Musterdepots Das Ende der Schönwetter-Depots

Die Konsolidierung an den internationalen Aktienmärkten bewegt die Musterdepots. Ein Patentrezept für die gegenwärtige Lage scheint es nicht zu geben – die Experten wollen unterschiedlich reagieren.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Georgios Kokologiannis Quelle: Pablo Castagnola

Wie erwartet sind die Aktienindizes nach dem Zwischenhoch von Anfang September erneut zurückgefallen. Sie verbleiben in der volatilen Seitwärtsbewegung, auf die das Musterdepot bereits seit Januar ausgerichtet ist. So nähert sich etwa der Dax wieder dem unteren Ende der Handelsspanne zwischen rund 8 900 und 10.100 Punkten, an der ich mich für taktische Transaktionen orientiere. Es bleibt dabei, dass die Zeit der Schönwetter-Depots spätestens seit dem Jahreswechsel vorbei ist. Nur mit aktivem Portfoliomanagement lassen sich derzeit dauerhafte Wertzuwächse erreichen.

Ich baue daher jetzt erstens eine neue Position an Sprintzertifikaten auf, die überproportional von einer erneuten – vorübergehenden – Kurserholung des Euro Stoxx 50 profitieren würden (WKN: VZ074L). Und zweitens ergänze ich neue „Capped Bonuszertifikate“ (WKN: CB1NWD): Bis Ende Juni 2015 lässt sich damit eine Rendite von 9,2 Prozent per annum erzielen. Einzige Bedingung: Der Dax darf bis dahin nie auf 7 600 Punkte einbrechen, sonst geht der Bonus-Mechanismus verloren. In diesem Fall kann der Investor dann genauso tief ins Minus rutschen, wie bei einem gewöhnlichen Dax-ETF. Der Preis für den Verlustpuffer: Mehr als die rund neunprozentige Seitwärtsrendite ist auch dann nicht drin, wenn der Dax sehr stark zulegen sollte. Die Gewinne sind gedeckelt.

Anders die Funktionsweise der Sprintzertifikate: Diese speziellen Hebelpapiere verdoppeln innerhalb einer festgelegten Handelsspanne die Kursbewegungen des Aktienindexes, auf den sie sich beziehen. Und auf dem Niveau der entscheidenden Marke für diese Anlageprodukte notiert nun wieder der Euro Stoxx 50 nach den massiven Verlusten der vergangenen Tage: Oberhalb von 3041 Punkten schalten diese Sprinter den Turbo ein. Indexgewinne darüber werden in meinem Depot um den Faktor zwei gehebelt. So, als ob ich auf einen Schlag plötzlich doppelt so viele Anteile am europäischen Leitindex besäße.

Der Clou: Fällt das Aktienbarometer unter die Sprint-Schwelle zurück, dann verschwinden meine „imaginären“ Extra-Anteile automatisch wieder aus dem Portfolio – an Verlusten werde ich also nicht überproportional beteiligt. Der Preis für das Hoch- und Runterfahren meines Aktien-Engagements bis zum Laufzeitende der Papiere Ende Juni kommenden Jahres: Von steigenden Kursen profitiere ich maximal bis zur Marke von 3665 Zählern, die Erträge sind begrenzt. 


Keine Zeit für Schwarzseherei

Die Konsolidierung an den internationalen Aktienmärkten schreitet voran. Allerdings ist das Ausmaß einmal mehr sehr unterschiedlich. Während der S&P500 in den USA lediglich knapp vier Prozent in den vergangenen drei Wochen eingebüßt hat, ist der Kursabschlag beim DAX etwa doppelt so hoch. Vor dem Hintergrund der schwachen europäischen Konjunktur und der Nähe zu vielen geopolitischen Krisenherden ist dies aus unserer Sicht auch plausibel.

Trotz der Kursabschläge und der Tatsache, dass die globalen Konjunkturdaten zuletzt etwas schwächer ausgefallen sind, schließen wir uns den mittlerweile vielen Schwarzsehern, die einen neuen Crash an den Aktienmärkten erwarten, nicht an. Aktuell sehen wir keine Gründe dafür, dass die Weltwirtschaft und damit die Unternehmensgewinne einen Einbruch erleiden werden. Zudem werden das Zinsniveau und die Inflation tendenziell niedrig bleiben. Nach dem langen Kursanstieg in den USA ohne nennenswerte Rücksetzer wäre eine Konsolidierung auf dem aktuellen Niveau nicht überraschend. Aus unserer Sicht kann man an den Aktienmärkten aber nur dann langfristig erfolgreich sein, wenn man bereit ist, eine bestimmte Aktienmarktvolatilität zu akzeptieren.

Wir hinterfragen unser Aktienmarktszenario und die Prämissen dafür täglich, allerdings darf man sich von den Schwankungen an den Aktienmärkten und der Stimmung der Kapitalmarktteilnehmer nicht zu sehr beeinflussen lassen. Hierbei hilft uns der Blick auf fundamentale Fakten, die wir in Form von konjunkturellen sowie unternehmensspezifischen Datenreihen täglich auswerten und beurteilen.


Wohin führt der neue Kurs der EZB?

Die Diskussion über den von der EZB geplanten Ankauf von „Ramschpapieren“ aus Zypern und Griechenland hat in den vergangenen Tagen zugenommen. Am Mittwoch musste der EZB-Vizepräsident Vitor Constancio in Frankfurt die Position der Notenbank verteidigen. Noch im vierten Quartal dieses Jahres will die EZB damit beginnen, Verbriefungen und Pfandbriefe von den Banken aufzukaufen und damit ihre Bilanzen zu säubern, was wiederum zu mehr Kreditvergabe führen sollte.

Damit diese Maßnahme überhaupt möglich ist, hat der EZB-Rat vergangene Woche beschlossen, dass die Papiere aus Griechenland und Zypern gekauft werden dürfen. Denn sie verfügen nicht über das bisher minimal notwendige Rating von „BBB-“, und gehören somit nicht zu den „Investment-Grade“-Wertpapieren. Diese Aktion hat zu einer heftigen Kritik aus Deutschland inklusive des Bundesbank-Präsidenten Jens Weidmann geführt. Es ist aber äußerst unwahrscheinlich, dass diese Kritik etwas bewirken wird.

Die EZB scheint entschlossen zu sein, ihre Bilanz, die seit 2012 um gut ein Drittel geschrumpft ist, wieder massiv auszuweiten. Durch eine extra lockere Geldpolitik versucht die Notenbank die Kreditklemme zu überwinden und die Konjunktur in der Euro-Zone anzukurbeln. Es ist allerdings zu bezweifeln, ob der angekündigte Aufkauf von griechischen und zypriotischen Ramschpapieren die Kreditvergabe stimulieren würde. Vielmehr sieht es nach einer Unterstützungsmaßnahme für die Banken aus.   

Die Beiträge stellen keine Anlageberatung dar, insbesondere geben sie keine Empfehlung zum Kauf der genannten Wertpapiere. Sie sollen einen Anreiz zum Nachdenken und zur Diskussion über Marktentwicklungen und Anlagestrategien geben.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%