Sondermünzen Sparer machen Jagd auf Euro-Sondermünzen

Während digitale Währungen wie Bitcoin & Co. weltweit boomen, sind deutsche Sparer lieber auf der Jagd nach Sondermünzen aus Gold und Silber. Was steckt hinter der nostalgisch anmutenden Liebe zum blanken Taler?

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Sammlermünzen:

Als die Bundesbank am 27. April mit der Ausgabe der ersten 5-Euro-Münzen aus der fünfteiligen Serie „Klimazonen der Erde“ startete, reichten die Warteschlangen vor den Filialen teils bis auf die Bürgersteige und um die Gebäude herum. Die Wartenden mussten sich bis zu einer Stunde gedulden, bis sie endlich eine der begehrten Münzen mit dem auffälligen roten Kunststoffring in den Händen hielten. Die Ausgabe war auf ein Stück pro Person und Tag limitiert. Manch einer stellte sich trotzdem gleich nochmal in die Reihe und hoffte auf ein Einsehen der Sicherheitsleute, die ihre liebe Mühe hatten, die Meute in Zaum zu halten.

Alle Welt redet von digitalen Währungen wie Bitcoin & Co. Im gern so nostalgischen Deutschland dagegen boomen vom Bundesfinanzminister ausgegebene Euro-Münzen aus Gold und Silber. Besonders beliebt sind die von der Bundesbank in Umlauf gebrachten Fünfer oder Zwanziger, die regelmäßig etwa zu historischen Gedenktagen erscheinen.

In den Schlangen vor den Münzschaltern drängeln sich dann nicht nur gelangweilte Ruheständler mit zu viel Zeit, sondern auch Berufstätige oder Schüler. Die von den Sondermünzen ausgehende Faszination scheint alle Altersklassen zu erfassen. Wie lässt sich das erklären?

Sammler stehen Schlange für neue Fünf-Euro-Münze
Fünf-Euro-Münze "Tropische Zone" Quelle: Andreas Toller für WirtschaftsWoche
Rückseite mit Bundesadler Quelle: Andreas Toller für WirtschaftsWoche
Der rote Polymer-Ring leuchtet, wenn er gegen das Licht gehalten wird. Quelle: Andreas Toller für WirtschaftsWoche
Der neue Fünfer ist offizielles, gesetzliches Zahlungsmittel in Deutschland Quelle: Andreas Toller für WirtschaftsWoche
Vor allem Sammler der älteren Semester standen am Morgen des 27. April vor den Filialen der Bundesbank Schlange Quelle: Andreas Toller für WirtschaftsWoche
Ausnahmezustand an den Ausgabestellen Quelle: Andreas Toller für WirtschaftsWoche
Jeder nur eine Münze

Sammler von Furcht und Gier getrieben

Hinter der Liebe zum blanken Taler steckt eine Mischung aus Furcht und Gier, die durchaus menschlich ist, aber auch irrationale Züge trägt. Die Münzsparer haben folgendes Kalkül: Die bei der Bundesbank ohne Aufpreis, also zum Nennwert erhältlichen Geldstücke sind wegen ihrer begrenzten Auflage wertvoller als normale Münzen oder Scheine. Sie verschaffen also das Gefühl, für den Eintausch ordinären Bargelds etwas Besonderes zu bekommen, eine Art Geld erster Klasse.

Viele Sonderstücke finden sich schon kurz nach ihrer Ausgabe zu deutlichen Aufpreisen bei eBay wieder. Wenn sich der Sammlerwert nicht wie erhofft über die Jahre steigert, bleibt immer noch der Nennwert garantiert, denn die Gedenkmünzen sind zumindest in Deutschland gesetzliches Zahlungsmittel. Auch können Sie jederzeit bei der Bundesbank gegen Banknoten zurückgetauscht werden. Die Spekulation auf die Wertsteigerung ist also bequem nach unten abgesichert, weil das Anlageobjekt gleichzeitig Zahlungsmittel ist.

Ansturm auf die Bundesbank-Filialen: Die neue Fünf-Euro-Münze mit rotem Plastikring ist beliebter als einst die D-Mark. Die hohe Nachfrage überrascht selbst Experten.
von Andreas Toller

Schmähbriefe an die Bundesbank

Gerade in Niedrigzinszeiten scheint die Vorstellung verlockend, Geld in Münzen zu stecken. Denn die Opportunitätskosten der Bargeldhaltung sinken. Trotzdem sollte man es mit der Münzhortung nicht übertreiben, denn Münzen im Bankschließfach oder im heimischen Safe sind dem Wirtschaftskreislauf entzogen und zahlen anders als Aktien oder Fondsanteile keine Dividende. Außerdem ist die Kapazität vor allem der kleineren Münzen als Vermögensspeicher begrenzt. Auch muss das Diebstahlrisiko mit einer passenden Hausratsversicherung abgedeckt werden.

Ansturm auf Münzen mit Kunststoffring


Die Bundesbank hatte den Start des ersten Teils der Münzserie „Klimazonen der Erde“ am 27. April generalstabsmäßig vorbereitet. Szenen wie im Jahr zuvor bei der Ausgabe der 5-Euro-Münze „Blauer Planet“ sollten sich nicht wiederholen. Damals wurden die Filialen vom unerwarteten Ansturm regelrecht überrumpelt. Weil ein Abgabelimit fehlte, war der Vorrat mancherorts sogar schon nach Stunden erschöpft.

Von den leer Ausgegangenen machte damals so mancher seinem Frust mit wütenden Emails und Schmähbriefen an die Bundesbank Luft. Die ehrwürdige Institution weiß, dass sie einen Ruf zu verlieren hat, und hat daher ihre Lehren gezogen. Dieses Mal reichte der Münzvorrat immerhin einige Tage, die begehrten Fünfer wurden fairer verteilt als im Vorjahr.

Weil der „Blaue Planet“ 2016 so reißenden Absatz fand, hat das Bundesfinanzministerium gleich eine ganze Serie von 5-Euro-Münzen namens „Klimazonen der Erde“ in Auftrag gegeben, aus der bis 2021 Jahr für Jahr insgesamt fünf Motive erscheinen werden. Die „Tropische Zone“ mit dem roten Kunststoffring und dem Papageienmotiv war nur der Auftakt.

Wo die Deutschen ihr Erspartes verstecken
42 Prozent der Bürger lagern ihr Bargeld aus Verunsicherung zu Hause Quelle: obs
Schmuckdose Quelle: Fotolia
Schuhschrank Quelle: Fotolia
Spardose Quelle: dpa
Tresor Quelle: dpa/dpaweb
Geld im Spülkasten Quelle: dpa
Vorratsdose Quelle: Fotolia

Damit ist das Münzprogramm aber bei weitem nicht erschöpft. So erscheinen seit 2015 jährlich fünf Gedenk- und Sondermünzen im Nennwert von 20 Euro anlässlich historischer Meilensteine wie der Deutschen Einheit oder der Erfindung des Fahrrads aber auch zu abseitigeren Ereignissen wie dem Jubiläum der Deutschen Sporthilfe oder dem 175. Jahrestag des Deutschlandlieds.

Auch teure Goldmünzen stehen auf dem Programm

Zusätzlich zu den Fünfern und Silberlingen bringt der Staat auch noch teure Goldmünzen auf den Markt, geschmückt mit hiesigen Singvögeln oder patriotisch-heimatnah anmutenden Motiven aus der Serie „Deutscher Wald“. Auch die Lutherrose gibt es zum Reformationsjubiläum in Feingold höchster Reinheitsstufe. Diese Stücke werden wegen ihres hohen Materialwerts allerdings anders als die Silberlinge nicht zum Nennwert herausgegeben, sondern mit einem hohen Aufpreis versehen.

Auch gibt es die wertvollen staatlichen Goldmünzen nicht an den Schaltern der Bundesbankfilialen. Diese kann man stattdessen bei der hochoffiziellen Verkaufsstelle für Sammlermünzen der Bundesrepublik Deutschland bestellen.

Die Versorgung und der Umgang mit Bargeld kosten in der EU jedes Jahr rund 140 Milliarden Euro. Also doch lieber auf Münzen und Scheine verzichten? Eine emotionale Debatte ist neu entfacht.
von Silke Wettach

Die Verkaufsstelle mit Sitz im oberpfälzischen Weiden hat zudem die höheren Qualitätsstufen der deutschen Euro-Münzen in der besonders perfekten Ausführung Spiegelglanz im Angebot. An den Schaltern der Bundesbank dagegen gibt es nur die nicht ganz so hochwertigen und in deutlich größerer Auflage geprägten Versionen im sogenannten Stempelglanz.

Beispiel: Zum 500. Jahrestag der Reformation hat die Bundesbank im April 2017 eine silberne 20-Euro-Münze in der mittleren Qualitätsstufe Stempelglanz ausgegeben, Auflage eine Million Stück. Bürger konnten sie für Bargeld kaufen, der Preis entsprach dem Nennwert, also 20 Euro pro Stück. Die gleiche Münze in der Spitzenqualität Spiegelglanz gab es bei der Weidener Münzverkaufsstelle gegen einen Aufpreis von fast 75 Prozent, also für 34,95 pro Stück. Dabei war die Auflage auf 145.000 Münzen begrenzt.

Durch Silber- und Goldgehalt nach unten abgesichert

Schon lange vor dem offiziellen Ausgabetermin nimmt die Münzverkaufsstelle Bestellungen an. Wegen der meist großen Nachfrage sind viele Münzmotive schnell vergriffen.

Für den Staat ist die Münzliebe seiner Bürger übrigens ein einträgliches Nebengeschäft. Die Bundesbank gibt die Fünfer und Zwanziger im Tausch gegen normales Bargeld mit dem gleichen Nennwert heraus. Für die zwei Millionen Stück Papageienmünzen „Tropische Zone“ im Nennwert von je fünf Euro wurden also zehn Millionen Euro eingenommen. Da die Kosten für Material, Prägung, Logistik und Verwaltung deutlich niedriger sind, entsteht ein hübscher Gewinn.

Der Münzgewinn bleibt nicht bei der Bundesbank, sondern wird dem Staatshaushalt gutgeschrieben, schließlich ist der Bund oberster Münzherr. Über die Ausgabe von Münzen entscheidet das Bundesfinanzministerium, spricht sich aber mit der Bundesbank als ausführender und sachkundiger Behörde ab. Sie kann unter anderem einschätzen, wie viele Sammlermünzen der Markt aufnimmt.

So investieren Sie 2016 gegen den Schwarm
1. Tipp: Kaufen Sie Rohstoffe und Bodenschätze Quelle: dpa
Kaufen Sie Aktien aus Schwellenländern Quelle: dpa
Kaufen Sie Anleihen Quelle: REUTERS
Kaufen Sie britische Aktien Quelle: REUTERS
Verkaufen Sie Konsumgüter Quelle: dpa
US-Amerikanische Flaggen wehen am 27.04.2007 in New York, USA hinter einem Straßenschild mit der Aufschrift "Wall Street" Quelle: dpa
JP Morgan Quelle: REUTERS

Staat erzielt Münzgewinn in Millionenhöhe

Der staatliche Profit durch die Ausgabe von Münzen liegt laut Bundesfinanzministerium immerhin im niedrigen dreistelligen Millionenbereich. Darin enthalten ist auch der Gewinn aus der Ausgabe der ganz profanen Umlaufmünzen für den Alltag, also den Euro- und Cent-Münzen in den Portemonnaies der Bürger.

Während die staatliche „Marge“ bei Euromünzen wegen des geringen Materialwerts größer sein dürfte als bei den aus kostbareren Rohstoffen geprägten Sammlermünzen, sind die Cent-Münzen wegen ihres geringen Nennwerts Verlustbringer. Hier zahlt der Staat drauf, denn die Prägekosten liegen über dem winzigen Wert.

Die von der Bundesbank ausgegebenen Sondermünzen lauten zwar auf Euro, sie gelten aber nur in Deutschland als gesetzliches Zahlungsmittel, nicht in den anderen Ländern der Währungsunion. Das mag eine Einschränkung bei der Liquidierbarkeit der Münzen darstellen. Für Euroskeptiker jedoch spielt gerade wegen der nationalen Beschränkung beim Erwerb von Sondermünzen wohl auch die Vorstellung eine Rolle, eine Art Schatten-D-Mark in der Hand zu halten.

Die Bundesbank verspricht, die Münzen jederzeit in Banknoten gleichen Nennwerts umzutauschen. Das in die Münzen gesteckte Vermögen kann also nominal nicht verloren gehen, solange es die Bundesbank gibt. Das staatliche Umtauschversprechen allein stellt allerdings noch keinen Schutz vor steigenden Preisen dar, die zur Geldentwertung beitragen.

Hier kommt der nicht unerhebliche Materialwert der deutschen 20-Euro-Münzen ins Spiel. Sie sind aus Sterlingsilber geprägt, nicht die höchste Reinheit aber eine hohe, wie sie zum Beispiel für Besteck verwendet wird. Im Vergleich zu Banknoten gleichen Nennwerts, deren Papier so gut wie gar nichts wert ist, besitzen die Gedenkmünzen also dank ihres 92,5-prozentigen Silbergehalts einen recht hohen Materialwert – ganz zu schweigen von den viel teureren Münzen aus Feingold.

Aus Sicht des Sparers und Anlegers ist bei den Münzen also eine Art Inflationsschutz eingebaut – eine beruhigende Vorstellung für jeden, der sich vor der sinkenden Kaufkraft seines Vermögens fürchtet.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%