Nur für Mutige Mit diesen Zertifikaten tauchen Anleger aus dem Zinstief

Neue Anlagepapiere bringen Jahresrenditen bis zu acht Prozent - wenn die Börsen nicht abstürzen. Mutige Anleger können dem Fluch der niedrigen Zinsen damit entkommen. Ohne Risiko geht das aber nicht.

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Zinspapiere bringen bis zu acht Prozent - wenn die Börse mitspielt. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms

In großen Lettern prangt das Versprechen auf der Zertifikateseite der DZ Bank: „Wege aus dem Zinstief.“ Welchen Anleger reizt eine solche Ansprache nicht – bei nur 1,5 Prozent Durchschnittszinsen auf Anleihen. Mit bis zu 3,3 Prozent pro Jahr wirbt dagegen ein neues Zertifikat der DZ Bank. Der Name klingt beeindruckend: „ZinsFix Control Europa“. Der Zusatz „2013/53“ deutet darauf hin, dass schon mehrere Dutzend solcher Emissionen unters Anlegervolk gebracht worden sind. Das Zertifikat läuft bis Oktober 2016, so viel ist sicher. Doch ob es bis dahin wirklich 3,3 Prozent Rendite pro Jahr werden, ist ein Spiel mit mehreren Unbekannten.

Kleine Börsenchronik - Dax auf Rekordjagd
Dax-Höchststand Quelle: dpa
Foto vom roten Platz in Moskow Quelle: AP
Foto der US-Notenbank Quelle: dapd
Foto von Verona Pooth Quelle: dpa/dpaweb
Foto des Anschlages auf das World-Trade-Center am 11. September 2001 Quelle: REUTERS
Foto des Irakkrieges Quelle: dpa
Schriftzug IKB Quelle: dpa

„Zertifikate sind Inhaberschuldverschreibungen, wie Anleihen auch. Ihr höherer Kupon wird in vielen Fällen durch Termingeschäfte finanziert“, sagt Dieter Lendle, Vorstand des bankenunabhängigen Zertifikateberaters Anlagematrix aus Frankfurt. Für Anleger bedeutet das: Weil das allgemeine Zinsniveau derzeit so niedrig ist, können solche Papiere dank höherer Kupons durchaus eine Alternative zu herkömmlichen Zinspapieren sein. Doch damit die Renditerechnungen funktionieren, darf die Börse nicht abschmieren.

Das gilt auch für das neue DZ-Zinszertifikat auf den Euro Stoxx (siehe unten). Die in Aussicht gestellte Jahresrendite gibt es nur, wenn der europäische Aktienindex in drei Jahren mindestens bei knapp 2000 Punkten notiert. Angesichts der leichten Erholung in der Finanzkrise ist das durchaus zu schaffen. Sollte Europa aber wider Erwarten in die Rezession rutschen, wird es knapp. 2003 und 2008 stand der Euro Stoxx weit unter 2000 Punkten. In beiden Fällen hätte das Zertifikat Verluste eingefahren.

Wem angesichts eines solchen Risikos 3,3 Prozent zu mager sind, der kann mit Zinszertifikaten auf Einzelaktien höhere Renditen anpeilen. Infrage kommt etwa ein sogenanntes Extra-Zinszertifikat auf BASF (siehe unten) von der Deutschen Bank. Das Zertifikat bietet zunächst einen festen jährlichen Kupon von 3,0 Prozent. Bei aktuellen Kaufkursen von 97,25 Prozent und einer Laufzeit bis April 2015 wären das 4,9 Prozent Jahresrendite. Der Kupon kann sogar auf 6,0 Prozent erhöht werden, die jährliche Rendite würde damit auf 7,9 Prozent klettern. Im Vergleich zu einer klassischen BASF-Anleihe mit ähnlicher Laufzeit (XS0412154378), die nur 0,5 Prozent Jahresrendite bringt, wäre das ein enormer Zinsvorteil.

Wer mehr riskieren will, kann bis zu 7,9 Prozent Jahresrendite einfahren

Das Problem dabei: Die sechs Prozent gibt es nur, wenn die BASF-Aktie in eineinhalb Jahren höher steht als heute. Das ist selbst angesichts optimistischer Gewinnprognosen für den Chemiekonzern (2014 plus zehn Prozent Nettoertrag) ein offenes Spiel. Und auch die durch den Basiskupon eingefahrene Rendite ist nicht zementiert. Die Tilgung des Zertifikats erfolgt nämlich nur dann zu 100 Prozent, wenn die BASF-Aktie am abschließenden Bewertungstag nicht um mehr als 18 Prozent unter dem heutigen Niveau notiert. Wenn doch, werden die Kursverluste der Aktie eins zu eins ins Zertifikat eingerechnet.

Acht Prozent oder Aktien

Wie die Deutschen ihr Geld anlegen
Aktien waren 2012 der Renner an der Börse. Trotzdem griff gerade einmal jeder fünfte deutsche Anleger zu den Anteilsscheinen. Das ergab eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Bankenverbandes, die das Anlageverhalten der Deutschen untersuchte. Handelsblatt Online zeigt, wo die Deutschen 2012 ihr Geld investierten und welche Anlageprodukte die Anleger dieses Jahr im Visier haben. Quelle: gms
Senioren sind Top-AnlegerDer Anteil der Deutschen, die 2012 einen nennenswerten Geldbetrag angelegt haben, steigt mit zunehmenden Alter erkennbar an. Im Gesamtdurschnitt gibt mit 54 Prozent etwas mehr als die Hälfe der Befragten an, über entsprechende Finanzanlagen zu verfügen. Unter den Frauen beträgt der Anteil 53 Prozent, unter den Männern 55 Prozent. Mit 47 Prozent bilden Anleger im Alter von 18 bis 39 Jahren die kleinste Anlegergruppe. Die größte Gruppe bilden mit 65 Prozent Anleger ab 60 Jahren. Quelle: gms
Freud und Leid bei den AnlegernTrotz eines weiteren Euro-Krisenjahr stieg der Dax 2012 auf ein neues Allzeithoch. Auf das gesamte Jahr hochrechnet legte der Leitindex um gut 30 Prozent zu. Knapp die Hälfte (48 Prozent ) der deutschen Anleger zeigte sich trotz der guten Kursentwicklung mit der Werteentwicklung ihrer Finanzanlage unzufrieden. Quelle: dpa
Festgeld und Tagesgeld besonders beliebtIm laufenden Jahr 2012 waren bei den deutschen Anlegern Festgeld und Tagesgeld die beliebtesten Anlageprodukte. Obwohl der Dax in diesem Jahr um rund 30 Prozent zulegte, rangieren börsennotierte Finanzprodukte erst deutlich danach. Gerade einmal jeder fünfte Deutsche investierte sein Geld in Aktien. Darauf folgten Immobilien mit knapp 17 Prozent. Das in der Krise besonders beliebte Anlageobjekt Gold, war mit gerade einmal neun Prozent ebenfalls auf den hinteren Plätzen. Quelle: gms
Frauen mögen Festgeld und meiden AktienWährend Frauen tendenziell stärker in Festgeld sowie Tagesgeld investiert sind, meiden sie Aktienanlagen noch in stärkerem Maße als Männer. Bei Fonds sind hingegen nur geringfügige, bei Immobilien, Gold und anderen Edelmetallen sogar überhaupt keine Unterschiede im Anlageverhalten von Männern und Frauen feststellbar. Quelle: dpa
Potenzial für Immobilien und GoldNeben Festgeld und Tagesgeld würden die Verbraucher 2013 auch stärker in Immobilien, Gold und andere Edelmetalle investieren, wenn sie einen größeren Geldbetrag dafür zur Verfügung hätten. Den größten Zuwachs im Vergleich zu 2012 erleben Immobilien. 46 Prozent aller deutschen Anleger würden sich ein Haus oder eine Wohnung anschaffen. 2012 investierten gerade einmal 17 Prozent in Immobilien. Auch die Krisenwährung Gold ist 2013 deutlich beliebter. Knapp 30 Prozent der deutschen Anleger würden sich größere Goldbestände zulegen. Quelle: obs
Geringe Risikobereitschaft bei der AnlageTrotz des derzeit allgemein niedrigen Zinsniveaus können sich nur neun Prozent der Anleger vorstellen, bei künftigen Finanzanlagen mit einer höheren Risikobereitschaft gegebenenfalls eine höhere Renditen zu erzielen. Mit 91 Prozent legt die Mehrheit der deutschen Sparer einen großen Wert auf Sicherheit. Quelle: gms

In diesem Fall wäre es ein Vorteil, wenn die Tilgung nicht in bar, sondern in Aktien stattfinden würde. Dann könnte man ohne Termindruck auf eine nachfolgende Erholung setzen. Genau diese Chance bieten Aktienanleihen. Wie andere Zinszertifikate auch verknüpfen sie zunächst einen vergleichsweise hohen Kupon mit der stabilen Entwicklung der Basisaktie. Als Rückzahlung gibt es im Erfolgsfall 100 Prozent des Nennwerts in bar. Geht diese Rechnung bis zur Fälligkeit aber nicht auf, gibt es eine bestimmte Anzahl der entsprechenden Basisaktien ins Depot gebucht. „Bei Aktienanleihen ist es deshalb grundsätzlich ratsam, auf stabile Werte zu setzen und dafür auch etwas niedrigere Kupons in Kauf zu nehmen“, sagt Nicolai Tietze, Derivate-Fachmann der Deutschen Bank.

Eine neue Aktienanleihe auf die Allianz (siehe Übersicht Seite 1) etwa steht derzeit bei 99,25 Prozent. Einschließlich bisher aufgelaufener Stückzinsen kostet sie 99,62 Prozent. Im Oktober 2014 gibt es einen Kupon von 6,5 Prozent. Das wären, aufs Jahr gerechnet, 7,2 Prozent Rendite. Kein schlechtes Geschäft, selbst Allianz-Anleihen mit Laufzeit bis 2016 (XS0275880267) bieten nur 0,9 Prozent Jahresrendite.

Allerdings ist die Aktienanleihe nur dann so rentabel, wenn die Allianz zur Fälligkeit mindestens bei 112 Euro steht. Derzeit notiert sie bei 116 Euro. Das wird knapp. Wenn die Aktie am Laufzeitende unter diese Grenze rutscht, gibt es pro 1.000 Euro Nennwert 8,929 Allianz-Aktien zum dann aktuellen Kurs. (Bruchanteile werden in bar ausgeglichen.) Mit diesen Aktien kann man dann auf eine Erholung setzen.

Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln

Spiel um schnelle vier Prozent

Seit Kurzem auf dem Markt ist eine Expressanleihe auf Daimler von der LBBW (siehe Übersicht Seite 1). Die maximale Laufzeit beträgt vier Jahre, dazu gibt es einen Kupon von 4,0 Prozent. Wie bei einer Aktienanleihe gibt es den Kupon in jedem Fall, unabhängig von der Daimler-Notierung. Der Verlauf der Aktie aber entscheidet, ob die Anleihe vorzeitig getilgt wird. Am 19. September 2014 kommt es darauf an, ob die Aktie über dem Auszahlungslevel von 54,56 Euro steht. Wenn ja, wird das Papier zum Nennwert zurückgezahlt, die Rendite läge bei 4,0 Prozent. Erreicht die Daimler-Aktie in einem Jahr dieses Niveau nicht, geht das Spiel in die nächste Runde. Im September 2015 und 2016 gibt es wieder den Kupon, und es wird abermals geprüft, ob Daimler mindestens bei 54,56 Euro steht. Wenn ja, wird getilgt; wenn nicht, besteht noch die letzte Chance am 15. September 2017. Dann genügt es, wenn die Aktie bei 39,01 Euro steht. Gemessen am aktuellen Kurs, wären das gut 30 Prozent Puffer. Damit lässt sich ein mittlerer Rückgang der Aktie abfedern, nicht aber eine Baisse wie in den Jahren 2008/09. Doch wer damit rechnet, für den sind solche Zertifikate ohnehin die falsche Anlage.

Etwas mehr verdienen

Zehn Crashaktien für Zocker
Das Schild einer Commerzbank-Filiale mit Logo hängt unweit der Zentrale der Commerzbank in Frankfurt am Main Quelle: dpa
Das solara<uto Solarauto "Solarworld GT" Quelle: dapd
Ein Werksmitarbeiter arbeitet in Wiesloch beim Heidelberger Druckmaschinenhersteller Quelle: dapd
Die Außenansicht eines Nokia-Ladens Quelle: dpa
in Mitarbeiter eines Praktiker Baumarktes steh vor einem Regal Quelle: dapd
Passanten vor einer UniCredit-Filiale in Rom Quelle: dapd
Das Logo der Firma Alcatel-Lucent Quelle: dapd

Normale Anleihen sinken im Kurs, wenn die Zinsen steigen. Eine Chance zum Gegensteuern bieten Floater, anleiheähnliche Zertifikate, deren Kupons an die allgemeine Zinstendenz geknüpft sind. Basiswert ist, etwa bei einem bis 2017 laufenden Floater der Deutschen Bank (siehe Übersicht Seite 1), der 12-Monats-Euribor – der Zins, zu dem sich Europas Banken für zwölf Monate Geld leihen. Derzeit sind das 0,54 Prozent. In den Jahren vor der Finanzkrise stand der Euribor zeitweise über fünf Prozent.

10 Tipps für Börseneinsteiger

Damit die Zertifikate überhaupt etwas einbringen, gibt es einen Mindestkupon von 2,0 Prozent. Steht der Euribor (jeweils am Fixing zum 2. Juli) darüber, zieht der Kupon mit. Bei 5,0 Prozent ist der Deckel drauf. 2017 erfolgt die Rückzahlung des Zertifikats zu 100 Prozent des Nennwerts.

Bei Kaufkursen von 102,30 Prozent hat das Papier eine jährliche Mindestverzinsung von 1,4 Prozent – nur einen Tick mehr als die klassische, ebenfalls bis 2017 laufende Euro-Anleihe (DE000DB5S5U8) der Deutschen Bank. Dazu haben Anleger mit dem Floater die Chance, wenn die Zinswende doch eines Tages kommt, etwas mehr zu verdienen.

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