Schwellenländer Chancen bleiben trotz Kratzern am Image

Emerging Markets sind auf dem Rückzug. Immer mehr Anleger ziehen ihre Gelder aus Schwellenland-Fonds und -Aktien ab. Renditen können aber weiterhin erzielt werden – allerdings nicht ganz ohne jedes Risiko.

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DeutschlandDer deutsche Aktienmarkt ist im Mai heiß gelaufen. Der Dax erreichte ein neues Rekordhoch von 8557,86 Punkten. Seit Jahresbeginn ein Plus von 9,7 Prozent*. In den vergangen Wochen ging es allerdings wieder etwas abwärts.Kurs-Buch-Verhältnis: 1,54Kurs-Cash-Flow-Verhältnis: 6,5Kurs-Gewinn-Verhältnis: 11,9Dividendenrendite: 3,16Keppler-Urteil: Kaufen *Stand: 31.05.2013 (Quelle: Analysehaus Keppler) Quelle: dpa

Für die Märkte der Schwellenländer war der Mai ein Monat zum Vergessen. Die Währungen der aufstrebenden Staaten rutschten gegenüber dem Dollar auf das niedrigste Niveau seit Monaten, mitunter seit Jahren. Fonds mit dem Fokus auf Schwellenland-Anleihen verzeichneten zum ersten Mal in diesem Jahr Mittelabflüsse. "Die Saat des Zweifels wurde gesät, was die Entwicklung der Schwellenmärkte angeht", glaubt UBS-Stratege Manik Narain. Andere Experten verweisen jedoch auf die langfristigen Chancen, die sich in Emerging Markets bieten.

Nach Daten des Analysehauses EPFR Global zogen Anleger in der Woche zum 29. Mai unterm Strich 229 Millionen Dollar aus Schwellenland-Fonds ab. Aus Aktien-Fonds floss mit 2,9 Milliarden Dollar sogar so viel Geld wie seit Ende 2011 nicht mehr. Einige Investoren fürchten, dass Emerging Markets von dem sich abzeichnenden Aufschwung in den USA kaum profitieren werden, weil sich die weltgrößte Volkswirtschaft wieder stärker auf die Produktion im Heimatland konzentriert. Importe aus Schwellenländern könnten damit an Bedeutung verlieren.

Attraktiv blieben Staaten wie China oder Indien trotzdem, nachdem sie in den vergangenen zehn Jahren eine gewaltige konjunkturelle Entwicklung hingelegt hätten, sagt hingegen Susanne Hellmann, Geschäftsführerin von ING-Investment Management Germany. Zusammen mit Brasilien, Russland, Mexiko, Südkorea, Indonesien und Taiwan stünden sie heute für mehr als die Hälfte des globalen Wachstums. Hinzu kommt, dass auch die Staatsverschuldung und das Haushaltsdefizit vieler Länder vergleichsweise moderat ausfallen, wie Franz Kaim vom Vermögensverwalter Vertiva erklärt.


Schwachstelle Währungsrisiko bei Lokalanleihen

Neben dem Klassiker Staatsanleihen rücken Unternehmensbonds zunehmend ins Blickfeld der Investoren. Über 70 Prozent der Firmenpapiere aus Schwellenländern verfügten inzwischen über eine gute Bonitätsnote (Investment Grade), sagt Hellmann. Viele Konzerne aus Schwellenländern seien heute global aufgestellt und ausgerichtet. Bei Bonds, die in der jeweiligen Lokalwährung und nicht in Euro oder Dollar (Hartwährungen) ausgegeben werden, sei die Chance auf Rendite besonders groß, meint die ING-Expertin. Sie werfen im Schnitt zwischen fünf und sieben Prozent ab, Corporate Bonds in Hartwährungen zwischen drei und sechs Prozent.

Für den Renditeaufschlag sorgt vor allem das Währungsrisiko, das Lokalbonds mit sich bringen. Wie schnell Devisen der Schwellenländer in eine Abwertungsspirale geraten könnten, hätten erst die vergangenen Wochen wieder gezeigt, sagt Robert Hall, Portfoliomanager von MFS Investment Management. "Der Dollar hat aufgrund der Spekulationen auf ein baldiges Ende der ultralockeren Geldpolitik in den USA an Stärke gewonnen und darunter litten natürlich die Lokalwährungen der Schwellenländer." Allein der mexikanische Peso und der brasilianische Real büßten in den vergangenen vier Wochen fast sieben Prozent an Wert ein, der chilenische Peso sechs Prozent.

Genauso können Anleger mit Lokalwährungsbonds aber auch vom langfristigen Aufwertungspotenzial der Währungen aus den aufstrebenden Ländern profitieren. Bei konjunkturell starken Staaten wie China habe das Währungsrisiko inzwischen sicherlich abgenommen, meint Hellmann von ING. "Vorsichtig muss man weiterhin bei kleineren Staaten wie etwa Korea sein."


Reformen machen mexikanische Bonds interessant

Gute Renditechancen bieten aus Sicht vieler Marktbeobachter zum Beispiel mexikanische Bonds: "Seit Präsident Enrique Pena Nieto das Ruder übernommen hat, weht ein frischer Wind durch das Land", sagt Hall von MFS. "Zahlreiche Reformen wurden eingeleitet, die das Investitionsklima verbessern und das Wachstum anschieben sollen." Seiner Einschätzung nach sind derzeit gerade Anleihen aus dem Telekom- und Energiesektor interessant.

Doch so sehr Lokalwährungsbonds auch eine lukrative Alternative sind - bislang können Anleger nur begrenzt davon profitieren. "Im Corporate Bond Segment gibt es einfach zu wenig Anleihen, die in der jeweiligen Lokalwährung ausgegeben werden", sagt Hall. Noch führe an Dollar-Papieren meist kein Weg vorbei, weil die Emissionsvolumina hier so hoch seien, erklärt auch Michael Mewes, Leiter des Anleihenteams von JP Morgan in Frankfurt.

Hellmann von der ING ist aber überzeugt, dass dies nicht so bleibt. "Schon jetzt sind viele chinesische, russische und mexikanische Firmen dazu übergangen, ihre Emissionsvolumina in Lokalwährungen deutlich zu erhöhen," sagt die Expertin. Dazu zählten zuletzt der Zementhersteller Cemex , der Gaskonzern Gazprom und die Bank of China. "Da Anleihen in Europa und den USA kaum noch Rendite bringen, sind Investoren froh über jede Alternative, die sich ihnen bietet," sagt Hellman. "Von daher dürfte das Segment der Lokalwährungs-Unternehmensbonds in den nächsten Jahren noch größer werden."

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