Mittelstandsanleihen Wo Anleger mit Verlusten rechnen müssen

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German Pellets ändert das Spiel

Insider betrachten die Fälle Scholz und German Pellets jetzt als „Game Changer“ – die Wende für den Mittelstandsanleihemarkt, die den totalen Zusammenbruch einleiten könnte. Besonders weil beide Unternehmen vergleichsweise hohe Volumina ausstehen haben. German Pellets schuldet Anleihegläubigern über 224 Millionen Euro.

Banker, die früher Minibonds an die Börse brachten, suchen sich neue Jobs. Investoren, die das Geld von Privatanlegern oder Stiftungen investieren, haben signalisiert, dass sie keine weiteren Minibonds kaufen dürfen. Der Absatzkanal für neue Anleihen trocknet aus. „Kleinere Finanzierungen bis zu 50 Millionen Euro werden bis auf absehbare Zeit unmöglich sein“, bestätigt Johannes Eismann, Vorstand bei der Quirinbank.

Auch die Börsen wollen das Segment nicht mehr pushen – zwei Börsen haben das Wort Mittelstand bereits gestrichen. Die Düsseldorfer haben ihren „Mittelstandsmarkt“ dichtgemacht, Anleihen notieren nun im Primärmarkt oder dem Freiverkehr. Die Stuttgarter, einst Vorreiter im Markt, haben BondM für neue Anleihen geschlossen.

Allein die Deutsche Börse in Frankfurt, die Mittelstandsanleihen im Segment Entry Standard handeln lässt, hält noch still. Dabei hatte der dafür verantwortliche Manager Cord Gebhardt, Leiter des Primärmarktgeschäfts, im April 2014 eine steile These gewagt: Sollte die Ausfallrate über den Daumen gepeilt bei 25 Prozent liegen, müsse sich die Börse „Gedanken über eine Neuordnung“ machen. Das Anleihevolumen, das in Frankfurt von Insolvenz oder Restrukturierung betroffen ist, liegt etwa bei der damals skizzierten Quote. Doch: „Wir können die Unternehmen nicht einfach vom Markt ausschließen“, sagt Gebhardt. Die Börse verfolge aber, was sich bei den Unternehmen tue, wie die Zahlungslage sei und „wie die Unternehmen gedenken, aus den finanziellen Schwierigkeiten raus zu kommen“.

Raus aus dem Schlamassel?

Bei einigen deutet sich bereits an, dass der Schlamassel eher größer wird. Die Anleihe des Onlinereiseportalbetreibers Travel24 etwa ist unter Wasser, ebenso viele Papiere von Unternehmen aus der Modeindustrie. Nach der Pleite von Strenesse und wetterbedingt schwachen Umsätzen – es war zu mild – haben Anleger Angst vor einem weiteren Ausfall in der Branche.

Eine Herausforderung dürfte die Refinanzierung einer 210-Millionen-Euro-Anleihe sein, die KTG Agrar im Juni 2017 zurückzahlen muss. Der Agrarkonzern ist mit mehr als dem Doppelten seines Umsatzes verschuldet. Immerhin, die KTG-Aktie ist börsennotiert, das Unternehmen könnte sich über eine Kapitalerhöhung Geld von Aktionären besorgen. Zuletzt kaufte die chinesische Fosun-Gruppe neun Prozent der Anteile. Außerdem kann KTG Reserven heben, etwa durch Verkauf von Aktien der Energietochter oder Ackerflächen. „KTG wird weitere Investoren gewinnen, die Profitabilität steigern, das Eigenkapital stärken und Schulden senken“, sagt Julian Voss, stellvertretender Vorsitzender des KTG-Aufsichtsrats. Spätestens im Herbst solle der Plan zur Rückzahlung der Anleihe vorliegen.

Das wäre deutlich mehr, als viele in dem zusammenbrechenden Markt zu bieten haben.

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