Glaubt man Patrick Harker, wird in diesem Jahr noch zweimal die Federal Fund Rate erhöht. "Ich erwarte, dass dieses Jahr bis zu zwei zusätzliche Zinserhöhungen angemessen sein könnten", sagt der Fed-Mann, der in diesem Jahr bei Zinsentscheidungen aber nicht stimmberechtigt ist. Im Mai hatte Harker noch von bis zu drei Zinserhöhungen bis zum Jahresende gesprochen. Bis Ende 2018 sagt er voraus, dass die Fed die Zinsen in Richtung drei Prozent erhöhen werde.
Obwohl es in der kommenden Sitzung am 26. und 27. Juli allem Anschein nach keine Erhöhung geben wird, stellen die US-Notenbanker diese also immer wieder in Aussicht.
Investoren bei Laune halten
Diese Hinhaltetaktik mag im ersten Moment unsinnig erscheinen, hat aber einen Grund. Das fortwährende Schüren dieser Erwartung begründet sich in den Mechanismen unseres Schuldgeldsystems. Die gefährliche Spirale von Nullzins und steigenden Schulden kann und darf sich nicht ewig fortsetzen.
Für institutionelle Investoren genauso wie für Sparer lautet die Nachricht: Ihr habt bald nur noch Aussicht auf gute Renditen, wenn ihr eure Anlagestrategie überdenkt. Und auch für Versicherungen wird es durch das anhaltend niedrige Zinsniveau immer schwerer, Rendite zu erwirtschaften. Der Flurschaden, den die Zinsarmut anrichtet, ist gewaltig.
Frühere Fed-Chefs (Auswahl) und die neue Chefin
Chef der New York Fed, kontrollierte erstmals die Inflation mittels Zinsen, steuerte die Geldmenge durch Kauf und Verkauf von Wertpapieren und sicherte die Geldversorgung. Mit Kriegsanleihen, „Liberty Bonds“, finanzierte er den Ersten Weltkrieg.
Gegen großen Protest trieb der Zuchtmeister der Märkte 1980 die Zinsen auf bis zu 17,5 Prozent hoch. So bekämpfte er die auf bis zu 13 Prozent gestiegene Inflationsrate. Drei Jahre später stiegen die Preise nur noch um 3,5 Prozent.
Profilierte sich mit niedrigen Zinsen als Schutzheiliger der Märkte. Kurz nach seinem Amtsantritt kam es zum Börsencrash am 19. Oktober 1987 – die superexpansive Geldpolitik blieb und führte direkt in die Immobilien- und Finanzkrise.
Die neue Fed-Chefin steht vor der heiklen Aufgabe, die lockere Geldpolitik ihres Vorgängers Ben Bernanke zu beenden, ohne Schocks an den Börsen auszulösen und die Konjunktur abzuwürgen. Eine harte Kehrtwende ist von ihr nicht zu erwarten.
Um sich ein Bild davon zu machen, reicht ein Blick nach Japan. Schon seit Jahrzehnten wächst die Wirtschaft dort nicht mehr, obwohl die Notenbank seit gut zwanzig Jahren den Zins nahe null hält und Staatsanleihen und sogar Aktien kauft. Genau das erleben wir derzeit auch in Europa. Und die Krisenländer Europas verschulden sich zum Nulltarif noch höher, anstatt endlich einen Weg des Schuldenabbaus voran zu treiben.
Wenn Geld nichts mehr kostet, kann die Folge nur eine gewaltige Kapitalverteilung von Gläubigern zu Schuldnern sein. Es gibt Fehlinvestitionen und Preisblasen.
Zinssteigerungserwartungen müssen am Leben erhalten werden. Würde sich die Erwartung durchsetzen, ewig Zinsen nahe der Nulllinie zu haben, würden Sparer und Investoren sich aus dem Anleihemarkt zurückziehen. „Die Kreditströme würden versiegen, das Schuldgeldsystem geriete in schweres Fahrwasser“, sagt Ökonom Polleit.
Die Investoren müssen bei Laune gehalten werden, denn ohne Zins kann unser Geldsystem nicht überleben. Einer muss jetzt mit gutem Beispiel voran gehen, vielleicht hat auch Mario Draghi dann ein Einsehen. Die Erwartung und Hoffnung, mit Schuldpapieren etwas verdienen zu können, muss aufrechterhalten werden. Diese Hoffnung droht zu versiegen, wenn die Fed nicht endlich Taten folgen lässt.