Rally beim Dax? Die nächsten Tage sind entscheidend

Der Leitindex legt eine Verschnaufpause ein. Viele Anleger glauben dennoch, dass die Kurse weiter steigen. Eine exklusive Umfrage zeigt: Sicher ist das nicht – die Entscheidung darüber fällt schon innerhalb weniger Tage.

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Zwei Plastikbullen als Symbol für steigende Kurse stehen an der Frankfurter Börse vor dem Dax-Chart: Anleger erwarten, dass die Kurse bald wieder steigen. Quelle: dpa

Zum Jahresauftakt hielt Börsenexperte Stephan Heibel einen „heftigen Ausverkauf im Dax ohne ein entsprechendes Ereignis für sehr unwahrscheinlich“. Vielmehr könnten die Kurse bald wieder nach oben klettern, prognostizierte er am vergangenen Montag.

Das Ergebnis der zurückliegenden Handelswoche: Mit einem Plus von einem Prozent gelang dem deutschen Börsenbarometer ein positiver Start in das neue Handelsjahr. Das war Anfang 2016 noch anders. Damals erlebten die Anleger im Januar einen regelrechten Crash, als der Leitindex innerhalb weniger Wochen von 10.500 auf 8700 Zähler rutschte.

Seine Dax-Prognosen leitet Heibel, Inhaber des Analysehauses Animusx, aus der wöchentlichen Handelsblatt-Umfrage Dax-Sentiment unter mehr als 2300 Anlegern ab. Zusätzlich wertet er weitere Indikatoren aus.

Die Daten der aktuellen Umfrage zeigen: Von einer Trump-Rally ist kaum noch die Rede. Nur noch 27 Prozent sehen den Dax derzeit in einem Aufwärtsimpuls. 43 Prozent (plus fünf Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche) hingegen gehen von einer Seitwärtsbewegung aus. In dieses neutrale Lager sind vor allem pessimistisch gestimmte Anleger übergelaufen, die in den hohen Kursen zum Jahreswechsel noch eine Topbildung erkennen wollten. Inzwischen gehen nur noch 23 Prozent (minus fünf Prozentpunkte) von einer Topbildung aus, also einem Ende steigender Kurse. „Die Stimmung unter den Anlegern ist damit zum Jahresauftakt ein wenig besser geworden, notiert aber in neutralem Bereich“, fasst Heibel zusammen.

Die defensive Haltung aus der Umfrage Ende Dezember zeigt sich auch diese Woche noch: Mit 80 Prozent betrachten die meisten Anleger die Dax-Entwicklung der vergangenen Handelstage als mehr oder weniger im Rahmen ihrer Erwartungen. Nur 14 Prozent haben auf den Anstieg spekuliert, sechs Prozent wurden auf dem falschen Fuß erwischt.

Eine wichtige Änderung gab es bei der Erwartung. Nach dem freundlichen Jahresauftakt gehen nun 29 Prozent (plus vier Prozent gegenüber der Vorwoche) von weiter steigenden Kursen in drei Monaten aus. Nur noch jeder Vierte fürchtet einen Ausverkauf – minus fünf Prozentpunkte. Eine Seitwärtsbewegung erwarten 30 Prozent.

Damit ist der Zukunftsoptimismus deutlich gewachsen. Der ist wichtig für Verschnaufpausen, damit sich keine Abwärtsdynamik entwickeln kann. Sollten die Kurse fallen, wird bei einem hohem Zukunftsoptimismus in der Regel frühzeitig gekauft. Eine kurzzeitige Verschnaufpause oder auch eine längerfristige Korrektur endet in solchen Fällen meistens schnell.

Steigendes Kaufinteresse

Entsprechend der höheren Zuversicht steigt auch das Kaufinteresse. Knapp jeder Vierte (plus fünf Prozentpunkte) möchte in den kommenden zwei Wochen Aktien zukaufen, nur jeder Fünfte (minus zwei Prozentpunkte) will verkaufen. Mit 56 Prozent will weiterhin die Mehrzahl vorerst abwarten.

Ein Blick auf das Sentiment der Stuttgarter Börse Euwax, das auf realen Trades mit Hebelprodukten auf dem Dax basiert, zeigt ein großes Volumen an Absicherungsgeschäften der Privatanleger an. Sie haben in großem Umfang sogenannte Shortprodukte gekauft, die bei fallenden Kurse an Wert zulegen.

„Hoher Zukunftsoptimismus und umfangreiche Absicherungen bedeuten: Anleger wollen zwar die Rally mitnehmen, aber aufgrund der Erfahrungen vor einem Jahr nicht ohne Sicherheitsnetz balancieren“, interpretiert Heibel die Situation. Das hohe Volumen an Absicherungen bedeutet aber auch: Bei steigenden Kursen würden diese Shortderivate schnell an Wert verlieren und die Anleger zwingen, zu verkaufen. Das würde die Rally weiter anheizen.

In den USA zeigt der „Angst-und-Gier-Index“ des Börsenbarometers S&P 500 mit 70 Prozent mäßige Gier an. Dieser Index wird anhand von technischen Marktdaten ermittelt. Die Investitionsquote der institutionellen Anleger bleibt unverändert hoch bei 99,4 Prozent. US-Privatanleger werden zunehmend „bullisch“, inzwischen bereits zu 46 Prozent.

Für Heibel haben Anleger die Feiertage genutzt, um ein wenig Abstand von der Börse zu bekommen. Nun kehren sie zuversichtlich zurück und schauen nach Gelegenheiten, günstige Aktien ins Depot zu holen. „Dabei ist der plötzlich ansteigende Zukunftsoptimismus für mich überraschend, denn es gab wenige Meldungen, die für diesen Optimismus Anlass gaben“, so der Sentimentexperte.

Trump dürfte die Richtung bestimmen

Vielleicht hätten die Gespräche über die Feiertage bei manchem Anleger das schreckliche Bild des designierten US-Präsidenten Trumps, das von vielen Medien gezeichnet wird, relativiert. Immer mehr Menschen würden nun auch die Chancen sehen, die in dem rigorosen Vorgehen Trumps liegen würden.

„Wir müssen nun beobachten, wie lange die Verschnaufpause anhält“, erläutert der Animusx-Inhaber Heibel. Für einige Tage gäbe es ausreichend Zukunftsoptimismus, um fallende Kurse frühzeitig aufzufangen. Doch je länger die Verschnaufpause dauere, desto schwächer würde der anschließende Kursanstieg ausfallen.

„Schlimmer noch: Dauert die Verschnaufpause zu lange, so dass irgendwann alle optimistischen Anleger gekauft haben, dann könnten die Kurse irgendwann nach unten durchsacken“, erläutert er. „Ich vermute, das ist eine Frage von Tagen, in einer Woche wissen wir mehr.“

Vermutlich dürften die weiteren Aktionen von Donald Trump die Richtung bestimmen. Verzettele er sich weiter in Richtung Veränderung von „Obamacare“, der US-Krankenversicherung, und den Kommentaren zu den Berichten des US-Geheimdienstes CIA, dann könnte die derzeit positive Grundstimmung kippen. Finde er jedoch rechtzeitig seine Konjunkturthemen wie die Rückholung unversteuerter Unternehmensgewinne aus dem Ausland (Repatriation), Steuererleichterungen und Infrastrukturprogramm wieder, könnte die Rally nach Ansicht von Heibel eine „zweite Luft erhalten“.

Die Handelsblatt-Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online. Einfacher haben es Leser, die sich für eine kostenlose Erinnerungsmail eintragen. Sie erhalten automatisch eine Mail mit der Bitte, an der Umfrage teilzunehmen, und eine, wenn die Experten-Auswertung auf Handelsblatt Online zu lesen ist.

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