Quellensteuer Anlegen in den USA kann teuer werden

Weil deutsche Banken keine Einigung mit US-Behörden erzielten, wird auf bestimmte Finanzprodukte für den US-Markt eine saftige Steuer fällig.

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Übermächtig: US-Behörde IRS Quelle: AP

Für einige Anleger startete das Jahr mit einer faustdicken Überraschung. Bestimmte Wertpapiere konnten sie nicht mehr kaufen: Zertifikate zum Beispiel, mit denen sie auf US-Aktien spekulieren können, wie Apple, wertvollster börsennotierter Konzern der Welt.

Wie es dazu kam? Die US-Steuerbehörde IRS führte Anfang Januar eine neue Vorschrift ein. Normalerweise bekommen Anleger so etwas nicht zu spüren. Hinter den Kulissen der Finanzmärkte ändern sich schließlich ständig irgendwelche Regeln.

Diesmal war das anders. Deutsche Anbieter von Zertifikaten mussten die Notbremse ziehen und den Verkauf einiger Produkte stoppen. Für die Anbieter ein Geschäftsverlust. Für Anleger eine Einschränkung.

Wie die Deutschen ihr Geld anlegen
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Die Suche nach den Gründen führt weit zurück, ins Jahr 2010, und ins Dickicht der weltweiten Steuerregeln. Damals verankerte die US-Steuerbehörde einen Absatz im Steuergesetz, mit dem sie vermeiden wollte, dass professionelle Investoren die Kapitalertragsteuer an der Quelle, also in den USA, umgehen können. Der Paragraf mit dem kryptischen Namen 871(m) regelte fortan die Besteuerung von Erträgen, die ausländische Anleger in bestimmten Aktientauschgeschäften als Ersatz für eine Dividende von US-Konzernen gezahlt bekommen. Deutsche Privatanleger betraf das noch nicht.

US-Vorgaben nicht zu erfüllen

Doch im September 2015 erweiterte die Behörde den Passus: Von 2017 an würden auch dividendenähnliche Erträge besteuert, die ausländische Anleger mit Derivaten auf US-Aktien erzielen. Darauf war die deutsche Finanzbranche nicht vorbereitet. Sie versuchte über ein Jahr lang die US-Behörden zu überzeugen, eine Ausnahme für den deutschen Markt zu genehmigen. Ohne Erfolg. Jetzt schauen Anleger in die Röhre: Sollen es Derivate sein, haben sie keinen günstigen Zugang mehr zum US-Markt.

Unter die betroffenen Derivate fallen Zertifikate, Schuldverschreibungen also, die deutsche Emittenten wie die Deutsche Bank, die Commerzbank oder ausländische Institute wie BNP Paribas, Citigroup oder Vontobel ausschreiben. Diese Schuldverschreibungen verbriefen die Kursentwicklung eines Wertpapieres, etwa der Apple-Aktie. Anleger, die solch ein Zertifikat kaufen, investieren nicht in die US-Unternehmen, sondern kaufen einen Schuldschein einer deutschen Bank. Dieser Schein ahmt den jeweiligen Aktienkurs nur nach.

Schütten US-Unternehmen wie Apple eine Dividende aus, können Emittenten diese Erträge in den Preis der Zertifikate einrechnen. Und damit betraf der neue Paragraf plötzlich auch deutsche Anleger.

„Erstmals wird hier eine amerikanische Quellensteuer auf ein Papier erhoben, das gar nicht aus den USA stammt“, sagt Michael Port, Steuerexperte bei der Terminbörse Eurex. Dort gehandelte Indexprodukte und Futures auf US-Aktien, also Terminkontrakte, mit denen sich Anleger verpflichten, künftig eine bestimmte Anzahl an Aktien zu kaufen, könnten ebenfalls unter die neue Vorschrift fallen.

Trotz des langen Vorlaufs fanden die Banken in Deutschland keine Lösung, die US-Vorgaben zu erfüllen: Die Behörden dort wollen nämlich zu jedem Verkaufszeitpunkt eines Derivates wissen, für welchen Anleger wann welcher Anteil Quellensteuer abgeführt wurde. Das können die deutschen Derivateemittenten aber gar nicht sagen. Emittenten wissen zwar, ob ihr Produkt Dividenden berücksichtigt und wie es die Kursentwicklung widerspiegelt. Aber sie wissen nicht, wer ihre Zertifikate kauft. Lediglich Broker und Depotbanken haben Einblick in die Anlegerkonten. Sie dürfen dem Emittenten aber nicht mitteilen, welcher Anleger welches Papier hält. Somit können weder Broker noch Emittenten den US-Behörden lückenlos mitteilen, wer welche Steuer abgeführt hat. Versäumen sie es, drohen ihnen Strafen aus den USA. Und Institute, die eine Zulassung zum Handel mit Finanzprodukten in den USA besitzen, könnten die Lizenz verlieren. Deshalb entschieden sich die Emittenten zum Jahresstart für den Verkaufsstopp der US-Zertifikate. Anleger, die vorher gekaufte Papiere besitzen, können diese zumindest an die Emittenten verkaufen.

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