Risiko-Anleihen Wetten auf Firmenpleiten

Unternehmens-Bonds von Air Berlin bis Yioula Glass haben bis zu 70 Prozent verloren. Mutige Anleger wie Börsenguru Frank Lingohr machen mit ausfallgefährdeten Papieren selbst bei möglichen Konkursen noch ansehnlichen Gewinn. Wie Anleger mit Anleihen antizyklisch investieren.

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Vermögensverwalter Frank Lingohr Quelle: Presse

Aktionäre kennen die Strategie: „Wir werden ängstlich, wenn die anderen gierig sind, und gierig, wenn die anderen ängstlich sind“, hat Star-Investor Warren Buffett sie einst auf den Punkt gebracht. Buffett kauft Aktien, wenn an der Börse schlechte Nachrichten dominieren und die Kurse im Keller sind. Er steigt aus, wenn gute Nachrichten aus Konjunktur und dem Unternehmen den Kurs seit geraumer Zeit treiben und Analysten sich mit Kaufempfehlungen überbieten. Antizyklische Investoren werden Buffett und seine Nachahmer deshalb oft genannt.

Ihre Idee: Wenn eine Aktie überall zum Kauf empfohlen wird, haben die meisten Investoren schon gekauft, die künftige kurstreibende Nachfrage ist begrenzt. Lässt die Börse ein Papier links liegen, können aber schon wenige gute Nachrichten einen Nachfrageboom entfachen.

Studien haben die Überlegenheit des antizyklischen Investierens an den Aktienmärkten belegt – unter einer Bedingung: „Als Antizykliker haben Sie dauerhaft nur Erfolg, wenn Sie zwischenzeitliche Rückschläge aushalten und notfalls ein paar Jahre bei der Stange bleiben können“, sagt Vermögensverwalter Frank Lingohr, der mit seinen Fonds selbst als bekennender Buffett-Jünger mit antizyklischem Verhalten seit vielen Jahren überdurchschnittliche Renditen erzielt.

Diagramm: Meist überschaubare Verluste Quelle: Fitch, Bloomberg

Weniger bekannt ist der antizyklische Ansatz unter Anleiheinvestoren. Dabei funktioniert er tadellos. Auch Bonds werden an der Börse gehandelt, zu einem schwankenden Kurs – wenn auch ihre Notierungen in der Regel weniger stark variieren als die der Aktien. Schließlich winkt am Ende der Laufzeit der Papiere die volle Rückzahlung. Der Kurs nähert sich also seinem Ausgabepreis wieder an. Der liegt immer bei 100 Prozent – Anleihen werden anders als Aktien nicht in Euro, sondern in Prozent notiert. Wer für 1000 Euro eine Anleihe zu einen Kurs von 100 Prozent erwirbt, zahlt 1000 Euro. Dazu kommt noch ein Zinsaufschlag, den der Verkäufer für die bereits bis zur nächsten Zinszahlung aufgelaufenen Anleihezinsen erhält, der sogenannte Stückzins.

Während ihrer Laufzeit können auch Anleihen deutlich von ihrem Rückzahlungskurs von 100 Prozent abweichen – etwa dann, wenn das allgemeine Zinsniveau steigt. Neue Anleihen werden dann zu einem höheren Zinssatz ausgegeben, bereits gehandelte Papiere mit niedrigerem Zinskupon verlieren relativ an Wert. Größten Einfluss auf den Kurs aber haben die Unternehmenszahlen. Signalisieren sie Pleitegefahr, stürzen Anleihekurse in den Keller – Anleger fürchten, dass sie ihre 100 Prozent nicht zurückbekommen.

Für wagemutige, antizyklisch investierende Anleger bietet dies Chancen. Verbessert sich die Situation des Unternehmens, kann ein Anleihekurs ohne Weiteres auch wieder von 60 auf 100 Prozent steigen. Derzeit ist eine Reihe an Papieren, vor allem die von Mittelständlern, auf 50 oder gar 35 Prozent ihres Ausgabekurses gefallen. Entsprechend ist ihre jährlich Rendite gestiegen – bis auf 15, 37 oder 48 Prozent.

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