Es ist ein weiteres Indiz dafür, wie schwer sich Bausparkassen mit der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank tun: Die privaten Bausparkassen in Deutschland schaffen ihren Einlagensicherungsfonds Anfang des kommenden Jahres aus Kostengründen ab. Bausparguthaben sind künftig nun nur noch über die gesetzliche Einlagensicherung geschützt – bis maximal 100.000 Euro. Bislang waren auch Einlagen von bis zu 250.000 Euro vor der Insolvenz einer Bausparkasse sicher.
Zwar ist davon nur ein Bruchteil der deutschlandweit 30 Millionen Bausparverträge betroffen. Doch je länger die Zeit der Minizinsen anhält, desto stärker wächst der Druck auf die Bausparkassen, ihre Kosten zu senken. Laut Bundesbank sank der Zinsüberschuss der Bausparkassen zwischen 2011 und 2015 um 16 Prozent. Die Erträge der Geldhäuser seien so niedrig wie nie.
Dabei liegt die Schuld nicht allein bei der EZB, sagt Max Herbst von der FMH-Finanzberatung in Frankfurt. „Viele Bausparkassen haben zu spät auf die Niedrigzinsen reagiert“, sagt er. „Nach dem Motto: Was 100 Jahre gut ging, wird auch die nächsten 100 Jahre noch gut gehen.“
Mit Niedrigzinsen zum Eigenheim
Langfristige Baukredite mit festen Zinsen für zehn Jahre gibt es derzeit sogar mit einer Verzinsung von unter zwei Prozent. Allerdings haben die Preise für Immobilien besonders in Großstädten in den vergangenen Jahren deutlich angezogen.
Immobilien gelten nicht als Renditeknüller. Allerdings sind sie gerade in Krisenzeiten Verbraucherexperten zufolge eine solide Geldanlage. Der Wert einer Immobilie ist vergleichsweise sicher - vorausgesetzt, Preis, Qualität und Lage stimmen. In jedem Fall sollte ein Immobilienkauf gut überlegt sein.
Hier hilft nur ein Vergleich der verschiedenen Anbieter, wobei die Auswahl an Krediten laut Stiftung Warentest derzeit besonders groß ist. Bauherren und Käufer können dafür Vergleichsrechner im Internet nutzen. Auch Verbrauchermagazine und Zeitungen liefern häufig aktuelle Zinskonditionen. Die Hausbank kann ein wichtiger Ansprechpartner sein - ist jedoch nicht immer zwingend die erste Wahl. Ein Anbietervergleich kann teils mehrere zehntausend Euro sparen.
Kredite für Häuser oder Wohnungen laufen meist über zehn, 20 oder 30 Jahre. Hierbei werden die Zinsen in aller Regel nur für einen begrenzten Zeitraum von mehreren Jahren festgelegt. Läuft diese sogenannte Zinsbindungsfrist ab, verhandeln Bank und Kunde die Verlängerung des Darlehens. Der Bauherr kann dann auch umschulden und zu einem günstigeren Anbieter wechseln. Verbraucher sollten mehrere Monate vor Auslaufen der Frist neue Angebote einholen. Wegen der historisch niedrigen Zinsen gibt es derzeit auch besonders günstige Anschlusskredite.
An sich werden feste monatliche Raten vereinbart. Baukredite geben oft aber auch das Recht auf Sondertilgung, das heißt die Rückzahlung von Geld zusätzlich zu den vereinbarten Raten. Auch kann ausgehandelt werden, dass der Bauherr die Raten anpassen kann, etwa wenn sich das Einkommen verändert.
Finanzexperten sehen ein Eigenkapital von 20 bis 30 Prozent des Immobilienpreises als eine solide Basis an. Für ihre angebotenen Top-Zinsen wollen die Banken häufig allerdings 40 Prozent Eigenkapital sehen. Teils sind Banken auch bereit, den vollen Kaufpreis zu finanzieren. Dafür verlangen sie aber oft happige Risikoaufschläge beim Zins.
Bei der staatlichen Förderbank KfW gibt es Darlehen etwa für den Kauf selbstgenutzten Wohneigentums, energieeffizientes Bauen und Sanieren oder auch für altersgerechtes Wohnen. Daneben zahlt der Staat die Wohnungsbauprämie von 8,8 Prozent beim Bausparen. Auch gibt es in Form des sogenannten Wohn-Riesterns staatliche Unterstützung für den Kauf selbstgenutzter Immobilien zur Altersvorsorge.
Risiken wie diese können mit Versicherungen ganz oder zumindest teilweise abgedeckt werden. So gibt es Versicherungen gegen Berufsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, Lebensversicherungen oder Restschuld-Versicherungen. Verbraucher sollten sich vor Abschluss einer Police und eines Baudarlehens gut über einen Versicherungsschutz beraten lassen. Die Stiftung Warentest rät zu Versicherungen für den Todesfall.
Angesichts der Misere schrecken viele Geldinstitute auch vor unpopulären Aktionen nicht zurück: Der Kunde ist König – das gilt bei vielen Bausparkassen schon lange nicht mehr. Dabei setzen die Geldhäuser auf eine ganze Reihe von Maßnahmen, um sich ein Teil der wegbrechenden Erträge von ihren Kunden wieder zu holen.
Kontoführungsgebühren
Direktbanken haben in den vergangen Jahren Bankkunden die Bereitschaft abgewöhnt, für ein Konto Gebühren zu zahlen. Doch wie der Marktführer der Bausparkassen, Schwäbisch-Hall, gehen viele Institute dazu über in der Sparphase Kontoführungsgebühren zu erheben. Üblich seien 12 Euro pro Jahr, sagt Finanzberater Herbst. Bei einer Verzinsung von 0,1 Prozent pro Jahr müsste ein Bausparer über mehr als 12.000 Euro verfügen, damit die Gebühr nicht die Zinserträge auffrisst. Viele Bausparguthaben liegen jedoch deutlich darunter.
Abschlussgebühren
Wer einen Bausparvertrag abschließt, zahlt dafür üblicherweise ein Prozent der vereinbarten Bausparsumme als Gebühr. Bei einem Vertrag über 30.000 Euro sind das immerhin 300 Euro. Manche Geldinstitute verlangen auch mehr. Von den Abschlussgebühren werden Provisionen beglichen. „Das ist heutzutage nicht mehr marktgerecht“, sagt Herbst. Die Beratungsleistung der Bausparkassen stehe in keinem Verhältnis zu den Abschlussgebühren.
Aufgeld
Ein Urteil des Bundesgerichtshofes hat kürzlich sogenannte Darlehensgebühren untersagt. Sie wurden fällig, sobald ein Bausparer einen Kredit aufnehmen wollte. Üblicherweise lagen die Gebühren bei zwei Prozent der Darlehenssumme. Wer also einen Kredit über 30.000 Euro aufnehmen wollte, beispielsweise um sein Eigenheim zu sanieren, musste erst mal 600 Euro zahlen. Auf den Wegfall dieser Gebühren haben viele Bausparkassen mit einem Aufgeld oder Agio von zwei Prozent reagiert. Dadurch erhöht sich die Summe, die der Kreditnehmer zurückzahlen muss, um zwei Prozent. Das führt dazu, dass der Zins, den der Kunde für sein Bauspardarlehen zahlen muss, auf dem Papier niedriger aussieht, als er tatsächlich ist.
Kündigung von Altverträgen
Für Inhaber von Altverträgen kann es sich lohnen, ein Bauspardarlehen nicht in Anspruch zu nehmen, obwohl die vereinbarte Bausparsumme schon erreicht wurde. So können Bausparer von den deutlich höheren Guthabenzinsen der 90er Jahre profitieren - zumal normale Baukredite günstig zu haben sind. Das stellt das Geschäftsmodell der Bausparkassen auf eine harte Probe. Sie haben daher seit 2015 etwa eine Viertelmillion Verträge gekündigt. Einige Oberlandesgerichte haben sie darin bestätigt, es gibt aber auch Urteile im Sinne der Bausparer. Wer Recht hat, klärt der BGH voraussichtlich 2017.