Sitzungsprotokoll Die Spannung innerhalb der Fed nimmt zu

Das Protokoll der Junisitzung zeigt, dass sich zwei unterschiedliche Beurteilungen der US-Wirtschaft herausgebildet haben. Das macht es für Notenbank-Chefin Janet Yellen schwieriger, ihren geldpolitischen Kurs zu halten.

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Es wird für Yellen zunehmen schwerer, ihren Kurs fortzusetzen. Quelle: REUTERS

Mit nur einer Gegenstimme hatte die US-Notenbank (Fed) Mitte Juni die zweite Zinserhöhung dieses Jahres beschlossen. Das Protokoll der Sitzung lässt keinen eindeutigen Schluss auf den weiteren Kurs zu. Es legt aber nahe, dass es im September zum Startschuss für den bereits angekündigten langsamen Abbau der Bilanzsumme kommen könnte, und dann vielleicht im Dezember zur erwarteten dritten Zinserhöhung des laufenden Jahres.

Das Protokoll, das am Mittwoch veröffentlicht wurde, zeigt auch, dass es mit der Einigkeit unter den führenden Geldpolitikern nicht weit her ist. Fed-Chefin Janet Yellen selbst geht von einer weiteren Zinserhöhung im laufenden Jahr und mehreren Schritten 2018 aus, so wie es auch den Prognosen der meisten Mitglieder im geldpolitischen Ausschuss entspricht. „Einige Teilnehmer“, heißt es im Protokoll, befürchten aber, eine weitere Straffung der Geldpolitik würde dazu führen, dass das gewünschte Inflationsziel von zwei Prozent nicht erreicht wird.

Sie befürworten, sich für eine längere Periode nicht von der niedrigen Arbeitslosigkeit irritieren zu lassen, weil ihrer Meinung nach damit nicht unbedingt ein stärkeres Anspringen der Inflation verbunden sein muss. „Es wurde außerdem vorgebracht, die Symmetrie des Inflationsziels würde deutlicher gemacht, wenn die Inflation eine Weile über zwei Prozent liege, weil das ja einer längeren Periode mit weniger als zwei Prozent, dem langfristigen Ziel, folgen würde“, heißt es weiter. Kurz gesagt: Die Fed sollte die Inflation ruhig eine Weile höher als zwei Prozent ansteigen lassen. Anders als die EZB, die knapp unter zwei Prozent anstrebt, sieht die Fed die zwei Prozent eher als Mittelwert.

Laut dem Protokoll gibt es aber andere Teilnehmer, die eine Gefährdung der finanziellen Stabilität und später einen scharfen Anstieg der Inflation befürchten, wenn die Arbeitslosigkeit zu lange zu niedrig bleibt. So stehen sich zwei Lager gegenüber: Eines befürchtet, die Fed könnte von einer früher weichen auf eine zu harte Geldpolitik umsteigen, das andere sieht in erster Linie die klassischen Risiken einer zu weichen Geldpolitik. Zum Teil war diese Spaltung auch schon aus öffentlichen Äußerungen abzulesen. Eric Rosengren etwa, Chef der regionalen Fed Boston, warnte vor Preisblasen im Immobilienbereich.

Robert Kaplan dagegen, Präsident in Dallas, scheint eher einem vorsichtigen Kurs bei den Erhöhungen zuzuneigen, ähnlich wie James Bullard aus St. Louis. Neel Kashkari, Chef in Minneapolis, hat ausführlich begründet, warum er schon gegen die Erhöhungen im März und Juni gestimmt hat, und lag damit auf der Linie der weichen Fraktion, wie sie sich aus dem Protokoll ergibt. Das Protokoll nennt für diese Fraktion ausdrücklich „einige Mitglieder“, die der aktuellen Erhöhung zugestimmt hatten. Loretta Mester aus Cleveland und Esther George aus Kansas City kann man gemessen an ihrem früheren Abstimmungsverhalten eher den „Falken“, also der harten Linie, zuordnen.

Fed-Chefin Yellen möchte offenbar an weiteren Erhöhungen festhalten, weniger aus Sorge um die finanzielle Stabilität, sondern anhand der Einschätzung der wirtschaftlichen Dynamik und um die Normalisierung der Geldpolitik voranzutreiben. Bill Dudley, Chef der einflussreichen Fed New York, scheint wie meist in der Vergangenheit auf ihrer Linie zu liegen. Stanley Fischer, Yellens Stellvertreter, hat sich zuletzt mit Äußerungen zurückgehalten, galt aber früher manchmal sogar als Vertreter einer etwas härteren Linie im Vergleich zu Yellen. Die Drei - Yellen, Dudley und Fischer - werden manchmal als „Troika“ bezeichnet und gelten als die entscheidenden Personen bei der Fed.

Die Uneinigkeit, die das Juni-Protokoll deutlich macht, erschwert es Yellen jedoch, ihren Kurs fortzusetzen. Sie zeigt, dass die Argumentation, die Kritiker von außen an die Fed herantragen, in ihren eigenen Reihen durchaus Widerhall findet. Kashkaris Vorgänger in Minneapolis, Narayana Kocherlakota, hat öffentlich nicht nur einen Stopp weiterer Zinserhöhungen gefordert, sondern sich auch gegen den Abbau der Bilanz ausgesprochen.

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