Tanken und Heizen werden wohl auf absehbare Zeit günstig bleiben. Auf dem Treffen der zwölf Opec-Staaten in Wien konnten sich die Ölförderländer trotz des jüngstens Preisverfalls nicht auf eine Kürzung ihrer Produktion einigen. „Wir wollen abwarten, wie sich der Markt entwickelt“, erklärte der Generalsekretär der Organisation erdölexportierender Länder (Opec), Abdalla El-Badri, am Donnerstag nach der mit Spannung erwarteten Sitzung.
Die Opec will ihr bisheriges Förderziel von 30 Millionen Barrel am Tag beibehalten, wie El-Badri mitteilte. Die Reaktion am Ölmarkt kam prompt: Die Preise für Rohöl rutschten auf den tiefsten Stand seit mehr als vier Jahren. US-Rohöl kostete erstmals seit Juni 2010 weniger als 70 Dollar je Fass (159 Liter). Ein Barrel der Nordseesorte Brent kostete zeitweise unter 75 Dollar. Das ist der tiefste Stand seit September 2010.
Schon vor der Konferenz kamen die Preise weiter ins Rutschen, nachdem der mächtigste Opec-Staat Saudi-Arabien sich gegen eine Förderkürzung aussprach. Auf der Tagung zeigte sich das Kartell tief gespalten. Dabei standen sich Befürworter von Förderkürzungen und die Gegner gegenüber. Vor allem das stark von Öleinnahmen abhängige Venezuela hatte sich für Kürzungen ausgesprochen, um den Preisverfall zu stoppen. Am Ende setzten sich jedoch die einflussreichen Golfstaaten um den größten Opec-Produzenten Saudi-Arabien durch, die sich bereits im Vorfeld gegen Kürzungen ausgesprochen hatten.
Heizöl in Deutschland günstig wie lange nicht mehr
Das derzeitige Opec-Förderziel von 30 Millionen Barrel täglich besteht seit Dezember 2011. Seit längerem wird es jedoch deutlich überschritten. Zusammen mit dem Schieferölboom in den USA und der konjunkturbedingt schwachen Ölnachfrage war dadurch ein deutliches Überangebot am Markt entstanden. Seit Juni waren die Preise für Rohöl stark gefallen. „Wir haben keinen Zielpreis“, erklärte El-Badri.
Das Ölkartell liefert derzeit rund ein Drittel des weltweiten Erdöls. Die Organisation besitzt rund drei Viertel der Reserven.
Die deutsche Abhängigkeit von russischem Gas und Öl
Deutschland kann aus eigenen Quellen gut zehn Prozent seines Bedarfs decken. Der Rest wird überwiegend aus Norwegen (gut ein Viertel) und den Niederlanden (knapp ein Fünftel) geliefert. In unterirdischen Speichern wird im Regelfall der Bedarf für mindestens zwei Monate vorgehalten. Russland ist somit größter Lieferant beider Brennstoffe für Deutschland. Beim Gas bezieht auch die EU insgesamt rund ein Viertel ihres Verbrauchs aus Russland.
Die Hälfte des russischen Gases nimmt den Weg über die Ukraine. Da beide Länder schon häufig über Preise, Transitgebühren und Lieferungen stritten und zeitweise die Versorgung unterbrochen war, wurden in Europa Alternativen gesucht. So wurde die Pipeline Nord Stream, die von Russland über den Ostseegrund direkt nach Deutschland führt, gebaut. Sie ist nicht ausgelastet und könnte weiteres Gas aufnehmen, sollte über die Ukraine nicht mehr geliefert werden. Daneben strömt ein großer Teil des Brennstoffes auch über die Jamal-Pipeline über Weißrussland und Polen nach Deutschland.
Ein weiterer Weg wäre der Import von flüssigem Erdgas etwa aus dem Nahen Osten über Tanker nach Deutschland. In der Bundesrepublik gibt es aber kein Terminal zum Entladen. Auch eine Einfuhr etwa über Rotterdam spielt kaum eine Rolle.
Gas wird in Deutschland zum Heizen, für die Industrie und die Stromherstellung gebraucht. Letztere hat im Zuge der Energiewende an Bedeutung verloren, da die Kraftwerke durch Ökostrom-Anlagen verdrängt werden.
Daran ändert auch der Druck auf die Gaspreise weltweit nichts. Zwar steigt der Energiehunger in China und Indien. Auf der anderen Seite aber hat der Boom der Schiefergas-Gewinnung, dem sogenannten Fracking, die USA von Importen unabhängig gemacht. Das Land will nun sogar Gas ausführen. Auch die Ukraine wollte das Potenzial von Schiefergas nutzen und sich unabhängiger von Russland machen. Das erste Projekt zur Schiefergasförderung wurde Anfang 2013 zwischen der ukrainischen Regierung, dem Konzern Royal Dutch Shell und dem ukrainischen Partner Nadra geschlossen. Es geht um eine Fläche von der Größe des Saarlands. Der russische Gasmonopolist Gazprom hatte sich angesichts der Fracking-Konkurrenz zuletzt verstärkt bemüht, den Absatz nach Westeuropa zu sichern.
Russland ist auch Deutschlands größter Öllieferant. An Position zwei und drei liegen Großbritannien und Norwegen mit jeweils um die zehn Prozent. Auch Libyen, Nigeria und Kasachstan spielen ein Rolle. Gespeichert wird in Deutschland Öl für den Bedarf von mindestens 90 Tagen.
Der größte Teil des russischen Öls kommt über die Pipeline Druschba (Freundschaft) über Weißrussland und Polen ins brandenburgische Schwedt. Ein zweite Leitung führt über das Gebiet der Ukraine.
Öl wird als Treibstoff, für die Chemie, aber auch in vielen anderen Grundstoff-Industrien benötigt. Auch als Heizöl wird es in Deutschland oft eingesetzt. Der Preis ist nach jahrelangem Anstieg auf dem Weltmarkt etwas zurückgegangen. Die EU und Deutschland versuchen sich über den Einsatz von Biokraftstoffen und Elektroautos langfristig unabhängiger von Erdöl zu machen. Die Abhängigkeit bleibt aber für die kommenden Jahrzehnte hoch.
Die fallenden Ölpreise machen das Heizöl in Deutschland so günstig wie seit langem nicht mehr. Erstmals seit mehr als vier Jahren kosteten 100 Liter Heizöl am Donnerstag weniger als 70 Euro. Das Internet-Portal des Messtechnik-Herstellers Tecson ermittelte einen bundesweiten Durchschnittspreis von 69,20 Euro. Auch die Kraftstoffpreise sind so niedrig wie seit langem nicht mehr.
Die USA als weltgrößter Energieverbraucher hatten ihre Ölproduktion zuletzt deutlich ausgeweitet. Saudi-Arabien hat daraufhin Anfang November US-Kunden überraschend einen Sonderrabatt gewährt. Experten gingen davon aus, dass der Golfstaat dadurch Marktanteile sichern wollte.
Wie schwer der Preisverfall die Ölförderer trifft, zeigt das Beispiel Russland. „90 Milliarden bis 100 Milliarden Dollar verlieren wir, weil der Ölpreis um 30 Prozent gefallen ist“, hatte kürzlich Russlands Finanzminister Anton Siluanow erklärt.