Öl Ölpreis weiter im Sinkflug – Börsen reagieren nervös

Der Ölpreis fällt weiter. Am Dienstag zieht das auch die Aktienmärkte nach unten. Experten rechnen nicht mit einer Erholung der Kurse.

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Ein Arbeiter läuft über gelagerte Ölfässer des Staatsunternehmens Pertamina in Jakarta, Indonesien. Quelle: AP

Stark fallende Ölpreise haben die Talfahrt an den Aktienmärkten weiter beschleunigt. An der chinesischen Börse in Shanghai brach der Leitindex mehr als sechs Prozent ein, in Tokio gab der Nikkei mehr als zwei Prozent nach. "Wo immer man hinschaut - China, Öl oder die USA, es gibt keine klaren Hinweise auf eine Verbesserung grundlegender Wirtschaftsdaten", sagte Analyst Tatsushi Maeno vom Broker PineBridge Investments. Experten rechnen deshalb auch in nächster Zeit nicht mit einer Erholung der Kurse.

Die Konjunkturaussichten spiegeln sich nach Auffassung vieler Investoren derzeit vor allem an den Rohstoffmärkten wider. Die Ölpreise sanken erneut unter 30 Dollar pro Barrel, weil trotz der schwächelnden Nachfrage die Förderung auf Hochtouren läuft und damit das Überangebot vergrößert. Der massive Preisverfall belastet weltweit Energiefirmen, die deshalb Investitionen und Arbeitsplätze kürzen. Anleger warten nun auf Äußerungen der US-Notenbank Fed dazu, die nach einer zweitägigen Sitzung am Mittwoch anstehen.

Was Sie über den Ölpreis wissen müssen

Die chinesische Börse in Shanghai rutschte 6,4 Prozent ab. Der Index für die wichtigsten Firmen an den Märkten in Shanghai und Shenzhen büßte sechs Prozent ein. In Tokio gab der Nikkei-Index 2,35 Prozent auf 16.708 Punkte nach. Zu den Verlierern zählten Finanztitel und Exportwerte wie Toyota mit einem Abschlag von 2,9 Prozent und Honda mit einem Minus von 3,2 Prozent. Japans Exportfirmen macht vor allem die Konjunkturabkühlung in China zu schaffen. Der MSCI-Index asiatisch-pazifischer Werte außerhalb Japans notierte 1,5 Prozent im Minus.

Der Euro tendierte an den Devisenmärkten in Fernost wenig verändert mit 1,0853 Dollar.

Am US-Aktienmarkt hatte der Ölpreisfall am Montag im späten Handel für klare Kursverluste gesorgt. Der Dow Jones Industrial schloss 1,29 Prozent tiefer bei 15 885,22 Punkten. In der Vorwoche hatte der US-Leitindex um 0,7 Prozent zugelegt, notiert seit Jahresbeginn aber knapp 9 Prozent schwächer.

Der marktbreite S&P-500-Index sank am Montag um 1,56 Prozent auf 1877,08 Punkte. Der Technologie-Auswahlindex Nasdaq 100 büßte 1,48 Prozent auf 4196,53 Punkte ein.

Der Handel sei wieder einmal vom Rohöl bestimmt worden, sagte ein Händler. Im späten New Yorker Handel war der Ölpreis um rund 7 Prozent eingebrochen und wieder unter die Marke von 30 US-Dollar gerutscht.

Die Aussicht auf ein anhaltend hohes Angebot aus dem wichtigen Ölförderland Saudi-Arabien hatte bereits am Vortag die Preise gedrückt, nachdem diese sich zwischenzeitlich etwas erholt hatten. Der Chef des saudischen Ölmultis Aramco, Khalid Al-Falih, sagte, dass die Investitionen des Konzerns trotz des Ölpreisverfalls nicht gekürzt worden seien.

Hinzu kommen möglicherweise weiter steigende Rohöl-Lagerbestände in den USA. Experten rechnen mit einem Zuwachs um mehr als 4 Millionen Barrel im Vergleich zur Vorwoche. Damit wäre der Anstieg stärker als zuletzt. Die offiziellen Zahlen werden am Mittwoch veröffentlicht.

Saudi-Arabien will sich breiter aufstellen

Saudi-Arabien will wegen des Energiepreisverfalls seine Wirtschaft breiter aufstellen und stärker auf Privatunternehmen setzen. Der weltgrößte Ölexporteur will dafür etwa die IT-Wirtschaft, die Gesundheitsbranche, den Schiffbau oder den Tourismus fördern, wie Vertreter des Königreiches am Montag auf einer Investorenkonferenz in Riad bekanntgaben. Demnach ist zunächst eine staatliche Förderung vorgesehen.

Schließlich solle der Privatsektor selbst Arbeitsplätze schaffen und zur Konjunktur beitragen. Der Golfstaat wolle so für ein gleichmäßigeres Wachstum in verschiedenen Wirtschaftszweigen sorgen, sagte der Verwaltungsratschef des staatlichen Energiekonzerns Saudi Aramco, Chalid al-Falih.

von Hans Jakob Ginsburg, Frank Doll, Yvonne Esterházy, Malte Fischer, Jacqueline Goebel, Jürgen Salz, Martin Seiwert

Wegen der gesunkenen Energiepreise kämpft das Königreich mit den größten wirtschaftlichen Problemen seit mehr als einem Jahrzehnt. Das Haushaltsdefizit beträgt umgerechnet etwa 90 Milliarden Euro. Wegen des Überangebotes auf dem Ölmarkt ist eine Entspannung der Preise nicht in Sicht.

Auf der Konferenz, an der auch viele ausländische Diplomaten und Wirtschaftsvertreter teilnahmen, erklärte Industrieminister Taufik al-Rabiah, Saudi-Arabien leide an der "Holländischen Krankheit". Darunter versteht man die Verdrängung anderer Branchen durch einen erfolgreichen Energiesektor. Man sei dabei, diese Entwicklung zu korrigieren, sagte der Minister. Regierungsvertretern zufolge ist etwa vorgesehen, das Gesundheitssystem in mehreren unabhängigen Unternehmen aufgehen zu lassen.

Einige Teilnehmer der Konferenz äußerten aber Zweifel, ob die ehrgeizigen Ziele erreicht werden können. So arbeiten zwei Drittel der Beschäftigten in Saudi-Arabien im öffentlichen Dienst, wo die Anforderungen geringer als in der Privatwirtschaft sind. Zudem ist das freie Unternehmertum kaum ausgeprägt. Das Finanz- und Rechtssystem des erzkonservativen Staates begünstigt dies auch nicht.

Über einige der Reformpläne war jahrelang ergebnislos beraten worden. Seit der Thronübernahme von König Salman vor einem Jahr herrscht aber Bewegung: Der Monarch hat einen mächtigen Wirtschafts- und Entwicklungsrat geschaffen, der von seinem Sohn Mohammed bin Salman geleitet wird. Die Regierung soll Hunderte westliche Berater für die Planungen engagiert haben.

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