Prozessfinanzierung Renditechancen dank Klagen mit Kalkül

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Gewinnprognosen?

Der Rückgang illustriert das Hauptrisiko der Branche: Große Finanzierer wie Burford oder Bentham übernehmen Fälle meist erst bei über zehn Millionen Dollar Streitwert. Gehen mehrere Verfahren verloren, schlägt das schnell auf das Ergebnis durch. Zwar sichern die Finanzierer teilweise die bei einer Gerichtsniederlage entstehenden Kosten mit speziellen Versicherungen ab, doch selbst dann bleibt ein Risiko. So war es bei Bentham: Der größte Verlust im Geschäftsjahr 2015 entstand, als Bentham und die südafrikanische National Potato Cooperative einen seit 2009 laufenden Rechtsstreit gegen die Wirtschaftsprüfer von PricewaterhouseCoopers um angeblich mangelhafte Bilanzprüfung verloren.

Die deutlich kleinere Foris schreibt im Halbjahresbericht, dass eine Gewinnprognose angesichts „der hohen Ergebnisvolatilität des Bereiches Prozessfinanzierung“ nicht möglich sei. An den guten Geschäftsaussichten von Bentham sollten die Rückschläge aber nichts ändern, sodass Anleger die niedrigen Kurse zum Einstieg nutzen können.

Anders ist es bei dem auf der Kanalinsel Guernsey angesiedelten Fonds Juridica Investments – mit über 200 Millionen Dollar Kapital durchaus eine Branchengröße. Der börsennotierte Fonds kündigte nach mehreren Gerichtspleiten im November an, keine neuen Verfahren mehr zu finanzieren.

Jahresrenditen von teils über 100 Prozent, wie sie Prozessfinanzierungsfonds erzielen, sind mit hohen Risiken verbunden. Die Fonds, wie die britischen Harbour Litigation Funds mit einem finanzierten Streitwert von knapp 3,5 Milliarden Euro, stehen daher nur vermögenden Anlegern offen. Sie können Verluste wegstecken. Auch die Anlagevehikel von US-Prozessfinanzierern wie Parabellum oder Gerchen Keller setzen hohe Mindestinvestments von 100.000 Dollar und mehr voraus. An Kapital mangelt es nicht: Allein Gerchen Keller verfügt über 1,4 Milliarden Dollar.

Das wurde 2015 aus 100.000 Euro
Ukraine Quelle: dpa
Brasilien Quelle: dpa
Ölverschmierte Hände Quelle: dpa
Aktien Griechenland Quelle: dpa
Magere Schweine Quelle: dpa
Kaffee Quelle: dpa
Atomkraft Quelle: dpa

Ein seit November 2014 aktives Internetportal, Lexshares aus den USA, will einen simpleren Zugang bieten. Lexshares lockt mit einer jährlichen Rendite von immer noch sagenhaften 50 Prozent, die Anleger in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt erzielt hätten. Registrierte Investoren können in vorgestellte Verfahren beliebig viel investieren, ab 2500 Dollar. Erst wenn genug Geld zusammengekommen ist, geht es los. Mit dieser Finanzierung im Schwarm (Crowdsourcing) sammeln auch Start-ups bei einer breiten Anlegerschar Geld ein. Doch Lexshares setzt gemäß den Regeln der US-Finanzaufsicht SEC hohe Einstiegshürden: Investoren müssen ein jährliches Einkommen von über 200.000 Dollar oder ein flüssiges Vermögen von über einer Million Dollar haben.

Finanzieren Investoren nur einen einzigen Rechtsstreit, ist ihr Risiko extrem. Unterliegt der von ihnen finanzierte Kläger, kann ihr Geld weg sein. „Das ist eher Zockerei unter Juristen“, sagt Nicolas Egger, der in der Schweiz auch Prozessfinanzierungsinvestments vermittelt. Zumal Verfahren Jahre laufen: Burford Capital etwa hatte Ende 2014 erst 63 Prozent der 2010 finanzierten Prozesse beendet.

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