Sprudelnde Renditen mit Öl, davon träumte Daniel Hopp. Doch sein Investment brachte dem Sohn von SAP-Mitgründer Dietmar Hopp vor allem Ärger, einen bis heute laufenden Rechtsstreit inklusive. 2011 hatte Hopp eine zweistellige Millionensumme in ein „Joint Venture“ mit Furie Petroleum LLC gesteckt, einem Dienstleister der Energy Capital Invest (ECI). Schon im Jahr darauf übernahmen die Anwälte das Kommando, 2013 ließ Hopp die Grundstücke, die er als Sicherheit bekommen hatte, verwerten. Die Höhe der offenen Forderung: 23 Millionen US-Dollar.
Die Investitionen seien „nicht zur Zufriedenheit unseres Mandanten betreut worden“, teilt sein Anwalt auf Nachfrage mit. Zu den Details des Geschäfts zwischen Hopp und Furie will sich ECI nicht äußern. Sowohl Anleger als auch ECI selbst seien nicht betroffen. Umso erstaunlicher ist, dass ECI 2011 in einem Newsletter von einem „Joint Venture“ zwischen dem Family Office von Daniel Hopp und der „zur Gruppe der Energy Capital Invest gehörenden Furie Petroleum LLC“ spricht.
Fakten zum Rohölpreis
Die Fachleute unterscheiden zwischen Reserven und Ressourcen. Reserven sind Rohstoffe, die mit heutigen Mitteln wirtschaftlich gefördert werden können, also zum Verbrauch zur Verfügung stehen. Ressourcen sind weitere Vorkommen eines Rohstoffs in der Erdkruste, die aber noch nicht zugänglich sind. Die Ölreserven betragen, je nach Quelle, ungefähr 220 bis 240 Milliarden Tonnen, davon etwa ein Fünftel aus unkonventionellen Quellen wie Schieferöl und Ölsände. Den bisherigen Verbrauch seit Beginn des Ölzeitalters beziffert die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) auf 175 Milliarden Tonnen.
Bei heutigem Verbrauch noch mehr als 50 Jahre. Die Nachfrage und der Verbrauch werden jedoch in den nächsten Jahrzehnten zunehmen. Öl ist mit einem Anteil von einem Drittel der wichtigste Energieträger. Damit hat es zwar relativ an Bedeutung verloren; vor 40 Jahren hat Öl noch fast die Hälfte des weltweiten Energieverbrauchs abgedeckt. Aber der Energieverbrauch steigt weltweit weiter an und damit auch der Ölverbrauch. Nach der Prognose von BP erhöht er sich bis 2035 von heute 90 auf 109 Millionen Barrel pro Tag. Andere Prognosen sind niedriger, die Internationale Energie-Agentur (IEA) rechnet mit 104 Millionen Barrel bis 2040.
Da streiten die Gelehrten. Es gibt zwei Denkschulen. Die Anhänger der Peak-Oil-Theorie gehen davon aus, dass bei konventionellem Öl bereits das Fördermaximum erreicht ist und nur mit teuren unkonventionellen Methoden wie Fracking von Ölschiefer und Förderung von Ölsänden noch Produktionssteigerungen möglich sind. „Nur Nordamerika trug in den Jahren seit 2005 überhaupt zu einer Steigerung der globalen Ölförderung bei. Ohne Berücksichtigung der USA und Kanada ist die Welt bereits seit neun Jahren auf dem Ölfördergipfel“, heißt es auf einer Internet-Seite der Peak-Oil-Fraktion. Sie sieht stark steigende Ölpreise bereits vor 2020 voraus.
Die Peak-Oil-Theorie hat eher an Zustimmung verloren; auch weil ihre Befürworter den Zeitpunkt für den Ölgipfel schon mehrfach verschieben mussten. „Die Dinge stehen nicht still in der Energieindustrie“, sagt Daniel Yergin, einer der weltweit führenden Ölexperten. Durch technische Innovation könnten immer neue Ressourcen entwickelt und zu förderbaren Reserven werden. Für jedes geförderte Fass Öl würden so 1,5 neue Fässer den Reserven hinzugefügt. Yergin erwartet, dass sich die Ölförderung gegen Mitte des Jahrhunderts auf einem Plateau befindet, ehe dann die Förderung und die Nachfrage langsam nachgeben.
Der Wissenschaftler Leonardo Maugeri hat bereits 2012 eine Ölschwemme und fallende Preise ab 2015 vorhergesagt, weil die Kapazitäten zur Ölförderung auf der Angebotsseite erheblich ausgeweitet würden. „Der Schiefergas-Ölboom in den USA ist keine Blase, sondern die wichtigste Revolution im Ölsektor seit Jahrzehnten“, schrieb er in einer Studie. Es gebe enorme Mengen von konventionellem und unkonventionellem Öl, das zum Teil noch gar nicht entdeckt sei. Ein Fördergipfel, ein Peak-Oil, sei nicht in Sicht. So ist es gekommen. Es gibt Öl im Überfluss und die Preise sind verfallen. Das Förderkartell Opec hat sich vorläufig selbst aus dem Spiel genommen und will den Ölhahn nicht mehr zudrehen. Sondern ganz marktwirtschaftlich versuchen, seine Kostenvorteile bei der Förderung auszuspielen.
Kurzfristig ist der Ölpreis einer Vielzahl von verschiedenen Einflüssen ausgesetzt, von Kriegen oder Krisen über Handelsembargos und Finanzspekulation bis hin zu Naturkatastrophen und Wetterverhältnissen. Diese kurzfristigen Preisschwankungen kann niemand vorhersehen. Mittelfristig erwarten die meisten Experten eine Periode mit eher gemäßigten Preisen und gut versorgten Märkten für mehrere Jahre. Es gibt allerdings auch Gegenstimmen, die bereits jetzt Rohöl für deutlich unterbewertet halten und vor einem Preisanstieg warnen, etwas bei den Bankanalysten. Die BGR vertritt einen mittleren Kurs. Erdöl, so die Behörde, sei der einzige Energierohstoff, bei dem sich eine Limitierung abzeichnet.
Für die Hopps ist das Risiko überschaubar, Vater Dietmar hat es mit SAP zu einem Milliardenvermögen gebracht. Arm wird die Familie selbst dann nicht, wenn das Ölabenteuer schiefgeht. Doch in seltener Symbiose sitzen hier Großinvestor und Kleinanleger im selben Boot – und alle bekommen derzeit die Risiken von Ölinvestments im grauen Kapitalmarkt zu spüren.
Tausende Privatanleger haben ihr Erspartes auf Öl- und Gasprojekte gesetzt. Allein die Fondsinitiatoren ECI, Nordic Oil, Texxol, Proven Oil und New Capital Invest haben über geschlossene Fonds, stille Beteiligungen und Anleihen 800 bis 900 Millionen Euro eingesammelt.
Risiko Ölpreis
Das Geld ist aktuell durch den Ölpreis-Absturz – 50 Prozent seit Mitte 2014 – in Gefahr. Zyniker könnten sagen, dass dies die Anleger kalt lassen kann: Viele der Ölbuden fördern schließlich ohnehin noch nichts. ECI etwa will nach eigenen Angaben erst 2017 Öl fördern und sich vorerst auf Gas konzentrieren. Zwar hat sich auch der Gaspreis an der Börse in den vergangenen zwölf Monaten halbiert, aber laut ECI sei das lokale Angebot in Alaska eben knapp, also würden die Preise steigen.
Besonders eng wird es für Fondsinitiatoren, wenn Beteiligungen auslaufen und Anleger ihr Geld zurück wollen. Bei der Hamburger Nordic Oil wären die im Fonds „Nordic Oil USA 2“ investierten Gelder Ende 2016 fällig gewesen. Wären, denn Nordic Oil hat auf einer Gesellschafterversammlung gerade drei Fonds in die „Nasco Energie und Rohstoff AG“ eingebracht.
Fondsanleger wurden im Handstreich zu Aktionären: Erst kurz vor Weihnachten hatten sie die Einladung zur Gesellschafterversammlung am 15. Januar im Briefkasten. Viele von ihnen dürften im Skiurlaub oder anderweitig verreist gewesen sein – oder gar nicht durchschaut haben, was Nordic Oil vorhatte.
Gegner der Beschlussvorlage hatten keine Chance, ihre Mitgesellschafter zu mobilisieren: Nordic Oil gab keine Anlegerliste heraus. „Wir haben eine Umfrage unter den Kommanditisten gemacht, und eine deutliche Mehrheit hat die Herausgabe der Adressen abgelehnt“, sagt Nordic-Oil-Chef Jan Warstat.
Wann und zu welchem Preis die Neu-Aktionäre ihre Aktien verkaufen können, steht in den Sternen. Dazu braucht es erst einen Börsengang. Der könnte im Dezember 2015 oder Anfang 2016 laufen, verspricht Nordic Oil vage – das kommt aber natürlich auf die Börsenstimmung an und auf den Ölpreis.
Jetzt auch noch Edelgas
Ein originelles Argument für die Aktien-Aktion präsentiert Klaus Kocks, einst Kommunikations-Vorstand bei Volkswagen, heute in Diensten von Nordic Oil: Die AG könne jetzt kräftig in Helium machen. „Mit der hauseigenen Kompetenz und dem Know-how rund um die Energiemärkte werde man zukünftig vor allem die Beteiligung im Heliumbereich vergrößern“, heißt es in einer Mitteilung. „Insofern sei der Heliummarkt besonders lukrativ, stimmt Jan Warstat mit den internationalen Marktbeobachtern überein“, schwadroniert Kocks über seinen Auftraggeber.
Meilensteine der Ölpreisentwicklung
Die ersten gewinnbringenden Erdölbohrungen finden Mitte des 19. Jahrhunderts statt. In dieser Zeit entstehen auch die ersten Raffinerien. Bis 1864 steigt der Ölpreis auf den Höchststand von 8,06 Dollar pro Barrel (159 Liter); inflationsbereinigt müssen damals im Jahresdurchschnitt 128,17 US-Dollar gezahlt werden. In den folgenden Jahrzehnten bleibt der Preis auf einem vergleichsweise niedrigen Level, fällt mitunter sogar, bedingt etwa durch den Erfolg der elektrischen Glühlampe, durch die Öl im privaten Haushalt nicht mehr zur Beleuchtung nötig ist.
Mit dem Erfolg des Automobils zu Beginn des 20. Jahrhunderts steigt die Öl-Nachfrage rasant; speziell in den USA, wo der Ford Modell T zum Massenprodukt wird. 1929 fahren insgesamt 23 Millionen Kraftfahrzeuge auf den Straßen. Der Verbrauch liegt 1929 in den Staaten bei 2,58 Millionen Fass pro Tag, 85 Prozent davon für Benzin und Heizöl. Die Preise bleiben allerdings weiter unter fünf Dollar pro Fass (nicht inflationsbereinigt), da auch mehr gefördert wird.
In den 30er Jahren kommt die Große Depression, die Unternehmenszusammenbrüche, Massenarbeitslosigkeit, Deflation und einen massiven Rückgang des Handels durch protektionistische Maßnahmen zur Folge hat. Während der Weltwirtschaftskrise verringert sich die Nachfrage nach Erdöl und der Preis sinkt auf ein historisches Tief. 1931 müssen bloß noch 0,65 Dollar pro Barrel gezahlt werden (inflationsbereinigt etwa zehn US-Dollar). So billig sollte das schwarze Gold nie wieder sei.
Nachdem sich die Weltkonjunktur erholt hat, steigt der Preise für Öl wieder, bleibt aber konstant unter fünf Dollar pro Barrel. Für die Jahre zwischen dem Ersten Weltkrieg und der Ölkrise im Herbst 1973 spricht man deshalb vom „goldenen Zeitalter“ des billigen Öls.
In den 70er und 80er Jahren kommt der Ölpreis in Bewegung. Als die Organisation der erdölexportierenden Länder (Opec) nach dem Krieg zwischen Israel und den arabischen Nachbarn im Herbst 1973 die Fördermengen drosselt, um politischen Druck auszuüben, vervierfacht sich der Weltölpreis binnen kürzester Zeit. Zum Ende des Jahres 1974 kostet ein Barrel über elf Dollar (inflationsbereinigt fast 55 US-Dollar). Dies bekommen auch Otto-Normal-Bürger zu spüren: In Deutschland bleiben sonntags die Autobahnen leer, in den USA bilden sich Schlangen vor den Tankstellen.
Während der zweiten Ölkrise in den Jahren 1979/1980 zieht der Ölpreis nach einem kurzfristigen Rückgang weiter an. Ausgelöst wird dies im Wesentlichen durch Förderungsausfälle und Verunsicherung nach der Islamischen Revolution. Nach dem Angriff Iraks auf Iran und dem Beginn des Ersten Golfkrieg explodieren die Preise regelrecht. Auf dem Höhepunkt im April 1980 kostet ein Barrel 39,50 Dollar (inflationsbereinigt 116 Dollar).
Die 80er und 90er Jahre sind – abgesehen von dem kurzzeitigen Anstieg verursacht durch den Zweiten Golfkrieg – eine Phase niedriger Ölpreise. Die Industriestaaten befinden sich in einer Rezession und suchten aufgrund vorhergehenden Ölkrisen mit besonders hohen Preisen nach alternativen Energiequellen. Weltweit gibt es Überkapazitäten. Während der Asienkrise 1997/1998 sinkt die Nachfrage weiter. Ende des Jahres 1998 werden 10,65 Dollar pro Barrel verlangt.
Nach Überwindung der Krise wachsen die Weltwirtschaft und damit auch der Ölbedarf schnell. Selbst die Anschläge auf das World Trade Center 2001 sorgen nur für einen kurzen Rücksetzer. Anfang 2008 steigt der Ölpreis erstmals über 100 US-Dollar je Barrel, Mitte des Jahres sogar fast auf 150 Dollar. Ein Grund für den Preisanstieg wist der Boom des rohstoffhungrigen China, mittlerweile zweitgrößter Verbraucher der Welt.
Die globale Finanzkrise und eine schwächelnde Konjunktur sorgen für einen Rückgang der Nachfrage. Gleichzeitig bleibt das Angebot durch die massive Förderung in den USA (Fracking) hoch. Die Folge: Der Ölpreis bricht ein. Ab Sommer 2014 rutscht der Preis für Brentöl innerhalb weniger Monate um rund 50 Prozent auf 50 Dollar. Erst im Februar 2015 erholte sich der Ölpreis leicht und schwankt um die 60 Dollar je Barrel.
Im Mai 2015 hatten sich die Ölpreise zwischenzeitlich erholt. Die Sorte Brent erreichte mit einem Preis von 68 US-Dollar je Barrel ein Jahreshoch. Von da aus ging es bis September des Jahres wieder steil bergab auf 43 Dollar. Nach einer Stabilisierung zwischen September und November nahm der Ölpreis seine wieder Talfahrt auf. Am 15. Januar hat der Ölpreis die 30-Dollar-Marke unterschritten.
Warstat und das Nordic-Oil-Management sind jetzt fein raus: Statt Anleger auszuzahlen, könnten sie bald über Kapitalerhöhungen frisches Geld einsammeln, für Helium und andere feine Sachen. „Rechtlich ist eine solche gesellschaftsrechtliche Umwandlung nicht zu packen“, sagt Adrian Wegel, Rechtsanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in Frankfurt.
Jochen Resch, Anlegeranwalt aus Berlin, hält nichts von der Aktien-Aktion: „Wenn wie im Fall Nordic Oil drei notleidende Fonds zusammengelegt werden, dann wird daraus kein gutes Investment.“
Frisches Kapital einsammeln
Beim Fondshaus ECI bleiben die Beteiligungen noch getrennt. Frisches Geld von der Börse soll dennoch her. Die mit ECI über den Gesellschafter Kay Rieck verbandelte Deutsche Oel & Gas, in deren Auftrag unter anderem die „Furie Operating Alaska“ für ECI bohrt (siehe Kasten Seite 81), soll an die Börse. Für Anleger soll sich nichts ändern – Anleihezinsen seien gegenüber den Dividenden der Aktionäre vorrangig zu bedienen.
Vor dem Börsengang will ECI 25 Millionen Euro frisches Kapital über die Namensschuldverschreibung „US Öl und Gas NSV 6“ einsammeln. Namensschuldverschreibungen sind nicht an der Börse handelbare Anleihen, die auf die Namen der Gläubiger ausgestellt werden. Bis Ende dieses Jahres soll Furie Operating Alaska, der US-Partner von ECI, dann die ersten Kubikmeter Erdgas aus dem Meeresboden vor der Küste Alaskas pumpen – ein Jahr später als geplant.
Vermaledeites Wetter
Zu dumm aber: Die Förderplattform, die den ECI-Anlegern sprudelnde Erträge bescheren soll, liegt leider noch in einem Hafen in Alaska. Wegen des arktischen Wetters kann sie erst im Frühjahr an ihren Bestimmungsort geschleppt werden.
Der Bestimmungsort heißt „Kitchen Lights Unit“, ein Ölfeld im Gebiet Cook Inlet. Ein reichlich ausgelutschtes Ölfeld: Seit den Siebzigerjahren ist die Öl- und Gasausbeute im Gebiet Cook Inlet um etwa 90 Prozent geschrumpft. Im Feld Kitchen Lights Unit selbst wird derzeit weder Öl noch Gas gefördert. Die letzte Förderplattform wurde zur Jahrtausendwende installiert. Momentan laufen hier nur Probebohrungen.
Ob die Plattform viel Gas fördern wird, ist ungewiss: „Furie hat immer wieder angekündigt, dass sie auf ein ertragreiches Gasfeld gestoßen seien, ohne das mit verlässlichen Zahlen belegen zu können“, sagt Bradford Keithley aus Anchorage/Alaska, der Öl- und Gasunternehmen berät.
Selbst wenn es Furie gelingen sollte, die Förderplattform zu installieren, sei es schwierig, Abnehmer zu finden, so Keithley. Cook Inlet liegt ab vom Schuss, es gebe weder viele Industrie-Abnehmer noch eine Pipeline nach Kanada. ECI gibt an, es gebe einen Vertrag und einen Vorvertrag mit je einem Kunden. Namen wollte ECI jedoch nicht nennen. Noch bevor der erste Hauch Gas gefördert ist, droht noch ganz anderes Ungemach: Weil beim Schleppen der Plattform nach Alaska gegen Schifffahrtsbestimmungen verstoßen worden sei, wollen die zuständigen US-Behörden ein Bußgeld von 15 Millionen US-Dollar kassieren. Der Rechtsstreit mit den Behörden läuft noch.
Kontrolle der Anlegergelder zweifelhaft
Zweifel gibt es bei diversen Ölinvestments auch an der Wirksamkeit der Kontrolle der Anlegergelder. Laut Ralph Wegner, ehemaliger Mitgesellschafter der Nordic Oil Beteiligungs KG, soll Matthias Sdrenka, Inhaber der Treuhandgesellschaft HVT, von 2009 bis 2011 ebenfalls Anteile an dieser KG gehalten haben. HVT soll im Sinne der Anleger die Mittel der Fonds kontrollieren. Nordic Oil bestreitet, dass Sdrenka seit 2009 Anteile an der KG gehalten hat und derzeit welche hält.
Der Verfall des Ölpreises kommt beim Verbraucher an
Das liegt im wesentlichen am Preisrutsch für Rohöl. Der Ölpreis hat sich jahrelang weitgehend in einem Preisband zwischen 100 und 115 Dollar für ein Barrel (159 Liter) der Nordsee-Sorte Brent bewegt. Diesen Korridor hat der Preis Anfang September verlassen und ist im Oktober nochmals kräftig abgestürzt, auf nur noch 85 Dollar. Die subjektive Wahrnehmung der Autofahrer, dass Benzin und Diesel immer teurer werden, wird von den Daten seit 2012 nicht mehr gedeckt.
Auf der Angebotsseite ist reichlich Öl vorhanden. „Die Reaktion der Produzenten lässt auf sich warten“, sagt der Hamburger Energieexperte Steffen Bukold. Saudi-Arabien, das innerhalb des Opec-Kartells sonst die Feinsteuerung des Marktes übernommen hat, will nicht allein seine Produktion kürzen. Dahinter steht ein Kampf um Marktanteile in Asien, wo für die Opec-Staaten die einzig wachsenden Absatzmärkte für ihr Öl liegen. Die Nachfrage nach Öl verläuft wegen der verhaltenen Weltkonjunktur zudem flau und kann den Preis nicht stützen.
Das ist mittelfristig denkbar, geht aber nicht so schnell. Manche Förderanlagen könnten unrentabel werden, wenn der Ölpreis noch weiter fällt und dauerhaft niedrig bleibt. Ob es dazu kommt, ist noch nicht absehbar. Zudem bekommen viele Förderländer - auch Russland - bei einem Ölpreis deutlich unter 100 Dollar ein Problem mit der Finanzierung ihres Staatshaushalts. Bislang allerdings liegt der durchschnittliche Ölpreis für 2014 immer noch bei 106 Dollar, nach 109 im Vorjahr. Das ist für die Ölländer noch kein schlechtes Jahr.
Nach dem Energiepreis-Monitor der European Climate Foundation sind die Preise für Energierohstoffe währungsbereinigt im September um 1,2 Prozent gefallen und gleichzeitig die Verbraucherpreise für Kraft- und Schmierstoffe um 0,4 Prozent gestiegen. Anders als in Frankreich und Italien. „Ein Teil des Anstiegs ist nur so zu erklären, dass fallende Rohstoffpreise nicht eins zu eins auf Verbraucherebene weitergegeben wurden“, heißt es in der Mitteilung der Stiftung. Die Branche bestreitet das: „Der harte Wettbewerb der Tankstellen in Deutschland sorgt dafür, dass der gesunkene Ölpreis über niedrigere Benzin- und Dieselpreise auch bei den Verbrauchern ankommt“, sagte ein Sprecher des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV) in Berlin.
Das kann niemand sagen. Schon bislang ist der Preisrückgang gebremst worden, weil der Euro gegenüber dem Dollar an Wert verloren hat. Für einen Euro bekommt ein Ölimporteur nur noch 1,28 Dollar, das sind 10 Cent weniger als vor ein paar Monaten. Deshalb braucht er mehr Euro, um die gleiche Menge Dollar für den Ölkauf aufzubringen. Fällt der Euro noch weiter, ist das schlecht für den Autofahrer. Der Ölpreis selbst hat nach unten vielleicht weniger Luft als nach oben. Gibt die Opec bei ihrer nächsten Sitzung im November ein klares Signal, dann kann der Preis auch schnell wieder in den alten Preiskorridor oberhalb von 100 Dollar zurückkehren, meint Ölexperte Bukold.
Belegt ist jedoch, dass Sdrenka 2009 die Markenrechte an Nordic Oil angemeldet hat und sie nach wie vor hält. Ebenfalls ungewöhnlich ist die räumliche Nähe: Kontrolleur HVT und Nordic Oil residieren unter der gleichen Hamburger Adresse: Neuer Wall 71.
Im grauen Ölmarkt ist Sdrenka kein Unbekannter. Er kontrollierte auch die Mittel von acht Proven-Oil-Fonds, die bei 11 000 Anlegern mehr als 300 Millionen Euro einkassiert haben. Geholfen hat Sdrenkas Kontrolle nicht: Bereits 2014 hat Proven Oil die Auszahlungen an die Anleger gestoppt.
„Das ist scheiße“
Auch bei Nordic Oil und deren US-Partnern gab es schon früh Zweifel an den Erfolgsmeldungen. „Die Bohrberichte, die wir intern zu sehen bekamen, waren weit weniger optimistisch als das, was die Anleger zu hören bekamen“, sagt Wegner. 2011 schied er nach eigenen Angaben im Streit mit dem derzeitigen Nordic-Chef Jan Warstat als Mitgesellschafter aus, weil er „zu viele unbequeme Fragen gestellt“ habe, wie er heute behauptet.
Der Start von Nordic Oil im US-Ölgeschäft war jedenfalls wenig erfolgreich. So meldete im September 2009 ein US-Subunternehmer für eine von Nordic finanzierte Quelle 2,5 bis 3,0 Barrel Öl pro Tag. Nordic-Oil-Chef Warstat kommentierte in einer der WirtschaftsWoche vorliegenden E-Mail: „Das ist Scheiße.“
Derzeit, so Nordic Oil, fördern die vom Fonds „Nordic Oil USA 1“ finanzierten Bohrungen in Südtexas gerade so viel, um die „operativen Kosten“ zu decken. Investitionen seien notwendig, um deutlich mehr Öl und Gas zu produzieren. Besser sehe es bei den beiden anderen Nordic-Oil-Fonds aus, deren Quellen mehr als nur die operativen Kosten erwirtschaften würden.
Woher kommt das Geld?
Dass Fonds und andere Beteiligungsvehikel trotz bescheidener Förderergebnisse und Ölpreis-Crash ihre Anleger noch pünktlich auszahlen, ist verwunderlich. Bei ECI argwöhnt Peter Kastell vom Branchendienst „FondsMedia“, dass Geld aus alten Fonds in neue umgeschichtet wurde. Ein Manager einer Online-Vertriebsplattform mit Sitz in Berlin, die ECI-Beteiligungen verkauft, kommt zum selben Schluss. ECI bestreitet dies kategorisch.
Auffällig ist, dass die Mehrzahl aller ECI-Fondsgesellschaften laut Geschäftsberichten keinen bilanziellen Gewinn abgeliefert hat. ECI kontert, die Beteiligungsergebnisse könne man nicht aus den Bilanzen herauslesen. Der Jahresüberschuss ergebe sich aus der Gewinn-und-Verlust-Rechnung. ECI sei nicht verpflichtet, diese Rechnung zu veröffentlichen. Anleger tappen weiter im Dunkeln.
„Die Bilanz eines geschlossenen Fonds ohne Gewinn-und-Verlust-Rechnung ist ein ideales Instrument zur Verschleierung schlecht laufender Geschäfte“, sagt der Koblenzer Graumarktexperte Heinrich Bockholt. Jahresfehlbeträge könnten sofort gegen das Eigenkapital in der Bilanz gebucht werden, ohne dass man sie als Verluste aus der Beteiligung ausweise.
Woher kommen die Ausschüttungen?
Beim Fonds „Nordic Oil USA 1“ sieht die Bilanz besonders düster aus. Laut Geschäftsbericht waren Ende 2009 noch neun Millionen Euro Eigenkapital verbucht. Knapp drei Jahre später weist die Fondsbilanz nur noch etwa fünf Millionen Euro aus. Nordic führt die Differenz auf Abschreibungen, Aufwendungen und Ausschüttungen zurück. Der Fonds habe bis zu 40 Prozent des angelegten Geldes an Anleger ausgeschüttet, Überschüsse „aus gefördertem und verkauftem Erdöl sowie aus dem Verkauf von Konzessionen“.
Ausschüttungen wirken sich in der Bilanz eines geschlossenen Fonds aber nur dann negativ auf das Eigenkapital aus, wenn der Fonds an die Anleger ausschüttet, ohne Gewinne zu machen. Abschreibungen gehen ebenfalls zulasten des Eigenkapitals. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Fonds Überschüsse erwirtschaftet hat, ist demnach gering.
Auch beim Fonds-Initiator Texxol aus Buchholz nahe Hamburg sind die Zahlen alarmierend. Laut Geschäftsbericht von Ende 2013 ist Texxol überschuldet, das Eigenkapital negativ. Texxol-Inhaber Sönke Harrsen sagt, das Unternehmen könne weitergeführt werden, es habe stille Reserven: Öl- und Gasvorkommen, die noch im Boden sind und die das US-Beratungsunternehmen Cawley Gillespie & Associates auf 5,1 Millionen Euro taxiert.
Hartwiegs Erben
Was bei Öl- und Gasbeteiligungen im schlimmsten Fall schiefgehen kann, zeigt die Pleite des Emissionshauses NCI New Capital Invest. Es wurde von Malte Hartwieg, Eigentümer des Finanzvertriebs Dima24, gelenkt. Viele NCI-Fonds, die in Öl und Gas investiert haben, sind pleite. Hartwieg bekam im Sommer 2014 Besuch von der Staatsanwaltschaft, die sein verzweigtes Firmenreich mit einer groß angelegten Razzia auseinandernahm und wegen des Verdachts auf Kapitalanlagebetrug ermittelt. Hartwieg hat die Vorwürfe stets bestritten.
Seine Nachfolger beim Finanzvertrieb Dima24 trommeln derzeit für Namensschuldverschreibungen von ECI. Zwar weist Dima24 auf den „Sturzflug“ des Ölpreises hin, wirbt aber mit neun Prozent Ausschüttung pro Jahr, abgesichert durch 5,1 Milliarden Euro Unternehmenswert. Wie Dima24 auf die fünf Milliarden kommt, bleibt zweifelhaft.
Noch weiter gingen ECI-Vertriebler in einer Werbemail, die der WirtschaftsWoche vorliegt. „Das Family Office der Familie Hopp“, heißt es da, habe „eine Investmentzusage von 300 Millionen Dollar unterschrieben“. Stimmt alles nicht, lassen die Anwälte von Dietmar und Daniel Hopp mitteilen, die Angabe sei schlicht falsch. Wie so manches bei ECI und Konsorten.