"Wir schildern Szenarien hinsichtlich Ertragschance und möglichem Verlust und überprüfen, womit sich der Kunde wohl fühlt und ob er schon bei kleinen Verlusten nervös wird", erläutert Czysch. Ganz ähnlich den zahlreichen Online-Tests klopfen die Bankberater Risikoverhalten und Neigung anhand von was-wäre-wenn-Fragen ab. "Aus dem Risikoprofil, seinen Anlagezielen, den Wünschen und dem finanziellen Hintergrund ergibt sich dann das Gesamtbild", bestätigt Czysch. Dementsprechend werden die Kunden einer von vier Kategorien zugeordnet, für die die Bank auch entsprechende Anlagestrategien parat hat: von stabilitätsorientiert bis hin zu chancenorientiert. Diese vier Klassen gibt es - wenn auch unter anderen Namen - bei jedem Finanzberater und bei jeder Bank. Nur wenige Häuser nutzen sechs Klassen.
Typ | Anlageziel | Anlagezeitraum |
sicherheitsorientiert | stetige Wertentwicklung, sichere Ertragserwartung | 6 Monate und länger |
konservativ | Höhere Erträge, mögliche Kursgewinne | 3 Jahre und länger |
gewinnorientiert | Kapitalzuwachs | 5 Jahre und länger |
chancenorientiert | Überdurchschnittlich hohe Ertragserwartungen | 10 Jahre und länger |
Daraus resultiert allerdings keine Kaufempfehlung im Sinne von "Schatzbriefe für Typ I, Pennystocks für Typ IV. Und auch konkrete Produkte - Daimler-Aktien, Optionsscheine auf Kaffee - können so pauschal nicht empfohlen werden. "Grundsätzlich ist in jeder Anlagestrategie eine breite Streuung der Geldanlage wichtig, die verschiedene Anlageklassen und Länder berücksichtigt", so Ulrich Sponer, Leitung des Anlagemanagements bei der Commerzbank.
10 Tipps für Börseneinsteiger
Bevor ein potentieller Anleger zum ersten Mal Aktien kauft, sollte er sich Gedanken darüber machen, welches Ziel er mit der Geldanlage verfolgt und für welchen Anlegertyp er sich hält. Wenn mit den Aktien später die Altersvorsorge aufgestockt oder das Studium der Kinder finanziert werden soll, muss an der Börse eine andere Taktik angewendet werden, als wenn es um kurzfristige Gewinne geht. Die grundlegende Frage ist: Sind Sie auf den Betrag angewiesen und investieren deshalb lieber mit möglichst geringem Risiko oder können Sie eventuelle Verluste verschmerzen und renditestärkere aber auch riskantere Papiere kaufen?
Wer die Frage nach der eigenen Risikoneigung mit "no risk, no fun!" beantwortet, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er zwar sehr viel gewinnen, aber auch sehr viel verlieren kann. Für den Anfang schadet es nicht, auf eine langfristige Strategie zu setzen und die Entwicklungen an den Märkten zu beobachten. Kleine Zockereien für den Nervenkitzel sind dann im Verlustfall besser zu verschmerzen. Nach dem Geckoschen Leitsatz "Greed is good" sollten Börsenneulinge nicht handeln.
Was eine Aktie ist und wie sie funktioniert, dürfte jedem klar sein. Wer sein Depot auch mit Anleihen und Zertifikaten füllen möchte, sollte nur in Produkte investieren, die er auch versteht. Wer nur auf die Renditeversprechen hört und Produkte kauft, deren Vor- und Nachteile, beziehungsweise Funktionsweisen er nicht begreift, fällt über kurz oder lang auf die Nase.
Bevor Sie ein Depot eröffnen, vergleichen Sie die Gebühren der Banken. Je höher die Gebühren sind, desto geringer fällt die Rendite nachher aus. Direktbanken haben im Regelfall günstige Konditionen und bieten kostenlose Depots an.
Anleger sollten ihr Geld - und damit auch ihr Risiko - zumindest am Anfang möglichst breit streuen. Verteilen Sie Ihr Geld auf verschiedene Märkte wie Rohstoffe und Energie, sowie auf Aktien, Fonds und Anleihen.
Wer seinem Portfolio Fonds oder Zertifikaten beimischt, sollte auch innerhalb dieser Anlageklassen auf eine gute Mischung achten. Fondsanbieter und deren Produkte lassen sich online schnell vergleichen. Wer nicht nur in ein oder zwei Gesellschaften investiert, ist auf der sicheren Seite.
Besonders wichtig ist, dass Sie sich Zeit nehmen für Ihre Geldanlage und Ihr Depot regelmäßig überprüfen: Welche Anlageinstrumente haben sich wie entwickelt? Ist es Zeit, das Depot umzuschichten, oder läuft alles in meinem Sinne?
Bei der Überprüfung des Depots sollte man sich immer mal wieder fragen: Würde ich diese Aktie oder diesen Fonds heute noch kaufen? Lautet die Antwort ja, behalten Sie das Produkt. Sind Sie von der Qualität nicht mehr überzeugt, wird es Zeit zum Verkauf.
Entwickelt sich eine Aktie oder ein sonstiges Produkt nicht so, wie geplant, sollten Sie nicht zögern, es zu verkaufen. Sogenannte Stopp-Loss-Orders, also Untergrenzen, bei denen verkauft werden soll, können hilfreich sein. Das bietet sich insbesondere dann an, wenn man den Kurs nicht permanent selbst im Auge behalten kann oder will.
Grundsätzlich gilt: Verlieren Sie nicht die Nerven. An der Börse gibt es Kursschwankungen, Aktienkurse können unerwartet einbrechen. Das sollte aber kein Grund sein, den Kopf zu verlieren. Panische und unüberlegte Deals kosten meist mehr Geld als die Abwärtstrends.
Er empfiehlt, auf eine Mischung aus festverzinslichen Wertpapieren, Aktien - besonders Bluechips - und Immobilieninvestments zu setzen. "Risikofreudige Anleger sollten auch auf Rohstoffinvestments nicht verzichten, stabilitätsorientierte Anleger sollten diese aber nur zu einem sehr geringen Teil beimischen", sagt der Experte.
So funktioniert der Rohstoffhandel
Bei einem Future-Contract kauft der Investor Rohstoffe nicht an regulären Märkten zu aktuellen Preisen sondern handelt auf Terminmärkten wie der deutsch-schweizerischen EUREX, der Chicago Mercantile Exchange (CME) zu der die Chicago Board of Trade (CBoT) gehört oder der London International Financial Futures Exchange (LIFFE). Hier wird der jeweilige Rohstoff zu einem Termin in der Zukunft gekauft. Der Investor bestellt beispielsweise im Februar Kakao, der im Juli geliefert werden soll.
Spot-Geschäfte mit ihren kurzen Erfüllungsfristen sind das Pendant zu den Terminmärkten. Zwischen Bestellung und Lieferung liegen maximal zwei Börsentage. Der Spot-Preis ist dementsprechend der Preis, den Händler kurzfristig für den jeweiligen Rohstoff zahlen beziehungsweise erzielen. Bei Kassa-Preis dagegenhandelt es sich um den aktuellen Preis von Finanztiteln.
Die Costs of Carry bei Rohstoffen setzen sich beispielsweise aus Lager- und Speditionskosten zusammen. Der Wert eines Future-Kontrakts besteht aus dem Kassa-Preis, also dem bei Vertragsabschluss herrschendem aktuellen Kakaopreis, und den Costs of Carry. Deshalb liegen die Future-Preise bei Termingeschäften anfangs meist über den Kassa-Preisen. Wenn ein Investor im März Kakao für Dezember bestellt, entstehen schließlich Lagerkosten für neun Monate. Er zahlt also den aktuellen Preis plus die Lager- und Speditionskosten. Der Händler kann die Lagerkosten aber über die neun Monate hinweg abschreiben - je näher der Liefertermin rückt, desto stärker nähert sich der Future-Preis dementsprechend wieder dem Kassa-Preis an.
Der Nearby-Future ist der Rohstoff-Kontrakt mit der kürzesten Fälligkeit. Das Gegenteil, also der Future-Kontrakt mit der längsten Laufzeit, heißt dagegen Most-Distant-Futures-Contract.
Wer direkt in Rohstoffe investieren will, kauft statt einer Aktie oder eines Zertifikats einen Future-Kontrakt mit einer bestimmten Laufzeit und einem Erfüllungszeitpunkt. Der Erfüllungszeitpunkt ist nichts anderes als der Liefertermin. Das heißt, wer ein Kakao-Future mit einer Laufzeit bis Juli 2013 kauft, bekäme im Juli 2013 auch die gekaufte Menge Kakao geliefert.
Ursprünglich ging es bei Warentermingeschäften schließlich um den Kauf physischer Rohstoffe. Mittlerweile sind viele der Kontrakte Spekulationsgeschäfte. Wer nur Geld verdienen und nicht auf zig Tonnen Kakao sitzen möchte, muss also vor Ende der Laufzeit seinen Kontrakt verkaufen und einen neuen mit einem späteren Liefertermin kaufen. Dieser Vorgang nennt sich rollen.
Beim Rollen können Anleger sowohl Gewinne als auch Verluste machen: Wer seinen alten Kontrakt günstig verkauft und den neuen Kontrakt teuer kauft, erwirtschaftet eine negative Rollrendite, macht also Rollverluste. Verkauft er dagegen teuer und kauft billig, fällt die Rollrendite positiv aus, er macht Rollgewinne.
Bei einer Contango-Situation ist der Spot-Preis geringer als der ausgemachte Preis bei Fälligkeit des Future-Kontrakts. Wenn ein Anleger seinen Vertrag in so einer Situation weiterverkauft und in einen Most-Distant-Futures-Contract investiert, kann er Gewinne abgreifen. Wer dagegen bei niedrigem Spot-Preis und hohem Terminpreis seine Kontrakte abstößt und Kontrakte mit nächstmöglicher Lieferzeit kauft (Nearby-Futures) riskiert Verluste.
Das Gegenteil von Contango ist eine Backwardation.
Bei der Bachkwardation-Situation liegt der Preis der Future-Kontrakte unter denen am Kassamarkt. Der Anleger verkauft also vor Liefertermin seinen Kontrakt bei aktuell hohem Preis und kann günstig einen den Nearby-Future erstehen. Er verbucht also Rollgewinne.
"Der Anleger sollte sich bei der Suche nach der richtigen Anlagestrategie stets fragen, was Risiko für ihn bedeutet", sagt Sponer. Gerade im aktuellen Niedrigzinsumfeld bestehe ja nicht mehr nur die Gefahr der negativen Wertentwicklung, also beispielsweise des Kursverlustes bei Aktien. "Aktuell besteht auch das Risiko, dass die Geldanlage nicht die Inflationsrate erwirtschaften kann und somit ein realer Vermögensverlust eintritt", so Sponer. So ist das heimische Sparschwein zwar unglaublich sicher, das Geld darin wird aber immer weniger Wert. Gleiches gilt für viele andere konservative Geldanlageformen auch.