Also keine Chance?
Weik: Wir müssen uns von dem Experiment Euro verabschieden. Vielen Ländern geht es mit dem Euro schlechter als vor dessen Einführung. In Italien etwa ist die Industrieproduktion auf das Niveau von 1986 geschrumpft, in Griechenland auf das Niveau von 1978. Die Arbeitslosenzahlen explodieren und die Schuldenquoten steigen weiter an. Die Krisenländer sollten wieder eigene Währungen einführen. Außerdem brauchen sie einen Schuldenschnitt. Dieser wird sowieso kommen, ob mit oder ohne Euro.
Ist nicht Frankreich der eigentliche Sprengsatz für den Euro?
Weik: Durchaus. Frankreich schlittert immer weiter in die Krise. Die Arbeitslosenquote erreicht elf Prozent, bei Jugendlichen liegt sie bei 25 Prozent. Die jungen Leute dort sind frustriert und sehen keine Perspektive. Sie werden irgendwann auf die Straße gehen und ihr Recht einfordern. Die französische Automobilindustrie, eine der Schlüsselindustrien des Landes, produziert nur noch halb so viel Autos wie 2005. Die Industrieproduktion befindet sich auf dem Niveau von 1994. Damit lassen sich die Schulden von 2013 niemals bezahlen. Staatspräsident François Hollande und seine Regierung sind vollkommen überfordert. Noch nie war ein französischer Präsident im Volk unbeliebter. Immer mehr Franzosen wehren sich gegen die höchste Steuer- und Abgabenlast der Eurozone. Die Gefahr politischer Instabilität in Frankreich ist besonders hoch. Wenn Frankreich kippt oder aus dem Euro austritt, ist der Euro Geschichte.
Wird die Europäische Union den Euro überleben?
Friedrich: Ich hoffe es. Zwar hat sich der EU-Apparat zu weit von der Realität und den Bürgern entfernt. Aber Europa ist nicht gleichzusetzen mit der Währungsunion oder der Europäischen Union. Europa als Kontinent soll näher zusammenrücken und gemeinsam sinnvolle Entscheidungen treffen – politisch und wirtschaftlich. Allerdings ist der aktuelle Weg nicht der richtige. Kein Land sollte seine Souveränität an eine Institution abgeben müssen, die dazu demokratisch nicht legitimiert wurde und keiner wirklichen Kontrolle unterliegt. Das ist ein schlechtes Fundament für ein gemeinsames Europa. Das Raumschiff Brüssel mit seinem enormen Wasserkopf richtet immer mehr Schaden an. Ein Kontinent lässt sich nicht per Verordnung vereinheitlichen. Außerdem lebt Europa ja gerade von seiner Vielfalt.
Was muss passieren, damit die europäische Idee überlebt?
Friedrich: Wenn wir den Kern der europäischen Idee am Leben erhalten möchten, dann benötigen viele südeuropäische Länder einen Marshall-Plan wie Deutschland nach dem 2.Weltkrieg.
Wer soll den finanzieren?
Friedrich: Das wird vor allem Deutschland übernehmen müssen. Es gibt nicht mehr viele wirtschaftlich starke Länder in Europa.
Sie sprechen vom "größten Raubzug der Geschichte". Wer sind die Räuber, wer sind die Beraubten?
Friedrich: Die Räuber, das sind unter anderem viele führenden Köpfe in der internationalen Finanzbranche. Ihren Raubzug begehen sie Hand in Hand mit der Politik. Die eigentlichen Verlierer sind wir - die Bürger. Nicht der Staat geht Pleite sondern die Bürger.
Muss das gegenwärtige Finanzsystem zusammenbrechen, damit ein besseres entstehen kann?
Friedrich: Politik und die Finanzbranche versuchen um jeden Preis, den Status Quo aufrecht zu erhalten. Deshalb kann nur der Crash die Lösung sein. Rückblickend zieht sich dies wie ein roter Faden durch die Geschichte der Menschheit. Erst wenn die Schmerzgrenze erreicht und der Leidensdruck hoch genug ist, dann scheinen wir bereit zu sein, etwas nachhaltig zu verändern. Ein entscheidendes Umdenken wird nicht freiwillig stattfinden. Meist zwingt uns ein katastrophales Ereignis dazu. So wurde beispielsweise die Energiewende in Deutschland erst durch Fukushima eingeleitet. Ein Neuanfang hat auch immer etwas Reinigendes und Positives. Denken wir an Hermann Hesse: In jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.