Negativrendite bei Bundesanleihen Was es mit dem Renditetief auf sich hat

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Wer profitiert davon?

Welche Anleihen kauft die EZB?

Grundsätzlich kaufen die nationalen Notenbanken der Euro-Zone Staatsanleihen für die EZB. Gekauft wird nach dem Kapitalschlüssel der Zentralbank, auf Deutschland, als größtem Geldgeber des Euro-Zentralbanksystems, entfällt der höchste Anteil. Lediglich griechische Staatsanleihen werden im Rahmen des als PSPP (Public Sector Purchase Programme) bezeichneten Kaufprogramms nicht gekauft, da die EZB sie nicht als Sicherheiten akzeptiert.

Gekauft werden die Staatsanleihen am Sekundärmarkt. Die jeweilige Laufzeit muss beim Kaufdatum noch mindestens zwei Jahre und weniger als 31 Jahre betragen.

Geldpolitik der EZB: Belastungen durch Niedrigzinsen

Hat die EZB irgendwann alle verfügbaren Anleihen aufgekauft?

Theoretisch ist das denkbar. Die Notenbank darf nur Anleihen kaufen, die über dem negativen Einlagezins von minus 0,4 Prozent rentieren. Mittlerweile sind die Zinsen für alle kurzfristigen Bundesanleihen negativ, selbst erst 2021 fällige Anleihen rentieren unter dem Einlagezins und sind somit für die EZB nicht kaufbar. Die Bundesbank, welche für Deutschland die Anleihen kauft, muss also stärker ins Risiko gehen und länger laufende Anleihen kaufen.

Wie löst sie das Problem?

Im März 2016 hat die EZB angekündigt, nun im Rahmen ihres Anleihekaufprogramms auch Unternehmensanleihen zu kaufen. Damit haben die nationalen Notenbanken in der vergangenen Woche begonnen, bisher hat die EZB Unternehmensbonds für 348 Millionen Euro in ihren Büchern. Nach den ersten Käufen hieß es aus Händlerkreisen, dass unter anderem Anleihen vom Versorger RWE unter den Einkäufen war sowie Papiere von Siemens, Anheuser Busch InBev und Generali.

Kritiker befürchten nun, dass am Markt für Unternehmensanleihen ähnliche Verzerrungen entstehen wie bei Staatsanleihen. "Sie tritt damit in fast allen Anleihemärkten als größter Käufer auf", sagt Schulz. "Diese große Nachfrage führt im Umkehrschluss zwangsläufig zu niedrigen Zinsen." Schon jetzt können sich viele Unternehmen fast zum Nulltarif refinanzieren. Die EZB kauft Anleihen von Nicht-Banken, die ihren Sitz in der Euro-Zone haben und deren Anleihen über mindestens ein Investmentgrade-Rating verfügen, also von den Ratingagenturen als kreditwürdig eingestuft werden.

Geldpolitik der EZB: Entlastungen durch Niedrigzinsen

Welche Konsequenzen hat der Negativzins für Anleger?

Negative Renditen verhageln vielen Banken die Bilanz. Sie sind nicht nur eine Belastung für das Anlagevermögen. Wegen der geringeren Handelsumsätze verdienen die Institute auch weniger Provisionen. Für Privatanleger am auffälligsten sind die fallenden Garantiezinsen auf Lebens- und Rentenversicherungen. Weil die Finanzkonzerne mit Anleihen kein Geld mehr verdienen, haben sie Schwierigkeiten, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Zudem sorgen die niedrigen Anleihezinsen dafür, dass Anleger für mehr Rendite in riskantere Anlageklassen wie Aktien, vermietete Immobilien oder Rohstoffe ausweichen müssen. Je länger die Zinsen nahe der Nulllinie verharren, umso größer wird die Gefahr durch Spekulationsblasen.

Gibt es auch andere Staatsanleihen mit negativer Rendite?

Auch für zehnjährige Staatsanleihen der Schweiz und Japans nehmen Anleger Negativrenditen in Kauf. Bei Schweizer Papieren liegt diese bei aktuell minus 0,46 Prozent, bei japanischen Staatsanleihen bei minus 0,17 Prozent.

Davon abgesehen sind vor allem Bundesanleihen mit kürzerer Laufzeit seit einigen Jahren im Bereich negativer Rendite. Die Bundesanleihe mit zwei Jahren Laufzeit etwa ist bereits seit 2014 ein Minusgeschäft für Anleger.

Wer profitiert vom Zinstief?

Besonders freut sich darüber Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Zwar haben die an den Börsen gezahlten Zinssätze keinen direkten, sehr wohl aber einen indirekten Effekt auf die Kosten des Bundes als Emittent der Anleihen. Um eine neue zehnjährige Bundesanleihe am Markt loszuschlagen, muss Schäuble wegen der großen Nachfrage nur noch einen festen jährlichen Kupon von 0,5 Prozent anbieten - vor zehn Jahren waren es noch vier Prozent.

Weil auch die vom Bund gezahlten Garantiezinsen für seine anderen Wertpapiere stark gesunken sind, hat Schäuble bereits Milliarden gespart: In diesem Jahr sind im Bundeshaushalt Zinsausgaben von 21,1 Milliarden Euro geplant, im Entwurf für den Etat 2017 sogar nur 19,1 Milliarden Euro. 2008 waren die Zinsausgaben mit 40,2 Milliarden Euro mehr als doppelt so hoch.

Mit Material von Reuters.

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