Blackrock-Chef Larry Fink erklärte im Februar, die gesamte Branche der Vermögensverwalter stehe vor großen Übernahmen. Blackrock werde sich aber nur mit geringen Summen beteiligen. Dieser Schritt ist jetzt wohl gemacht. „Scalable ist unser Partner für den gesamten europäischen Markt“, teilt Blackrock mit.
Die Branche sieht im Einstieg von Blackrock einen Paradigmenwechsel, obwohl beide Partner betonen, dass der Einstieg keinen Einfluss auf die Produktauswahl für Privatkunden haben soll. „Mit der Beteiligung bereitet Blackrock sich darauf vor, seine Produkte auch direkt an Endkunden zu vertreiben“, sagt Oliver Vins, Gründer vom deutschen Robo-Advisor Vaamo. „Bislang war das eine rote Linie, die die Vermögensverwalter nicht überschritten haben, um die Banken als Kunden nicht zu vergraulen. Es ist eine Machtdemonstration, dass Blackrock seine bisherigen Vertriebspartner umgehen könnte.“
Blackrock hält dagegen. Man wolle die Technologie von Scalable nutzen, um den eigenen Firmenkunden digitale Lösungen anzubieten. Wie das gehen kann, hat Scalable auch ohne Blackrock-Beteiligung 2016 bereits bewiesen: Der hauseigene Finanzvermittler von Siemens bietet den Angestellten über die Scalable-Plattform neue Möglichkeiten für den Vermögensaufbau.
Ganz neu wäre diese Strategie nicht. „Mit der Übernahme von Scalable kopiert Blackrock jetzt das, was sie mit Future Advisor vor zwei Jahren in den USA gemacht haben“, sagt Oliver Bussmann, auf Fintechs spezialisierter Berater, der früher als IT- und Innovationschef bei der UBS gearbeitet hat. 2015 hatte Blackrock den US-Robo Future Advisor geschluckt. Zwar nutzt der für seine Kunden neben iShares-ETFs bislang noch Produkte der Konkurrenten Vanguard oder State Street. Und doch sagt Bussmann: „Der Robo-Advisor wird so künftig zur Vertriebsplattform. Blackrock versucht mit einer aggressiven Strategie seine Produkte unterzubringen.“
Tatsächlich stecken die ETF-Anbieter bereits in einem knallharten Preiskampf. Vanguard und Lyxor bieten auf die gleichen Aktienindizes oft günstigere ETFs als Blackrock. Einen ETF auf den MSCI-World-Index bekommen Anleger bei Lyxor zum Beispiel für 0,3 Prozent Gebühr im Jahr, iShares verlangt 0,5. Der Chef des US-Robo-Advisors Wealthfront, Andy Rachleff, sagte kürzlich, dass er Blackrock-ETFs für seine Kunden meide. Zu teuer. „Wir suchen Partner, die mit ganzem Herzen daran interessiert sind, Kosten für unsere Kunden zu senken.“
Nicht nur verbal muss Blackrock einstecken. Während der Konzern im vergangenen Jahr zwar mehr Geld der Anleger verwaltete, schrumpften sowohl Umsatz als auch Gewinn gegenüber dem Vorjahr. Im Herbst begann Blackrock die Preise für einen Teil seiner ETFs in den USA zu senken und machte in Deutschland weiter. Ein iShares-ETF auf den US-Index S&P 500 kostet jetzt nur noch 0,07 Prozent, statt wie zuvor 0,40.
Die Robo-Advisors könnten in diesem Konkurrenzkampf zum Schauplatz werden. Denn auch Blackrocks Konkurrenten Vanguard und Charles Schwab bieten auf dem US-Markt bereits eigene automatisierte Vermögensverwalter. Und das sehr erfolgreich: Charles Schwab verwaltete mit seinem Robo im vergangenen Jahr mehr als zwölf Milliarden Dollar. Scalable soll Blackrock nun wenigstens in Europa die Marktführerschaft ermöglichen.
Die Robos wollten ein Problem der klassischen Vertriebsmodelle umgehen: den Interessenkonflikt, der entsteht, wenn etwa Fondsanbieter Geld an Berater zahlen, damit die ihr Produkt verkaufen. Doch genau an der unabhängigen, einzig auf Kundeninteressen ausgerichteten Auswahl der Anlageprodukte kommen nun Zweifel auf. „Ein digitales Angebot garantiert leider nicht, dass alles fair, transparent und ohne Interessenkonflikte abläuft“, sagt Salome Preiswerk, Gründerin des Robos Whitebox. „Mit dem Markteintritt traditioneller Anbieter finden einige Unarten auch wieder Eingang in die digitale Welt: teure Angebote mit versteckten Kosten und das Pushen eigener Produkte.“ Immerhin: Die meisten Robo-Advisors werben zumindest damit, dass sie keine Zahlungen von Partnern erhalten.