Warum ist das so?
Weil die Wahrscheinlichkeit, dass in zwölf Monaten unvorhersehbare, gravierende Dinge geschehen, die den Markt in eine bestimmte Richtung treiben, recht groß ist. Bei zehn Jahren gibt es natürlich auch solche Ereignisse, aber in der langen Frist halten sie sich die Waage – das heißt, es ist sehr wahrscheinlich, dass sich positive und negative Ereignisse ausgleichen. Deshalb können wir mit relativ hoher Überzeugung sagen: Über die nächsten zehn Jahre steigen die Aktienmärkte in den Industrieländern im Schnitt um etwa sieben Prozent. Aber wir können mit weitaus geringerer Trefferwahrscheinlichkeit sagen, wo der Dax am Jahresende 2016 steht. Deshalb verwenden wir bei Sal. Oppenheim zur Steuerung unserer Portfolien nur Prognosen für den kommenden Monat.
Die fatale Beziehung zwischen Karstadt-Quelle und der Sal. Oppenheim
Madeleine Schickedanz erhöht ihren Anteil an Karstadt-Quelle mit einem ersten Kredit von Sal. Oppenheim
Zweiter Millionenkredit an Schickedanz
Sal. Oppenheim gibt Schickedanz über eine Tarngesellschaft in der Schweiz einen weiteren Kredit von 380 Millionen Euro für die Übernahme der Mehrheit an dem Handelskonzern. Einige Gesellschafter und Josef Esch bürgen persönlich
Kursverfall des 2007 in Arcandor umgetauften Handelskonzerns. Das Risikomanagement der Bank fordert weitere Sicherheiten für die Kredite, die Bankführung ignoriert die Warnungen
September: Arcandor steht erstmals vor der Pleite, Sal. Oppenheim steigt als Großaktionär ein und gibt einen Rettungskredit
März Der Ex-Telekom-Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick löst Thomas Middelhoff als Arcandor-Chef ab
Juni Arcandor meldet Insolvenz an
August Die Deutsche Bank und Sal. Oppenheim beginnen Verhandlungen über eine Beteiligung
Oktober Die Deutsche Bank gibt die Komplettübernahme von Sal. Oppenheim bekannt
Dezember Matthias Graf von Krockow tritt als Chef zurück
Warum so kurzfristig?
Weil die Wahrscheinlichkeit, dass in 30 Tagen so ein gravierender Event auftritt, der uns in eine ganz andere Richtung bringt, weitaus geringer ist als in zwölf Monaten.
Trotzdem geben Sie solche Prognose ab.
Das ist für die Balustrade, sage ich immer. Die Journalisten wollen es wissen.
Die Leser auch.
(lacht) Die Leser vielleicht auch. Das hat einen gewissen Unterhaltungswert, aber keinen Informationsgehalt, auf dessen Basis man wirklich eine Anlagestrategie ausrichten sollte.
Wie lautet Ihre persönliche Prognose für 2016?
Das nächste Jahr wird sehr volatil. Das, was wir in diesem Jahr an Schwankungen gesehen haben, war schon außergewöhnlich. Und das wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit auch im nächsten Jahr fortsetzen. Diese Volatilität muss man sich zu Nutze machen, in dem man auch auf Anlagekonzepte abstellt, die Volatilität als Renditequelle nutzen – Optionsstrategien oder Zertifikate zum Beispiel. Volatilität als Renditequelle wird an Bedeutung gewinnen. Allerdings ist das nicht einfach zu managen. Dass die Märkte wesentlich komplexer werden, ist gut für professionelle Vermögensverwalter, denn „Do it yourself“ funktioniert nicht mehr.
Aufstieg und Niedergang von Sal. Oppenheim
Der 17-jährige Salomon Oppenheim gründet in Bonn ein Kommissions- und Wechselhaus.
Oppenheim verlegt den Sitz des Unternehmens nach Köln.
Die erste Krise: Nach Fehlinvestitionen in der Elektroindustrie wird die Bank in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. Die Disconto-Gesellschaft, damals die zweitgrößte deutsche Bank, steigt bei Oppenheim ein.
Die Gründungsgesellschafter sind wieder Alleineigentümer.
Die Bankiers müssen auf Druck der Nationalsozialisten das Institut umfirmieren in Pferdemenges & Co. Robert Pferdemenges war seit 1931 Teilhaber und entpuppte sich als Retter in der Not.
Das Bankhaus erhält seinen ursprünglichen Namen zurück.
Der Ururenkel des Gründers, Alfred Baron von Oppenheim, wird persönlich haftender Gesellschafter. Er baut die Vermögensverwaltung als zweite Säule neben dem Firmenkundengeschäft aus.
Die Oppenheim-Esch-Holding wird gegründet.
Der Bereich Firmenkredite wird zum Großteil aufgegeben.
Sal. Oppenheim steigt mit der Übernahme der BHF-Bank zur größten unabhängigen Privatbank Europas auf.
Sal. Oppenheim wird durch Kredite an die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz Großaktionär bei Arcandor. Die Pleite von Arcandor reißt Oppenheim in die Krise. Zudem fallen im Investment-Banking Verluste an.
Matthias Graf von Krockow und Carl Janssen schließen den Einstieg eines externen Investors aus. Doch dann wird das Institut an die Deutsche Bank verkauft. Der Deal ist 2010 besiegelt. Die Tradition von 220 Jahren als eigenständiges Geldhaus sind vorbei.
„Long only“, also kaufen und liegen lassen nach bester Manier des Anlage-Altmeisters Kostolany, hat ausgedient?
Alles, was sich an einen gängigen Marktindex eng anlehnt – im Extremfall ein ETF, der ihn 1:1 abbildet –, wird schwierig werden. Mit einem ETF kauft man sozusagen Beta, also die bloße Marktentwicklung. Wenn aber die traditionellen Anlageklassen wie Aktien und Renten nicht mehr so viel hergeben, das Beta also nicht mehr so groß ist, dann wird Alpha umso wichtiger.
Also die Überrendite, die Sie als Vermögensverwalter erwirtschaften …
Ja, die Mehrrendite durch aktives Management wird zukünftig wichtiger und deshalb wird sich in unserer Branche die Spreu vom Weizen trennen. Ich bin nicht grundsätzlich gegen ETFs, wir nutzen sie auch, um sehr schnell taktische Entscheidungen umzusetzen. Aber das eigentliche Grund-Portfolio muss zukünftig aktiv gemanagt werden. Viele Vermögensverwalter haben von den guten Märkten der vergangenen 30 Jahre profitieren können. Diejenigen, die nur mit dem Markt mitgeschwommen sind, werden jetzt aussortiert werden.