Niedrigzinsen "Nicht der Staat geht Pleite, sondern seine Bürger"

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Ursachen und Chancen eines Euro-Crashs

Auf diese Niedrigzinsprodukte schwören die Deutschen
FestgeldDas Marktforschungsinstitut TNS Emnid hat ermittelt, wo die Deutschen ihr Geld im Jahr 2013 angelegt haben. Auch 2011 hat sich das Institut das Spar- und Anlageverhalten der Deutschen angesehen. Das Ergebnis: Die Deutschen sparen zwar mitunter mehr Geld als noch vor zwei Jahren, aber es scheint ihnen mittlerweile völlig egal zu sein, wie viel Zinsen sie bekommen. So parken dieses Jahr fast 20 Prozent der Deutschen ihr Geld auf Festgeldkonten (2011 waren es rund 15 Prozent), auf denen sie maximal 1,91 Prozent bekommen (VakifBank). Quelle: Fotolia
Sparstrumpf22 Prozent stecken ihr Erspartes in die Sparstrümpfe oder das Schweinchen. Jedenfalls antworteten sie auf die Frage nach ihrer Geldanlage, dass sie ihr Geld zuhause verwahren. Quelle: Fotolia
TagesgeldDeutlich mehr Zinsen als beim heimischen Sparschwein winken den 27 Prozent der Deutschen, die ihr Erspartes aufs Tagesgeldkonto legen. Bei 1,1 Prozent Inflation im August sind 1,5 Prozent Zinsen allerdings nicht wirklich lohnend. Quelle: Fotolia
SparbuchDas Sparbuch ist in diesem Jahr deutlich in der Gunst der Deutschen gefallen. Im ersten Quartal 2013 ist die Beliebtheit des Sparkontos um fünf Prozentpunkte auf 31 Prozent gesunken. Trotzdem ist das Sparbuch mit seinen 0,1 bis 1,5 Prozent Zinsen die Nummer vier der beliebtesten Anlageformen der Deutschen. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
LebensversicherungenDie Lebensversicherung ist seit Jahrzehnten der Deutschen liebste Form der Altersvorsorge, es existieren Millionen Verträge. Und auch, wenn die Zeiten üppiger Renditen schon lange vorbei sind und die Policen immer häufiger als Kostenfalle, Abzocke und Auslaufmodell gelten: Die Deutschen lieben sie. Allein in diesem Jahr gaben 33 Prozent der Befragten an, ihr Erspartes in Lebensversicherungen zu stecken. Quelle: dpa
BausparverträgeDie Nummer zwei in der Gunst der Deutschen ist der Bausparvertrag. Er zählt vor allem noch immer zu den Klassikern der Immobilienfinanzierung. Dementsprechend gaben 34 Prozent an, 2013 ihr Geld in Bausparverträgen anzulegen. Quelle: dpa
GirokontoDie meisten Deutschen parken ihr Geld allerdings auf dem völlig unverzinsten Girokonto. 45 Prozent nutzen dieses Konto 2013, um ihr Geld zu verwahren. Quelle: dpa

Also keine Chance?

Weik: Wir müssen uns von dem Experiment Euro verabschieden. Vielen Ländern geht es mit dem Euro schlechter als vor dessen Einführung. In Italien etwa ist die Industrieproduktion auf das Niveau von 1986 geschrumpft, in Griechenland auf das Niveau von 1978. Die Arbeitslosenzahlen explodieren und die Schuldenquoten steigen weiter an. Die Krisenländer sollten wieder eigene Währungen einführen. Außerdem brauchen sie einen Schuldenschnitt. Dieser wird sowieso kommen, ob mit oder ohne Euro.

Ist nicht Frankreich der eigentliche Sprengsatz für den Euro?

Weik: Durchaus. Frankreich schlittert immer weiter in die Krise. Die Arbeitslosenquote erreicht elf Prozent, bei Jugendlichen liegt sie bei 25 Prozent. Die jungen Leute dort sind frustriert und sehen keine Perspektive. Sie werden irgendwann auf die Straße gehen und ihr Recht einfordern. Die französische Automobilindustrie, eine der Schlüsselindustrien des Landes, produziert nur noch halb so viel Autos wie 2005. Die Industrieproduktion befindet sich auf dem Niveau von 1994. Damit lassen sich die Schulden von 2013 niemals bezahlen. Staatspräsident François Hollande und seine Regierung sind vollkommen überfordert. Noch nie war ein französischer Präsident im Volk unbeliebter. Immer mehr Franzosen wehren sich gegen die höchste Steuer- und Abgabenlast der Eurozone. Die Gefahr politischer Instabilität  in Frankreich ist besonders hoch.  Wenn Frankreich kippt oder aus dem Euro austritt, ist der Euro Geschichte.

Wird die Europäische Union den Euro überleben?

Friedrich: Ich hoffe es. Zwar hat sich der EU-Apparat zu weit von der Realität und den Bürgern entfernt. Aber Europa ist nicht gleichzusetzen mit der Währungsunion oder der Europäischen Union. Europa als Kontinent soll näher zusammenrücken und gemeinsam sinnvolle Entscheidungen treffen – politisch und wirtschaftlich. Allerdings ist der aktuelle Weg nicht der richtige. Kein Land sollte seine Souveränität an eine Institution abgeben müssen, die dazu demokratisch nicht legitimiert wurde und keiner wirklichen Kontrolle unterliegt. Das ist ein schlechtes Fundament für ein gemeinsames Europa. Das Raumschiff Brüssel mit seinem enormen Wasserkopf richtet immer mehr Schaden an. Ein Kontinent lässt sich nicht per Verordnung vereinheitlichen. Außerdem lebt Europa ja gerade von seiner Vielfalt.

Was muss passieren, damit die europäische Idee überlebt?

Friedrich: Wenn wir den Kern der europäischen Idee am Leben erhalten möchten, dann benötigen viele südeuropäische Länder einen Marshall-Plan wie Deutschland nach dem 2.Weltkrieg.  

Wer soll den finanzieren?

Friedrich: Das wird vor allem Deutschland übernehmen müssen. Es gibt nicht mehr viele wirtschaftlich starke Länder in Europa. 

Sie sprechen vom "größten Raubzug der Geschichte". Wer sind die Räuber, wer sind die Beraubten?

Friedrich: Die Räuber, das sind unter anderem viele führenden Köpfe in der internationalen Finanzbranche. Ihren Raubzug begehen sie Hand in Hand mit der Politik. Die eigentlichen Verlierer sind wir - die Bürger. Nicht der Staat geht Pleite sondern die Bürger.

Muss das gegenwärtige Finanzsystem zusammenbrechen, damit ein besseres entstehen kann? 



Friedrich: Politik und die Finanzbranche versuchen um jeden Preis, den Status Quo aufrecht zu erhalten. Deshalb kann nur der Crash die Lösung sein. Rückblickend zieht sich dies wie ein roter Faden durch die Geschichte der Menschheit.  Erst wenn die Schmerzgrenze erreicht und der Leidensdruck hoch genug ist, dann scheinen wir bereit zu sein, etwas nachhaltig zu verändern. Ein entscheidendes Umdenken wird nicht freiwillig stattfinden. Meist zwingt uns ein katastrophales Ereignis dazu. So wurde beispielsweise die Energiewende in Deutschland erst durch Fukushima eingeleitet. Ein Neuanfang hat auch immer etwas Reinigendes und Positives. Denken wir an Hermann Hesse: In jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.

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