Nachhaltig investieren Lieber Tesla als Volkswagen

Die USA steigen aus dem Klimaschutz aus. Anleger kann das kalt lassen. Investments in Profiteure des Klimawandels lohnen sich. So investieren Anleger mit gutem Gewissen.

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Tesla-Aktien statt Volkswagen. Quelle: Bloomberg

Er sei Pragmatiker, kein Missionar, sagt Martin Stötzel, Geschäftsführer des Düsseldorfers Vermögensverwalters Rhein Asset Management. Das Unternehmen legt das Geld auf Wunsch seiner Kunden nach ökologischen und ethischen Kriterien an. Nachhaltig investieren aber soll sich rechnen, sagt er. „Unsere Anleger wollen für das gute Gewissen nicht auf Rendite verzichten.“ Zu seinen Kunden zählen Kirchen, Pensionskassen und Privatanleger.

Serie: Green Finance

Anleger wie Uwe Koenzen, Inhaber eines Planungsbüros im nordrhein-westfälischen Hilden, der eigene Oldtimer und die anderer Besitzer auf Elektroantrieb nachrüstet: Wenn Koenzen mit seinem Porsche 912, Baujahr 1967, vorfährt, ist nur leises Surren zu hören. Der Porsche-Sound fehlt. So klimakorrekt wie bei seinem Fuhrpark will er auch bei der Geldanlage vorgehen.

Stötzel von Rhein Asset Management macht das für ihn. Moral und Rendite sind dabei kein Widerspruch. Bereits 2015 flog etwa die Volkswagen-Aktie wegen des Dieselskandals aus den Kundendepots von Rhein Asset, so ließen sich weitere Verluste vermeiden. Stötzel setzt lieber auf Elektroantrieb.

Fonds, die in Profiteure des Klimawandels investieren

Technik, wie sie Tesla verwendet, das für eine klimafreundliche automobile Zukunft steht. Tesla-Gründer Elon Musk schmiss seinen Beraterjob für die US-Regierung hin, nachdem US-Präsident Donald Trump den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen verkündet hatte. Die Gründe dafür lieferte Musk in einem Tweet: „Der Klimawandel ist real. Das Pariser Klimaabkommen zu verlassen ist weder für die USA noch für die Welt gut.“

Trumps Klimawende hat dem Boom nachhaltiger Kapitalanlagen im eigenen Land keineswegs geschadet. Laut Investmentbank Morgan Stanley werden in den USA 22 Prozent der privaten Investments nach ethisch-ökologischen Kriterien verwaltet. Im vergangenen Jahr flossen 135 Prozent mehr Geld in nachhaltige Kapitalanlagen als 2012. In Deutschland ist nachhaltige Geldanlage noch ein Nischenprodukt, allerdings ein wachsendes: 44 Milliarden Euro halten Anleger in nachhaltigen Fonds mit Aktien und Anleihen, rund fünf Prozent des Gesamtmarktes.

Vom Klimawandel profitieren diese Fonds gleich zweifach: Sie investieren in Unternehmen, die an den Folgen der Erderwärmung verdienen. Dazu zählen etwa Hersteller von effizienter Bewässerungstechnologie. Zudem setzen sie auf Unternehmen, deren Technologie Kohlendioxid vermeidet, etwa Produzenten erneuerbarer Energien.

Mit Fonds breit streuen

Welche Unternehmen in Zukunft technisch und wirtschaftlich vorn liegen, wird sich erst zeigen. Fonds, die ihr Vermögen über Dutzende Aktien streuen, mindern das Verlustrisiko bei einem Fehlschlag. Obwohl oder gerade weil viele Aktien wegen moralischer oder ökologischer Bedenken durchs Raster fallen, sind die Renditen ansehnlich. Fonds, die beispielsweise auf Volkswagen (Dieselskandal) sowie E.On und RWE (Kohlekraftwerke) verzichten, haben zuletzt deutlich besser abgeschnitten als der Dax. So hat der Aktienfonds Nordea Global Climate & Environment in drei Jahren jährlich 13,2 Prozent zugelegt, der Dax nur 8,2 Prozent pro Jahr.

Der Dax hinkt hinterher, weil ihm wichtige Zukunftsbranchen fehlen, beispielsweise Elektromobilität. Fondsanbieter Nordea sucht seine Aktien daher anderswo. Zu den größten Positionen im Fonds zählen der US-Autozulieferer Johnson Controls, der Batterien für Elektroautos herstellt, und das amerikanische Unternehmen Weyerhaeuser, einer der größten börsennotierten Waldbesitzer. Die Logik dahinter: Elektroautos vermeiden Kohlendioxid, Wald entzieht der Atmosphäre das klimaschädliche Gas.

Ein neuer Typus von Aktionären

Das Dilemma: Strom für Batterien der Elektroautos kommt nach wie vor auch aus Kohle- und Gaskraftwerken. Deren Abgase belasten das Klima. Ökostrom fällt dagegen oft dann an, wenn er nicht benötigt wird. Ein Ausweg wären lokale Netze, die Wind- und Solarstrom vor Ort speichern und so die Netze entlasten. Rhein-Asset-Management-Kunde Koenzen treibt in seinem Planungsbüro das Projekt LokSmart des Bundeswirtschaftsministeriums voran, das Wind- und Solarstrom über lokale Netze vorübergehend in Batterien von Elektroautos speichert. Noch entfalten solche Projekte jedoch keine Massenwirkung.

Energiesparen bleibt deshalb wichtig. Nordea-Fondsmanager Thomas Sörensen bevorzugt zum Beispiel Aktien des Mittelständlers Rational. Dessen Großherde und Dampfgarer senken den Energieverbrauch von Profiküchen. Eric Borremans, Leiter nachhaltige Investments bei Pictet Asset Management, favorisiert AO Smith, einen US-Hersteller von energiesparenden Warmwassergeräten.

Auf dem Trockenen

Trinkwasser wird mit steigenden Temperaturen in vielen Regionen der Erde knapper werden. Menschen in den Dürregebieten benötigen Technik, mit der sich Wasser effizienter nutzen und reinigen lässt. Die Kurse von Wassertechnikaktien hat das bereits getrieben. Der Branchen-Indexfonds Lyxor World Water hat in den vergangenen drei Jahren 15 Prozent plus pro Jahr gebracht.

Selbst wo Wasser trotz Klimawandel nicht knapp wird, lässt sich mit Wassertechnologie verdienen. So ist das Trinkwasser in Deutschland stark mit Nitraten belastet. Verursacher ist Dünger aus der Landwirtschaft. Das Umweltbundesamt warnte kürzlich, Trinkwasser könnte wegen steigender Reinigungskosten um bis zu 45 Prozent teurer werden. Nitrat wird mit kostspieliger Membrantechnologie aus dem Wasser gefiltert. Die Technik für solche Anlagen liefert der US-Konzern Pentair. Aktionär dort ist auch der Norwegische Staatsfonds, bekannt für sein ethisch-ökologisches Engagement. Privatanleger können sich etwa über den Lyxor-Indexfonds beteiligen.

Moralisch anlegen wird beliebter: Volumen und Marktanteil nachhaltiger Fonds für Privatanleger. (Zum Vergrößern bitte anklicken)

Aktivistische Klimaschützer

Ein neuer Typus von Aktionären treibt den Nachhaltigkeitsgedanken auch in Branchen voran, die damit nicht direkt zu tun haben. Die niederländische Kapitalanlagegesellschaft Robeco hat sich seit 2006 auf diesen Ansatz spezialisiert. Elf Spezialisten in Rotterdam nehmen Konzerne unter die Lupe. „Wir vermeiden jedoch laute Auftritte bei Hauptversammlungen“, sagt Carola van Lamoen, die das Team leitet.

Einmal jährlich legen van Lamoen und ihre Kollegen den Fokus ihrer Arbeit fest. Im vergangenen Jahr waren es die Folgen der Energiewende für europäische Stromversorger. Je besser sich die Energieriesen angepasst hatten, desto mehr Punkte erhalten sie. Drei Jahre lang will Robeco die Versorger analysieren, bewerten und zu Fortschritten animieren. Wer dauerhaft hinterherhinkt, kann dann schnell aus den Robeco-Fonds fliegen. Bis Ende vergangenen Jahres hat Robeco elf börsennotierte Immobilienportfolios, sogenannte Real Estate Investment Trusts (Reits), auf Kurs gebracht, darunter die niederländische Unibail-Rodamco. Ziel von Robeco war es, dass deren Immobilien weniger Kohlendioxid ausstoßen. Im vergangenen Jahr sanken die Emissionen bei Unibail-Rodamco immerhin um vier Prozent. Bis 2030 wollen die Niederländer die Belastung um 50 Prozent gegenüber 2015 drücken.

Wenn das Gewissen über die Geldanlage entscheidet

Für Aktionäre hat sich das Engagement jedoch nur mäßig ausgezahlt: Mit plus sieben Prozent jährlich über die vergangenen drei Jahre sind die Niederländer nur 0,5 Prozentpunkte besser als der Branchenindex Euronext Reit Europe. Noch schaut die Börse eben mehr aufs Kerngeschäft als auf den Energieverbrauch der Immobilien.

Passt nicht ins Depot: Gamesa soll den Bau von Windparks rabiat erzwungen haben. Siemens, dessen Windkraftsparte im Juni vergangenen Jahres mit Gamesa fusionierte, musste sich auf der Hauptversammlung im Februar Kritik anhören. Quelle: REUTERS

Mitunter verzichten nachhaltige Investoren auf Aktien auch trotz Klimabonus – aus moralischen Gründen. Beispiel: Die spanische Gamesa, Hersteller von Windkraftanlagen, soll in Mexiko gegen den Willen der lokalen Bevölkerung Windparks errichtet haben. Andrew Murphy, auf Nachhaltigkeit spezialisierter Vermögensverwalter aus Bonn, hat Gamesa daher aussortiert: „Wir allein können zwar wenig ausrichten, aber andere Fondsanbieter sind unserer Empfehlung gefolgt, und das hat dann schon Einfluss auf die Unternehmenspolitik.“ Siemens, dessen Windkraftsparte im Juni vergangenen Jahres mit Gamesa fusionierte, musste sich auf der Hauptversammlung im Februar Kritik wegen der Vorfälle in Mexiko anhören. Noch allerdings halten prominente Aktionäre, darunter der kalifornische Pensionsfonds Calpers, Gamesa die Treue.

Auch der US-Mischkonzern General Electric (GE) verdient Geld mit Windkraft. Dennoch taucht GE wegen seiner Atomkraftgeschäfte nur selten in nachhaltigen Fonds auf. Spätestens seit dem Reaktorunfall in Fukushima 2011 steht die Reaktortechnik bei Ökofonds auf der schwarzen Liste. Murphy meidet daher in der Vermögensverwaltung beispielsweise den Fonds Pioneer Global Ecology, der in GE investierte.

Fonds für nachhaltige Investments

Der Aktienfonds Deutschland Ethik 30 von Rhein Asset Management verzichtet auf die Deutsche Bank, vor allem wegen deren Umgang mit den eigenen Kunden. „Zu viele Skandale, etwa der Verkauf verlustreicher, hochspekulativer Zinswetten, zeigen, dass die Deutsche Bank in einer moralischen Krise steckt“, sagt Vermögensverwalter Stötzel.

Er weiß, wovon er redet, als Anlageberater der Deutschen Bank musste er in den Neunzigerjahren seinen Kunden Investments empfehlen, bei denen er selbst Bauchschmerzen hatte. Die Vertrauenskrise, in der die deutschen Banken laut Stötzel stecken, treiben Rhein Asset Management sowohl Kunden als auch neue Mitarbeiter zu.

Sein Kunde Uwe Koenzen wird weiter nachhaltig investieren, momentan allerdings in ein Immobilienprojekt – klimaneutral, versteht sich. Baubeginn ist im Oktober.

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