Schiffsfonds Hobby-Investor kämpft für seinen Gewinn

Wenn es bei Fonds zu Ungereimtheiten und Renditeeinbußen kommt, schauen viele Anleger hilflos und deprimiert zu. Die Fondsmanager von MPC bekommen es nun aber mit einem kämpferischen Hobby-Investor zu tun.

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Die Krise in der Schifffahrt hat die Anleger in Schiffsfonds Millionen gekostet. Quelle: dpa

Thilo Kistenbrügger will mehr – mehr Transparenz und mehr Geld. Er ist einer von etwa 7800 Anlegern, die in den MPC Flottenfonds III investiert haben. Insgesamt sind 270 Millionen Dollar im Spiel. Eigentlich könnte er sich glücklich schätzen, denn während andere Schiffsfonds in der Schifffahrtskrise reihenweise Pleite gegangen sind, hat sein Fonds nicht nur das Kapital der Anleger erhalten, sondern auch eine positive Rendite erzielt. Doch dieses Argument lässt Kistenbrügger nicht gelten. „Ein entgangener Gewinn ist auch ein Verlust“, sagt er.

Zunächst hatte der MPC Flottenfonds III mit seinen 14 Schiffen der sogenannten Starflotte wohl einiges richtig gemacht. Insbesondere der Festchartervertrag mit der Reederei Maersk dürfte seit der Auflage des Fonds im Jahr 2004 für Gewinne und Stabilität gesorgt haben. Während andere Fonds in der Schifffahrtskrise vergeblich nach Auftraggebern für ihre Schiffe suchten, konnte sich MPC auf die Vereinbarung mit Maersk verlassen. Bis 2016 sollte dieser Vertrag noch laufen. Doch im vergangenen Herbst präsentierte MPC in einem Schreiben die Möglichkeit eines vorzeitigen Vertragsendes inklusive Verkauf der Flotte. Die Anleger sollten darüber abstimmen.

Welche Ansprüche Anleger bei geschlossenen Fonds haben und wie sie ihr Geld retten können

Auch Kistenbrügger hatte damals für den Verkauf gestimmt. Er hatte seine Fondsanteile im August und September 2013 für etwa 30.000 Euro auf dem Zweitmarkt gekauft. „Von geschlossenen Fonds hatte ich bis dahin immer die Finger gelassen, das war mir zu riskant“, sagt er. Doch nach ausführlicher Lektüre des Prospekts und weiterer Unterlagen habe ihn dieser schuldenfreie Flottenfonds überzeugt: „Die Restlaufzeit war überschaubar, es gab einen Festchartervertrag und die Schrottpreise sind momentan recht hoch. Da kann nicht viel schiefgehen – dachte ich.“ Dass er ein gutes halbes Jahr später eine Anlegerinitiative anführen würde, war damals noch nicht abzusehen.

Aber noch mal von Anfang an: Ende Oktober 2013 kam ein Schreiben der TVP, der Treuhandgesellschaft für Gesellschafter des MPC-Fonds. Darin wurden drei Möglichkeiten für die Zukunft des Fonds benannt: Bei einem Laufzeitende im Jahr 2013 sollten die Anleger gemäß MPC-Prognose einen Gesamtrückfluss von 152,5 Prozent ihres Kommanditkapitals erhalten. Bei Laufzeitende 2016 sollten es 157,3 Prozent sein.

Daneben wurde noch die Möglichkeit genannt, dass Maersk eine Charterverlängerung sowie eine Kaufoption in Anspruch nehmen könnte. Käme es dazu, würde die Laufzeit erst 2020 enden und die Anleger hätten laut Prognose einen Gesamtrückfluss von nur 144,4 Prozent zu erwarten. Der Grund für den reduzierten Rückfluss: Maersk müsste nach Ablauf der Festcharter geringere Charterraten zahlen und hätte „nach Ausübung aller vier Verlängerungsoptionen die Möglichkeit, die Fondsschiffe für insgesamt 50 Millionen Dollar zu kaufen“, so die Erklärung im Anlegerschreiben.

Reeder fordert 50 Millionen Dollar


Der graue Markt trocknet aus
Die Feri EuroRating AG gehört zu den führenden europäischen Analysehäusern für die Bewertung von Kapital- und Immobilienmärkten, sowie Kredit- und Investmentrating. Seit 18 Jahren veröffentlicht Feri EuroRating Analysen zum Markt der geschlossenen Fonds in Deutschland. Die Studie erfasst Initiatoren und Beteiligungsmodelle, die die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zum Vertrieb zugelassen hat, und deckt dabei alle Asset-Klassen ab. Quelle: dpa
Im vergangen Jahr konnten Immobilienfonds ihren Anteil am Gesamtmarkt weiter ausbauen. 2012 flossen mit 54 Prozent über die Hälfte des platzierten Eigenkapitals in Immobilienfonds. 2011 waren es noch 49 Prozent. Trotz der Anteilsvergrößerung sammelten die Initiatoren geschlossener Immobilienfonds weniger Eigenkapital von privaten Anlegern ein, als noch vor zwei Jahren. Nach einem platzierten Eigenkapital von 2,83 Milliarden Euro 2011, sank dieses 2012 um 28 Prozent auf 2,03 Milliarden Euro. Das Fondsvolumen verringerte sich sogar um 33,2 Prozent.Übersicht: Eigenkapital 2012: 2,03 Milliarden Euro (- 27,9 Prozent) Fondsvolumen 2012: 3,22 Milliarden Euro (- 33,2 Prozent) Anteil am Gesamtmarkt 2012: 53,5 Prozent (2011: 49 Prozent) Quelle: dpa
Geschlossene Immobilienfonds mit deutschen Investitionszielen bildeten 2012 wieder das größte Segment. Von den 53,5 Prozent flossen 37 Prozent der Gelder in inländische Fonds. Allerdings zeigt sich auch hier eine Verringerung des platzierten Eigenkapitals. Im vergangenen Jahr sank es um 28,6 Prozent auf 1,41 Milliarden Euro. „Der Konzentrationsprozess in der Branche setzt sich fort und dürfte angesichts des neuen Kapitalanlagegesetzbuches, das im Juli 2013 in Kraft tritt, weiter anhalten“, erklärt Wolfgang Kubatzki, Mitglied der Geschäftsleitung der Feri EuroRating Services.Übersicht: Eigenkapital 2012: 1,41 Milliarden Euro (- 28,6 Prozent) Fondsvolumen 2012: 2,28 Milliarden Euro (- 32,7 Prozent) Anteil am Gesamtmarkt 2012: 37 Prozent Quelle: dpa
Ausländische Immobilienfonds konnten ihre Anteile ebenfalls ausbauen. Im vergangenen Jahr machten sie rund 16,5 Prozent des Gesamtmarktes aus. 2011 waren es noch 14,7 Prozent. Vor allem in den USA investieren die Fonds.Übersicht: Eigenkapital 2012: 0,63 Milliarden Euro (- 26,2 Prozent) Fondsvolumen 2012: 0,94 Milliarden Euro (- 34,5 Prozent) Anteil am Gesamtmarkt 2012: 16,5 Prozent (2011: 14,7 Prozent) Quelle: dpa
Neben Immobilienfonds konnten nur noch die Fonds aus dem Bereich „New Energy“ ihren Anteil am Gesamtmarkt vergrößern. Im Gegensatz zu den Immobilienfonds sowie den Fonds anderer Assetklassen verzeichneten die New Energy-Fonds im vergangenen Jahr darüber hinaus einen vergleichsweise geringen Rückgang beim platzierten Eigenkapital sowie beim Fondsvolumen. Übersicht:Eigenkapital 2012: 0,72 Milliarden Euro (- 1,0 Prozent) Fondsvolumen 2012: 1,43 Milliarden Euro (- 11,8 Prozent) Anteil am Gesamtmarkt: 18,9 Prozent (2011: 12,7 Prozent) Quelle: dapd
Spezialitätenfonds gehören zu den größten Verlieren gemessen an der Veränderung des platzierten Eigenkapitals. Über 40 Prozent nahmen diese Fonds, die aus Rohstoff-, Wald-, Game- und Mischfonds zusammengebaut werden, von den privaten Anlegern ein. Auch der Marktanteil verringerte sich im vergangenen Jahr.Übersicht: Eigenkapital 2012: 0,47 Milliarden Euro (- 43,4 Prozent) Fondsvolumen 2012: 0,62 Milliarden Euro (- 41,5 Prozent) Anteil am Gesamtmarkt 2012: 12,4 Prozent (2011: 14,4 Prozent) Quelle: dpa
Der Ausstieg aus dem Fondsgeschäft mit Schiffsbeteiligungen der Commerzbank im vergangenen Jahr zeigt, wie es um die Schiffsfonds steht. 2012 waren nur noch wenige Anleger bereit, ihr Geld in diesen Fondtypen zu investieren. Auch der Marktanteil sank im Vergleich zum Jahre 2011 signifikant. Übersicht:Eigenkapital 2012: 0,18 Milliarden Euro (- 61,6 Prozent) Fondsvolumen 2012: 0,47 Milliarden Euro (- 52,2 Prozent) Anteil am Gesamtmarkt 2012: 4,7 Prozent (2011: 8,0 Prozent) Quelle: dapd

„Die Fondsgesellschaft empfiehlt daher, die aktuelle Chance zu ergreifen und die Schiffe kurzfristig zu veräußern“, hieß das Fazit. Andernfalls bestehe „aufgrund des grundsätzlichen Betriebsrisikos die Gefahr, dass bei gleichzeitig längerer Laufzeit geringere Rückflüsse als angenommen erwirtschaftet würden“. Die Argumentation der Fondsgesellschaft scheint die meisten Anleger überzeugt zu haben. Laut Protokoll der schriftlichen Gesellschafterversammlung wurde für 73 Prozent des Kommanditkapitals eine Stimme abgegeben, rund 99 Prozent stimmten für die Beendigung der Charter.

So weit, so gut. Die Mehrheit hatte gesprochen, Maersk würde einen Betrag von 39 Millionen Dollar an MPC zahlen, auf die Verlängerungs- und Kaufoption verzichten und für den Verkauf der Schiffe einen Bruttopreis von 126 Millionen Dollar garantieren. Doch neben dem Abstimmungsergebnis erhielten die Anleger mit einem Schreiben im Januar noch eine andere Information: Der Vertragsreeder E.R. Schifffahrt – Mitgesellschafter und für die Bemannung der Schiffe zuständig – habe „die Geltendmachung von Schadenersatz und höherer Vergütung wegen des Verkaufs der Schiffe“ angekündigt.

Das machte Thilo Kistenbrügger bereits stutzig, aber noch sah er keinen Anlass zum Handeln. Immerhin wurde in dem Schreiben auch versichert: „Die Fondsgeschäftsführung ist der begründeten Überzeugung, dass solche Ansprüche nicht bestehen.“
Ende April – gut dreieinhalb Monate später – sieht alles ganz anders aus. Inzwischen ist bekannt: Der Reeder E.R. fordert vom MPC Flottenfonds III eine Vergütung in Höhe von 50 Millionen Dollar und will mit einer einstweiligen Verfügung die Wirksamkeit des Beschlusses anfechten und damit die Auszahlung des Geldes an die Anleger stoppen. Zwar wurde diese einstweilige Verfügung am 7. Mai vom Landgericht Hamburg wieder aufgehoben (Az.: 401 HKO 3/14). Aber das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und E.R. hat angekündigt, es vom Oberlandesgericht prüfen zu lassen.

Doch damit nicht genug, inzwischen hat sich auch beim Fonds etwas getan: Im selben Schreiben, in dem die Treuhandgesellschaft TVP über die konkrete Forderung von E.R. informiert, ruft sie auch zu einer erneuten Abstimmung auf, der Beschluss über die Kündigung des Chartervertrages und den Verkauf der Schiffe soll noch einmal in einem schriftlichen Verfahren bestätigt werden. „Als ich das gelesen habe, war mir klar: Da stimmt was nicht“, sagt Kistenbrügger. Bestärkt wird dieser Verdacht durch eine Stellungnahme, die E.R. zu dem Anlegerschreiben des MPC Flottenfonds III am 27. April veröffentlicht hat.

Nur zwei Tage später war die Initiative von Thilo Kistenbrügger geboren. Denn die Stellungnahme hat es in sich: „Anleger wurden im Schreiben vom 29. Oktober 2013 eindeutig nicht wahrheitsgemäß und vollständig über alle relevanten Sachverhalte und Rahmenbedingungen für die eingeforderte Beschlussfassung informiert“, heißt es da. Und: „Bestimmte Kosten und Nachteile für die Anleger bleiben weiterhin unerwähnt, Risiken werden heruntergespielt und die MPC-seitigen wirtschaftlichen Vorteile von Nebenabreden werden verschwiegen.“

„Ich fühle mich über den Tisch gezogen“

Die größten Reedereien der Welt
Platz 10Kapazitäten zum Transport von 509.065 Standardcontainer hat die Reederei Mitsui O.S.K Lines nach Angaben des Branchendienstes Alphaliner am 1. November 2012. Das sind drei Prozent Weltmarktanteil. Damit landet das japanische Unternehmen auf dem zehnten Platz der größten Reedereien der Welt. Foto: die Alligator Bravery im Hafen von Oakland, Kalifornien. Quelle: AP
Platz 9CSCL Die Reederei China Shipping Container Lines mit Sitz in Schanghai verfügt über eine Flotte von über 150 Schiffen. Am 1. November 2012 hatte sie Platz für 554.607 Standardcontainer, was etwas über drei Prozent Weltmarktanteil bedeutet. Das bringt in der Rangliste der größten Reedereien den neunten Platz. Foto: Der Containerriese „CSCL Europe“.
Platz 8Die American President Lines (APL) konnte am Stichtag 577.143 Standardcontainer gleichzeitig bewegen und belegt damit den achten Platz des Rankings. Das Unternehmen ist eine Tochter der Neptune Orient Lines (NOL) aus Singapur. Foto: APL Terminal am Hafen von Los Angeles.
Platz 7Mit einem Transportvolumen von 578.114 geht die Reederei Hanjin Shipping auf dem siebten Platz vor Anker. Das Unternehmen sitzt in Seoul und gehört mit weiteren Unternehmen wie der Fluggesellschaft Korean Air zur Hanjin Group. Die Schiffe von Hanjin fahren hauptsächlich zwischen Ostasien, Europa und der Westküste der USA. Foto: Das Containerschiff „Hanjin Cairo“.
Platz 6Das Hamburger Logistikunternehmen Hapag-Lloyd entstand 1970 aus einer Fusion der Reedereien Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (Hapag) und Norddeutscher Lloyd aus Bremen. Mit einer Kapazität von 636.214 Standardcontainern landet die Reederei auf dem sechsten Platz. Foto: Containerschiff Hamburg Express von Hapag-Lloyd am Terminal Hamburg-Altenwerder.
Platz 5Auf Position fünf des Rankings: Die Reederei Cosco beziehungsweise Coscon mit Sitz in Peking besitzt am 1. November 2012 dem Branchendienst Alphaliner zufolge eine Kapazität von 719.652 Standardcontainer. Das sind über vier Prozent Weltmarktanteil. Das Unternehmen ist im Besitz der Volksrepublik China. Foto: Ein Cosco Container im Terminal des Hafens von Hongkong.
Platz 4Mit 734.845 Containern Kapazität schafft es Evergreen Line auf Position sieben. Noch zum Jahresanfang hatte die Reederei drei Plätze weiter hinten in den Top Ten rangiert. Die Evergreen Group setzt sich aus fünf Unternehmen zusammen: Evergreen Marine Taiwan, Italia Marittima, Evergreen Marine UK, Evergreen Marine Hong Kong und Evergreen Marine Singapore. Die Schiffe der Flotte tragen übrigens alle auch den Zusatz „Ever“ im Namen. Foto: Evergreen Containerschiff am Hafen von Los Angeles.

„Als Anleger fühle ich mich über den Tisch gezogen“, sagt Kistenbrügger. Die Vermutung: MPC habe durch den Flottenverkauf zusätzliche Vorteile erhalten, plane jedoch keine Weitergabe dieses Geldes an die Anleger. Laut E.R. könnte es sich um eine zusätzliche Summe von mindestens 78 Millionen Dollar handeln. „Für mich persönlich könnte es um einen Betrag von rund 50.000 Euro gehen“, sagt Kistenbrügger. Kein Wunder also, dass in dem 30-Jährigen der Kampfgeist geweckt wurde.

MPC-Fondsmanager Christian Born weist die Vorwürfe zurück. „Es wurden mit Maersk keinerlei Rechtsgeschäfte abgeschlossen, die zu irgendwelchen wirtschaftlichen Nachteilen der Anleger des Starflottenfonds geführt haben“, sagt Born gegenüber Handelsblatt Online. „Der Versuch von E.R. Schifffahrt, hier einen Zusammenhang zu konstruieren, dient ausschließlich dazu, unbegründet eine Provision in Höhe von 50 Millionen Dollar aus dem Verkauf der Starflottenschiffe abzuzweigen, ohne dafür auch nur irgendeine Gegenleistung erbracht zu haben.“

Kistenbrügger hatte sich zunächst im Internet-Forum der Treuhandgesellschaft TVP mit anderen Betroffenen ausgetauscht. „Keiner wollte etwas unternehmen, deshalb habe ich das selbst in die Hand genommen“, erklärt er. Und damit meint er nicht nur ein eigenes Forum, das inzwischen unter www.av-starflotte.org zu finden ist, sondern auch das Engagement eines Anwalts.

Für dessen Honorar ist Kistenbrügger zunächst selbst in Vorleistung gegangen, hat inzwischen aber schon Unterstützung erhalten. Etwa 70 Anleger haben sich nach Angaben des Initiators bereits in dem Forum angemeldet, zwei Drittel von ihnen sollen sich auch finanziell beteiligt haben.

Aber warum alles alleine machen: Hätten nicht auch Anlegerschützer wie beispielsweise die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) helfen können? „Die waren zu dem Zeitpunkt noch mit der Prüfung des Sachverhalts beschäftigt und ich wollte keine Zeit verlieren“, so Kistenbrügger. Und die Zeit drängt, denn die Abstimmung läuft nur noch bis zum 22. Mai. „Wenn bis dahin nicht 25 Prozent des Kommanditkapitals gegen die Bestätigung des Beschlusses gestimmt oder Widerspruch gegen die schriftliche Beschlussfassung eingelegt haben, wird es sehr viel schwieriger, mögliche Schadenersatzansprüche der Anleger geltend zu machen“, erklärt sein Anwalt, Matthias Steinfartz.

Um möglichst viele Anleger zu erreichen, hat Kistenbrügger inzwischen 2000 Personen angeschrieben, die gemeinsam einen Anteil am Kommanditkapital von 30 Prozent haben. „Die Namen und Wohnorte stehen im Handelsregister, TVP hat die Adressen nicht herausgegeben, deshalb habe ich sie mithilfe einiger Schüler und Studenten im Telefonbuch recherchiert“, so Kistenbrügger. Zeitweise habe er sich 20 Stunden am Tag mit dem Fonds beschäftigt. „Mir geht es vor allem darum, Transparenz herzustellen und für die Anleger ein zufriedenstellendes Ergebnis herbeizuführen“, sagt er.

Für Anleger mit Vollzeit-Job wäre ein solcher Zeitaufwand undenkbar. Dass Kistenbrügger so viel Arbeitszeit einsetzen kann, hat er seinem Status als Student zu verdanken. „Ich bin bereits Ingenieur und schreibe jetzt noch meine Diplomarbeit in Betriebswirtschaftslehre“, berichtet er. Wirtschaft und Geldanlage sind für ihn Beruf und Hobby zugleich. „Meine erste Aktie habe ich mit 14 Jahren gekauft und ich helfe immer gerne, wenn jemand Fragen zum Thema Geldanlage hat.“

Sein größtes Vorbild heißt Warren Buffett, seinen eigenen Investmentstil beschreibt er als eher vorsichtig und besonnen. „Ich gehe Risiken ein, die kalkulierbar sind. Außerdem ist mir wichtig, dass das Investment ethisch korrekt ist, also niemand übers Ohr gehauen wird.“

Jammern auf hohem Niveau?

Dreckschleudern auf See
Crown Princess Quelle: Pressebild
Emerald Princess Quelle: Pressebild
Ruby Princess Quelle: Pressebild
Voyager of the Seas Quelle: Pressebild
Navigator of the Seas Quelle: Pressebild
Adventure of the Seas Quelle: pinguino

Kein Wunder also, dass er auch von MPC Ehrlichkeit und Transparenz fordert. „Das Optimum wäre nun zunächst eine Aufhebung des schriftlichen Beschlussverfahrens“, sagt Anwalt Steinfartz. „Anschließend müsste ermittelt werden, ob es tatsächlich Nebenabreden zwischen Maersk und MPC gab und wie hoch der Verkaufspreis der Starflotte ohne diese Absprachen gewesen wäre“, so der Rostocker Fachanwalt für Kapitalmarktrecht. Um die Ansprüche der Anleger gebündelt durchzusetzen, könne dann auch eine Sammelklage in Frage kommen. „Zunächst habe ich aber nur von Herrn Kistenbrügger persönlich ein Mandat erhalten, für den weiteren Verlauf ist es jedoch denkbar, dass die Anleger einen Verein gründen und ich diesen vertrete“, erklärt Steinfartz.

Die Anlegerschützer der DSW unterstützen Kistenbrüggers Vorstoß. „Es ist sinnvoll, wenn sich Anleger austauschen und ihre Interessen bündeln – je mehr es sind, desto mehr Einfluss können sie ausüben“, sagt Dirk Unrau, Landesgeschäftsführer der DSW Hamburg und Schleswig-Holstein. „Inzwischen verweisen wir bei Anfragen auch auf das Forum“, sagt Unrau. „Dass MPC den Beschluss noch mal absichern will, macht schon skeptisch, umso mehr, als dies auf elektronischem Wege erfolgen soll“, so der Anlegerschützer. „Das sollten die Anleger in jedem Fall verhindern. Von der Fondsgesellschaft erwarten wir umfassende Auskunft und Transparenz über die Vorteile und Hintergründe des vorzeitigen Verkaufs.“

Fondsmanager Born erklärt die erneute Abstimmung so: „Wir wollen uns von den Anlegern insbesondere die Zustimmung einholen, sobald es rechtlich zulässig ist, die aus dem Verkauf vorhandene Liquidität in Höhe von rund 50 Millionen Dollar an die Anleger ausschütten zu können.“ Aktuell prüfe der Fonds „alle rechtlichen Möglichkeiten, um das Kapital der Anleger vor dem Zugriff der E.R. Schifffahrt zu sichern“. „Wenn es nach uns gehen würde, hätten wir die Anleger bereits vor Wochen vollständig ausgezahlt“, sagt Born. „Leider liegt dieses nun durch die aus unserer Sicht unbegründete rechtliche Eskalation der E.R. Schifffahrt nicht mehr in unserer Hand.“

Die Ereignisse der vergangenen Monate könnten auch Kistenbrüggers Berufswunsch beeinflussen. „Vielleicht werde ich ja auch mal Anlegerschützer“, überlegt er. Aber erst einmal muss er seine Diplomarbeit fertigstellen. „Es geht um Wettbewerbsvorteile und Unternehmensbewertung, im weitesten Sinne bleibe ich also dem Thema treu.“ Sollte er am Ende tatsächlich die erhofften zusätzlichen 50.000 Euro bekommen, hätte er mit seinem Investment eine enorme Rendite erzielt. „Jammern auf hohem Niveau“, werden andere Anleger wohl dazu sagen, die schon 2004 in den Fonds investiert oder zu ganz anderen Schiffsfonds gegriffen hatten. Doch Kistenbrügger bleibt dabei: „Auch ein entgangener Gewinn ist ein Verlust.“

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