Schweizer Gold-Referendum Booster für den Goldpreis?

Am kommenden Sonntag stimmen die Schweizer ab, ob die Schweizerische Nationalbank in Zukunft ein Fünftel ihrer Aktiva in Gold vorhalten muss. Sagen die Eidgenossen Ja zum Gold, dann müsste die Notenbank in Zürich tonnenweise Barren kaufen. Was das für Goldmarkt bedeutet.

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Gold und die Schweizerische Nationalbank Quelle: Bloomberg

Am 30. November entscheiden die Schweizer mit einer Volksabstimmung über die Neuausrichtung des Mandats der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Stimmt landesweit (Volksmehr) und in mindestens der Hälfte der 26 Kantone (Ständemehr) die Mehrheit für die sogenannte "Goldinitiative", dann darf die SNB in Zukunft kein Gold mehr verkaufen, muss die Goldreserven im eigenen Land verwahren und ist verpflichtet, stets mindestens 20 Prozent ihrer Aktiva in Gold vorzuhalten.

Die Initiatoren des Volksbegehrens, das auch die Verlegung der in Kanada und Großbritannien gelagerten Goldbestände in die Schweizer Heimat innerhalb von zwei Jahren erzwingen will, argumentieren, dass die Aufstockung der Goldreserven zum Erhalt des nationalen Wohlstands beitragen würde. Sie sehen die Milliarden schweren Euro-Ankäufe, mit denen die Notenbank den Schweizer Franken seit drei Jahren an einer Aufwertung hindert, mit Skepsis. Damit hat die SNB verhindert, dass der Franken im Zuge der Staatsschuldenkrise in der Euro-Zone unter 1,20 Franken pro Euro fällt und so die heimische Exportwirtschaft lähmt. Die Bilanz der Notenbank hat sich infolge der Interventionen um über ein Drittel ausgeweitet.

So steht es um die wichtigsten Edelmetalle

Faktisch bedeutete ein Ja zum Gold die Rückkehr zu einer teilweisen Golddeckung des Franken. Der Volksentscheid findet daher nicht nur bei den Schweizern große Beachtung, sondern international. Befürworter einer Abkehr vom ungedeckten Papiergeldsystem jubeln und erhoffen sich eine starke internationale Signalwirkung.

Renaissance für den Goldstandard

Der Ausgang des Rennens über die Rückkehr zur Golddeckung ist laut Umfragen aber noch offen. Ende Oktober fand die Initiative in einer ersten repräsentativen Umfrage für die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft SRG noch eine Mehrheit. Danach formierten sich die Gegner: Die Vorlage sei "brandgefährlich" und ein "fataler Denkfehler", stellten Politiker, aber auch SNB-Präsident Thomas Jordan fest.

Die Länder mit den größten Goldreserven
Platz 10: Indien Quelle: REUTERS
Platz 9: Die Niederlande Quelle: REUTERS
Platz 8: Japan Quelle: REUTERS
Platz 6: Schweiz Quelle: AP
Platz 7: Russland Quelle: dpa-tmn
Platz 5: China Quelle: dapd
Platz 4: Frankreich Quelle: dapd

Jordan sagte, eine Annahme der Goldinitiative "würde unseren geldpolitischen Handlungsspielraum in hohem Maße einengen." Die SNB sei nur dann voll handlungsfähig, wenn sie ihre Bilanz ohne Einschränkungen anpassen kann. Eine Annahme der Initiative würde es der SNB erheblich erschweren, in einer Krisenlage resolut einzugreifen und ihren Stabilitätsauftrag zu erfüllen, warnt der SNB-Präsident.

Inzwischen hat die Meinung gedreht: Nach der jüngsten SRG-Umfrage vom vergangenen Mittwoch (19.11.) lehnen 47 Prozent die Goldinitiative ab, nur noch 38 Prozent sind dafür. Entschieden ist damit aber noch nichts. Die Unentschlossenen werden zum Zünglein an der Waage.

Die wichtigsten Fakten zu Gold

Ebenso herrscht Uneinigkeit unter den Analysten, wie sich eine Annahme der Goldinitiative auf die Entwicklung des Goldpreises auswirkt. Denn dann müsste die Nationalbank 1500 Tonnen Gold kaufen. Bei einem Nein dürfte der Goldpreis jedenfalls kaum reagieren.

Einfluss auf den langfristigen Goldpreis ungewiss

Derzeit besitzt die SNB rund 1040 Tonnen Gold im Wert von 38,9 Milliarden Franken. Das Gesamtvermögen beträgt 522 Milliarden Franken. Dementsprechend macht die Goldquote – der Anteil Goldreserven an der Bilanzsumme der SNB –etwa 7,5 Prozent aus. Stimmen die Schweizer "Ja", müsste die Zentralbank also Gold für 65,5 Milliarden Franken kaufen. Das entspricht einer Goldmenge von 57,3 Millionen Unzen oder gut 58 Prozent des 2013 weltweit geförderten Goldes. Das ist kein Pappenstiel, selbst wenn die Initiative der SNB für die Zukäufe fünf Jahre Zeit einräumt.

Laut einer Studie der Deutschen Bank würden die über fünf Jahre gestreckten Käufe den Goldpreis wenig beeinflussen. Die SNB könnte zudem große Positionen abseits des Marktes von anderen Zentralbanken erwerben. Der langfristige Goldpreistrend bliebe so unberührt, es gäbe allenfalls kurzfristige Preiseffekte.

Diese Substanzen sind teurer als Gold
Platz 10: MethamphetaminKosten: 95 Euro pro Gramm Hoher Grammpreis, aber billig im Vergleich zu anderen Drogen: Unter dem Modenamen Crystal Meth gilt Methamphetamin heutzutage als am schnellsten zerstörende Droge überhaupt. Der Gebrauch führt unter anderem zu Karies und Zahnausfall. Quelle: dpa
Platz 9: KokainKosten: 470 Euro pro Gramm Kokain gilt als die Partydroge in besseren Kreisen. Besser Finger weg: Kokain hat ein hohes Abhängigkeitspotenzial. Quelle: dpa
Platz 8: LSDKosten: 2.300 Euro pro Gramm Lysergsäurediethylamid, kurz LSD genannt, ist in Deutschland ein nichtverkehrsfähiges Betäubungsmittel. Der unerlaubte Gebrauch ist strafbar. In zahlreichen anderen Ländern, wie den USA, ist die Droge verboten. Quelle: dapd
Platz 7: PlutoniumKosten: 3.150 US-Dollar pro Gramm Die Atombombe, die 1945 auf Nagasaki fiel, trug Plutonium als Spaltmaterial in sich. Außer militärischen Zwecken dient Plutonium auch der Energiegewinnung. Es entsteht aus dem Uran der Brennelemente in Atomkraftwerken.   Quelle: REUTERS
Platz 6: TaaffeitKosten: 2.000 bis 15.750 Euro pro Gramm Der irische Forscher Richrd Taaffe entdeckt den Edelstein bei einem Schmuckkauf 1945. Wegen seiner hohen Seltenheit dient er bis heute nur als Schmuckstück. Quelle: Rob Lavinsky, iRocks, Creative Commons, CC BY-SA 3.0
Platz 5: TritiumKosten: 23.616 Euro pro Gramm Tritium ist ein Nebenprodukt der Kernspaltung und kommt auf natürliche Weise nur in der Stratosphäre vor. Damit lassen sich in der Medizin bestimmte Substanzen markieren. Außerdem ist der Stoff fester Bestandteil von Atombomben. Quelle: dpa
Platz 4: DiamantenKosten: ein farbloser Stein von einem Karat kann über 50.000 Euro pro Gramm kosten Diamanten machen was her und sind der härteste natürliche Stoff der Welt. Ihr Aussehen macht sie zu Kostbarkeiten der Schmuckbranche, ihre Härte zu einem begehrten Schneidstoff in der Industrie. Quelle: AP

Das bezweifelt aber die Liechtensteiner VP Bank: Die Zentralbanken hätten in den vergangenen Jahren ihre Goldverkäufe massiv reduziert. Die SNB werde sich am Markt eindecken müssen. "Ein Ja am 30. November hätte wohl einen deutlichen Preisanstieg zur Folge", schreiben die VP-Analysten.

Nachahmer könnten Goldpreis Schub geben

Jörg Jubelt, Vermögensberater bei PMP in Düsseldorf, erwartet für diesen Fall Nachahmer: "Das würde nicht nur zu einem Nachfrageschub, sondern auch zu einer allgemein positiveren Marktmeinung gegenüber Gold führen. Beginnende Eindeckungen der SNB sollten weitere Käufer auf den Plan rufen."

Wie Anleger die Geldanlage Gold beurteilen

Die Bank of America schätzt, dass der Goldpreis auf bis zu 1350 Dollar steigen könnte, wenn die SNB sich auf dem Weltmarkt eindeckt. 1500 Tonnen seien immerhin gut 35 Prozent der jährlichen weltweiten Nachfrage.

Kurzfristig positiven Einfluss auf den Goldpreis könnten dagegen – auch nach Ansicht der Deutschen Bank - die künftigen Devisenmarktinterventionen der SNB haben. Derzeit setzt diese einen Mindestkurs von 1,20 Schweizer Franken pro Euro laut eigenen Angaben "mit aller Konsequenz" und der Bereitschaft zu unbeschränkten Devisenkäufen durch.

Es sieht ganz gut aus für einen Anstieg des Goldpreises

Künftig müsste sie bei einer Ausweitung ihrer Bilanz zusätzlich noch Gold kaufen, um die 20-Prozent-Golddeckung des Frankens einzuhalten. Die VP Bank meint wiederum, dass dieses Szenario die Bilanz der SNB so aufblähen werde, dass sie ihr Wechselkursziel in den nächsten Jahren aufgeben müsse. Die Deutsche Bank erwartet, dass die SNB künftig lieber zu Negativzinsen beim Franken greifen wird, um eine goldunterlegte Währung zu schwächen.

Für einen Anstieg des Goldpreise sieht es nach Auffassung diverser Marktbeobachter aber selbst dann ganz gut aus, wenn die Schweizer die Goldinitiative ablehnen.

Zehn kuriose Fakten über Gold
Gold ist essbarEine Bedienung serviert eine Currywurst mit Blattgold und Champagner. Auch Süßspeisen, edle Pralinen oder Gebäck werden gern mit Blattgold verziert. Einen Eigengeschmack hat Gold nicht.Quelle: Berliner Wirtschafts- und Finanzstiftung Quelle: dpa/dpaweb
Gold ist sehr gut formbarVon allen bekannten Metallen ist Gold dasjenige, das am besten dehn- und formbar ist - zugleich ist es sehr stabil. So kann aus nur einem Gramm Gold ein mehr als drei Kilometer langer Draht hergestellt werden, der dünner als ein menschliches Haar ist. Quelle: REUTERS
Früher waren Olympia-Medaillen aus GoldDie deutsche Skirennläuferin Maria Höfl-Riesch posiert mit zwei Medaillen, die sie bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi 2014 gewann. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Goldmedaillen noch aus massivem Gold. Heute sind sie nur noch vergoldet. Schuld sind die seit dem Jahr 1900 stark gestiegenen Goldpreise. Bei einem aktuellen Goldpreis von etwa 1172 Dollar wäre die 500 Gramm schwere Medaille rund 18.840 Dollar wert. Quelle: dpa
Deutsche sind Gold-FansDie Deutschen setzen auf Gold: Laut einer Studie, die der Edelmetallkonzern Heraeus bei der Berliner Steinbeis-Hochschule in Auftrag gegeben hatte, haben die Deutschen im Herbst 2014 mehr Gold in ihrem Privatbesitz als die US-Notenbank Fed eingelagert hat. Es sind etwa 8200 Tonnen. Quelle: dpa
Gold als HeilmittelSeit Jahrtausenden wird Gold in der Naturheilkunde eine heilende Wirkung zugeschrieben. Auch heute noch werden Gold-Spritzen oder -Tabletten zum Beispiel gegen Rheuma angeboten. Die Therapie kann aber zahlreiche Nebenwirkungen haben und erfordert eine intensive ärztliche Betreuung. Quelle: dpa
Das größte GoldnuggetHier ist das "Butte Nugget" zu sehen, eines der größten Goldnuggets, die je gefunden wurden. Noch größer war aber das Nugget "Welcome Stranger", das zwei Australier im Jahr 1869 fanden. Es maß zehn mal fünfundzwanzig Zentimeter. Quelle: AP
Warum ist Gold kein offizielles Zahlungsmittel mehr?Der damalige US-Präsident Richard M. Nixon verkündete am 15. August 1971, dass der US-Dollar nicht mehr in Gold eintauschbar sei. Von da an verwandelten sich die Währungen der Welt in nicht einlösbares Papiergeld, Gold war keine Währungsdeckung mehr. Die Schweiz war lange eine Ausnahme: Bis das Alpenland 1999 in den IWF eintrat, waren noch 40 Prozent jedes Schweizer Frankens durch Gold gedeckt. Quelle: AP

Laut Vermögensverwalter Ingo Schweitzer von der AnCeKa Vermögensbetreuung sprechen für einen Boden im Goldpreis auch die starken Käufe anderer Zentralbanken. Russland habe allein 35 Tonnen seit September gekauft, insgesamt 150 Tonnen seit Jahresbeginn. "Auch könnte es sein, dass die US-Notenbank die Zinsen doch etwas später anhebt, also erst Ende nächsten Jahres. Der Hauptgrund des Goldpreisverfalls war letztlich die Erwartung, dass die Zinsen in den USA steigen und somit die relativen Kosten, das renditelose Gold zu halten, steigen", so Schweitzer.

Seit Jahresanfang gestiegen

Markus Steinbeis von der Vermögensverwaltung Huber, Reuss und Kollegen sieht das ähnlich. "Nach der von Finanzinvestoren - überwiegend mittels Derivaten - ausgelösten Abwärtsbewegung erscheint der Wendepunkt nicht mehr allzu fern. Dafür sprechen Sentiment-Erhebungen sowie das technische Gesamtbild", sagt Steinbeis.

Für Anleger im Euroraum habe sich das Blatt sogar schon gewendet, denn in Euro gerechnet hat der Goldpreis bereits seinen Boden gefunden und ist seit Jahresanfang gestiegen. "Wer also heute sein Vermögen gegen systemische Risiken schützen will, sollte die aktuellen Goldpreise nutzen. Die Versicherung ist in den vergangenen drei Jahren billiger geworden, notwendig ist sie leider mehr denn je", ist sich Steinbeis sicher.

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