Ökonom Thomas Mayer "Die Gefahr einer neuen Finanzkrise ist groß"

Seite 2/3

Finanzmarktakteure müssen haften


In den Augen der Politiker hat nicht die Finanztheorie versagt, sondern die Märkte. Daher wollen sie diese durch Regulierungen zähmen.

Eine absurde Vorstellung! Die Politiker maßen sich an, zu wissen, was in den Köpfen der Menschen vor sich geht und wie der richtige Rahmen für die Finanzmärkte auszusehen hat. Weil sie das aber nicht wissen, formulieren sie Regulierungen, die die Teilnehmer an den Finanzmärkten unterlaufen. Dann holen die Politiker gern die Moralkeule heraus und werfen den Finanzmarktakteuren unethisches Verhalten vor.

Was ist die Alternative zu mehr Regulierung?

Statt mehr zu regulieren, sollten wir eines der Grundprinzipien der Marktwirtschaft, die Einheit von Handeln und Haftung, wieder herstellen. Wer handelt, muss auch für die Folgen haften. Nur so lässt sich verhindern, dass Entscheidungen getroffen werden, deren Folgekosten der Allgemeinheit aufgebürdet werden. Wer sich an den Finanzmärkten finanziell übernimmt, muss auch in Konkurs gehen können. Das gilt auch für die Banken. Setzt man dieses Prinzip um, kann man sich große Teile der Regulierung sparen.

So sparen die Deutschen
57 Prozent der Teilnehmer ihr Geld in ein Sparschwein Quelle: dpa
Girokonto Quelle: dpa
Sparbuch Quelle: dpa
Tagesgeld Quelle: dpa
Bausparvertrag Quelle: Fotolia
Lebensversicherung Quelle: dpa
Altersvorsorge Quelle: dpa

Geldanleger sehen sich derzeit einer Geldschwemme und Negativzinsen gegenüber, die die Kurse verzerren. Wie lange bleibt uns dieses Umfeld noch erhalten?

Ich fürchte, dass uns die extrem expansive Geldpolitik schon so weit in die Sackgasse manövriert hat, dass wir da nicht mehr kontrolliert herauskommen. Die Gefahr einer neuen Finanzkrise ist groß, sie könnte zu einer Krise des gesamten Geldsystems werden.

Was können Geldanleger in diesem Umfeld tun?

Wer Geld anlegen will, sollte die Erkenntnisse der Österreichischen Schule der Nationalökonomie berücksichtigen. Im Mittelpunkt dieser Lehre steht der einzelne Mensch. Sein Verhalten lässt sich nicht mit mathematischen Modellen berechnen. Selbst wenn man eine Geldanlage für sich als sinnvoll erkannt hat, muss man daher einkalkulieren, dass andere das anders sehen und sich der Wert am Markt nicht so entwickelt wie man es erwartet hat. Daher sollte man nicht alles auf eine Karte setzen, sondern sein Portfolio diversifizieren.

Auch die moderne Finanztheorie fordert Diversifikation.

Der Unterschied besteht jedoch darin, dass die Diversifikation dort über mathematische Modelle gesteuert wird. Die Österreichische Schule hingegen setzt auf die subjektive Auswahl von Titeln zur Risikostreuung. Dabei sollten die einzelnen Anlagen nach der Höhe ihres Beitrags zum Renditeziel in das Portfolio aufgenommen werden. Diversifikation ist auch wichtig, weil wir in einem Umfeld von Unsicherheit agieren. Das Portfolio sollte deshalb so gestaltet sein, dass es auch Schocks überlebt, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können.

Macht es Sinn, sich zur Absicherung Staatsanleihen mit negativer Verzinsung ins Depot zu legen?

Anleger sollten sich nicht einreden lassen, dass Negativzinsen der neue Normalzustand der Finanzwelt sind. Auch hier komme ich wieder auf die Österreichische Schule zurück. Sie hat erkannt, dass der Zins der Preis für Zeit ist. Zeit ist für Menschen ein knappes Gut. Da menschliches Handeln darauf ausgerichtet ist, sparsam mit knappen Ressourcen umzugehen, wollen die Menschen ihre Ziele möglichst rasch erreichen. Sie sind nur dann bereit, Umwege in Kauf zu nehmen, wenn sie dafür durch einen höheren Ertrag entschädigt werden. Diese Entschädigung ist der Zins. Er kompensiert für den Verzicht auf sofortigen Konsum. Als Zeitpräferenzrate ist der Zins daher immer und überall positiv.

Aber die Zinsen an den Kapitalmärkten sind negativ…

…was ein Zeichen dafür ist, dass da etwas faul ist. Die Marktzinsen können nur dann negativ werden, wenn die staatliche Notenbank sie künstlich nach unten drückt. Daher sollten die Anleger die Finger von Anlagen lassen, die keinen positiven Zins aufweisen. Die zentral-planwirtschaftlichen Eingriffe der Zentralbanken haben den Markt für Staatsanleihen so verschmutzt, dass Anleger dort kaum noch vernünftige Anlagen finden.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%