Negativrendite bei Bundesanleihen Was es mit dem Renditetief auf sich hat

Es ist eine historische Zäsur: Erstmals bezahlen Anleger dafür, dem deutschen Staat für zehn Jahre Geld leihen zu dürfen. Warum sind die Zinsen auf Tauchstation? Alle wichtigen Antworten zur zehnjährigen Bundesanleihe.

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Zehnjährige Bundesanleihen auf Tauchstation: Rendite fällt unter null. Quelle: Getty Images

In der Vorwoche hatte es sich abgezeichnet: An diesem Dienstag wurde die wichtigste deutsche Staatsanleihe – die Bundesanleihe mit einer Laufzeit von zehn Jahren - zeitweise mit einem negativen Zins von minus 0,003 Prozent gehandelt. Wer dem Staat derart langfristig Geld leihen will, muss dafür also noch etwas drauflegen. Verdienen kann er daran nicht.

Was für Privatanleger nach verkehrter Welt klingt, hat seine Ursachen in der Anlagestrategie der Profi-Investoren, der Geldpolitik der Notenbanken und in der Bedeutung von Bundesanleihen auf dem Kapitalmarkt. Alle wichtigen Antworten auf Fragen rund um die staatlichen Wertpapiere.

Was ist eine Bundesanleihe und wie funktioniert sie?

Anleihen sind Schuldverschreibungen. Mit einer Bundesanleihe leihen Anleger dem deutschen Staat für eine bestimmte Zeit Geld. Beispielsweise gibt die Bundesrepublik seit Anfang der Sechziger Jahre mehrmals im Jahr neue Bundesanleihen mit zehn Jahren Laufzeit an Anleger aus.

Von null auf hundert und zurück
Negativ verzinste deutsche Staatspapiere: Quelle: dpa
Mario Draghi Quelle: REUTERS
Zentralbankzins für Einlagen unter null Quelle: dpa
Der Bund verdient Geld mit Anleihen. Quelle: dpa
16. Januar 2015Die Schweiz schreibt Geschichte am Anleihemarkt: Erstmals sinkt in einem Land  die Rendite einer Anleihe mit der Laufzeit von zehn Jahren unter null Prozent. Grund dafür war die überraschende Entscheidung der Schweizer Notenbank vom Vortag, den Euro-Mindestkurs zum Franken aufzuheben. Die Folge: Der Franken wertet drastisch auf, die Aktienkurse brechen ein – und Anleger fliehen in Anleihen. Am 9. April profitieren die Schweizer Steuerzahler von den Minuszinsen. Die Schweiz stockt die die zehnjährige Anleihe, die einen Zinsschein von 1,5 Prozent hat, zu einem Kurs von 116 Prozent auf. Daraus errechnet sich bei der Auktion eine negative Rendite von minus 0,055 Prozent. Anleger versuchen damit, den Strafzins von 0,75 Prozent zu umgehen, den die Schweizer Notenbank für kurzfristige Einlagen von Banken  festgelegt hat. Quelle: dpa
Die EZB macht Ernst. Quelle: dpa
Der Bund verdient jetzt Geld mit einer Fünfjahres-Anleihe Quelle: dpa

Die Vergabe der Papiere erfolgt per Auktion im sogenannten Tenderverfahren unter institutionellen Investoren wie Banken, Versicherungen, Pensionsfonds und Fondsgesellschaften. Die Bundesanleihen haben eine Laufzeit, einen Nennwert und einen festen Nominalzins, den sogenannten Coupon. Bis zum Ende der Laufzeit zahlt der Bund jährlich nur den Coupon auf den Nennwert an den Anleger. Am Ende der Laufzeit muss der Staat dem Anleger dann den Nennwert zurückzahlen.

Allein die Größe der deutschen Volkswirtschaft verleihe Bundesanleihen Gewicht, sagt Folker Hellmeyer, Chef-Analyst der Bremer Landesbank. "Außerdem haben die deutsche Regierung und die Bundesbank immer eine Stabilitätspolitik verfolgt." Unter den Staatsanleihen gilt die Bundesanleihe daher als eine der sichersten.

Wie groß ist der Markt für Bundesanleihen?

Die zehnjährige Bundesanleihe ist das mit Abstand wichtigste Instrument zur Finanzierung des Schuldenberges des Bundes. Dieser hatte zum Ende des ersten Quartals eine Höhe von 1,08 Billionen Euro, also mehr als tausend Milliarden Euro. Knapp die Hälfte der Schulden besteht aus zehnjährigen Bundesanleihen. Daneben begibt die Bundesregierung auch Anleihen mit Laufzeiten zwischen wenigen Monaten und 30 Jahren. Insgesamt bestehen fast 98 Prozent der Schulden des Bundes und seiner Nebenhaushalte aus börsenfähigen Wertpapieren.

Das Volumen bei einer Neuemission des Bundes beträgt anfangs oft fünf Milliarden Euro, kann sich durch Aufstockungen jedoch auf mehr als 20 Milliarden Euro erhöhen. Wie viel Geld sich der Bund leihen darf, wird im Bundeshaushalt festgelegt. Die Bundesregierung nimmt zwar seit 2014 keine neuen Schulden mehr auf ("schwarze Null"). Allerdings muss sie jedes Jahr rund 20 Prozent der Altschulden umfinanzieren, weil alte Anleihen auslaufen und durch neue ersetzt werden müssen.

Wie funktioniert der Börsenhandel mit Bundesanleihen?

Am Anleihemarkt der Börse sind Bundesanleihen jederzeit handelbar – und das macht sie für Großanleger wie Fonds und Versicherungen so praktisch. Der Börsenkurs der Anleihe wird dabei in Prozent vom Nennwert berechnet. Steigt eine Anleihe über 100 Prozent und der Anleger muss somit mehr als nur den Nennwert investieren, senkt das umgekehrt die Rendite im Verhältnis zum Börsenkurs. Fällt eine Anleihe unter 100 Prozent, erhöht das die Rendite aus der nominellen Verzinsung. Die an der Börse oder auf Börsenseiten im Internet angezeigte Rendite bezieht sich also immer auf den aktuellen Börsenpreis und verhält sich stets dazu: Steigt der Kurs, fällt die Rendite und umgekehrt.

Dass die zehnjährige Bundesanleihe nun Negativzinsen bietet und somit Geld kostet anstatt welches abzuwerfen, liegt am hohen Kurs der Anleihen an der Börse aufgrund der großen Nachfrage. In Frankfurt notieren die zehnjährigen „Bunds“ aktuell bei 104,6 Prozent. Deshalb liegt ihre Rendite mit 0,02 Prozent deutlich unter dem Nominalzins von zuletzt nur noch 0,5 Prozent.

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