokoll seine Wirkung bisher verfehlt hat. "Das Beratungsdokument wird von den Young Professionals lediglich als bürokratischer Aufwand wahrgenommen", sagt Studienleiter Reiter. Es diene eher den Banken, die sich im Falle einer Verhandlung darauf berufen könnten. Der Kunde werde jedoch in die Erstellung des Protokolls nicht eingebunden und weiß auch nicht, welche Gestaltungsmöglichkeiten es für ihn gebe. "Das Protokoll hat bisher nicht für Transparenz gesorgt, es ist gescheitert, da der Kunde in der Praxis schlechter gestellt wird", sagt Reiter. Mehr als 40 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Protokollpflicht sich nicht positiv auf die Qualität der Beratung ausgewirkt hat. Lediglich rund 34 Prozent sehen einen positiven Effekt.
Was muss im Protokoll drinstehen?
Seit dem 1. Januar 2010 muss die Bank ein Protokoll über jede Anlageberatung erstellen. Darin muss stehen, wer um die Beratung gebeten hat. Wollte der Kunde einen Termin, hat der Berater ein Gespräch vorgeschlagen? Auch ob der Berater auf Wunsch seines Arbeitgebers bestimmte Produkte ansprechen soll, muss unter diesem Punkt aufgeführt sein.
Der Berater muss vermerken, wie lange das Gespräch gedauert hat.
Im Protokoll muss stehen, wie groß das Vermögen des potenziellen Kunden ist, ob er Schulden hat und falls ja, wie hoch sie sind. Außerdem gehört hinein, wie hoch das Einkommen ist.
Damit dem risikoaversen Investor nicht hochspekulative Papiere angedreht werden und es nachher heißt, man hätte von nichts gewusst, gehören die Kundenwünsche ins Protokoll: Welche Risikoneigung hat der Investor, wie viel Rendite will er – und: wie hat der Berater die Entscheidung beeinflusst. Wer wenig Risiko und wenig Rendite will und abschließend ein Pendant der Lehman-Zertifikate kauft, wurde höchstwahrscheinlich falsch beraten.
Alle Produkte, die ein Banker empfiehlt, müssen im Protokoll aufgeführt sein, auch wenn der Investor sich dagegen entscheidet. Außerdem müssen die Gründe, die laut Berater für ein Produkt sprechen, aufgelistet werden.
Die Initiatoren der Studie fordern daher, dass die Beweislast bei einer Anlegerklage beim Berater liegt. Dieser müsste dann beweisen, dass er bei der Beratung des Kunden dessen persönliche Anlageziele berücksichtigt hat, so die Autoren der Studie. Außerdem solle der Verkauf von Produkten mit Provision grundsätzlich nicht mehr unter dem Label "Beratung" erfolgen.
Keine Empfehlung für die Berater
Bemerkenswert ist auch, dass nur 53 Prozent der Studien-Teilnehmer ihren eigenen Finanzberater weiterempfehlen würde. Vertrauen sieht anders aus. Einer der Befragten sagte: "Ich habe selber als Berater bei der Commerzbank gearbeitet und weiß daher, dass die Bank ausschließlich auf eigene Interessen abzielt." Dabei beschreiben die Probanden ihr Verhältnis zum Berater insgesamt als vertrauensvoll, persönlich und rational.
Allerdings schließen einige Kunden zu schnell vom persönlichen Geburtstagsgruß des Beraters auf dessen Loyalität dem Kunden gegenüber. Vor allem durch soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter wissen Finanzberater heute teilweise deutlich mehr aus dem Privatleben ihrer Kunden als früher. Anleger sollten mit der Freigabe persönlicher Daten gegenüber dem Berater also vorsichtig sein. Insgesamt zeigt die Studie deutlich, in Puncto Transparenz in der Finanzberatung noch viel Luft nach oben ist.