Damit dürfte sich die Große Koalition den Zorn der Solarzellenindustrie zuziehen. Denn wer künftig eine neue Anlage auf dem Dach sein Eigen nennt, soll eine Abgabe für selbst genutzten Strom zahlen. Darauf haben sich die Unterhändler von Unions- und SPD-Fraktion geeinigt, hieß es am Donnerstag aus Koalitionskreisen.
Demnach sollen alle Selbstversorger vom Industrieunternehmen bis zum Bürger mit einer Solaranlage auf dem Dach künftig 40 Prozent der Ökostromumlage je Kilowattstunde als „Soli“ entrichten. Das wären derzeit rund 2,5 Cent.
Industrieunternehmen, die sich ab 2015 mit neuen fossilen Kraftwerken selbst versorgen oder Supermärkte, die künftig Anlagen montieren und Solarstrom selbst nutzen, sollten nach Plänen von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel zunächst eine Mindestabgabe von 50 Prozent der Ökostrom-Umlage zahlen. Nun sind eben 40 Prozent für alle geplant.
Grund für diese Reform war eine zunehmende Schieflage: Durch die steigende Selbstversorgerzahl und den Ausbau der Erneuerbaren steigt zwar die Umlage, aber die Abgaben beim Strompreis werden auf weniger Schultern verteilt, andere Verbraucher zahlen mehr. Zunächst hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ über die Verschärfung berichtet.
Die wichtigsten Regelungen im neuen EEG
Der Zubau bei Windanlagen an Land wird auf 2500 Megawatt (MW) pro Jahr begrenzt. Kommt mehr hinzu, sinkt die garantierte Einspeisevergütung schneller. Allerdings: Verstärkung vorhandener Anlagen zählt nicht dazu. Eine starke Einschränkung ist das nicht. Die echte Bremse wirkte beim Solarstrom.
In drei Jahren bekommen neue Anlagen keine garantierte und gesetzlich festgeschriebene Einspeisevergütung mehr. Dann müssen die Betreiber ihre Anlagen per Ausschreibung finanzieren, damit mehr Markt herrsche. Die Folgen: bisher unkalkulierbar.
Die Befreiung energieintensiver Betriebe von der EEG-Umlage bleibt erhalten. Entsprechend der neuen europäischen Beihilferegelung sind künftig 65 Branchen begünstigt. Unternehmen anderer Wirtschaftszweige können aber nachweisen, dass sie ebenfalls energieintensiv sind. Über 400 von bisher 2200 Betrieben fallen aus der vorteilhaften Regelung heraus.
Eigenerzeuger, die schon bisher ihren benötigten Strom selbst herstellen, müssen auch künftig keine EEG-Umlage zahlen. Wer jetzt neu einsteigt, ist aber mit der Hälfte dabei. Die Bundesregierung brandmarkt die Selbsthilfe als „Flucht aus der Solidarität“.
Auf absehbare Zeit steigen die Kosten für die erneuerbaren Energien weiter – und damit auch die EEG-Umlage. Denn der Zubau schreitet voran, und noch fallen nur ganz wenige Anlagen aus der 20-jährigen Vergütungsgarantie. Zielmarke bis 2017: sieben Cent pro kWh.
Von der Änderung sollen auch Anlagen betroffen sein, deren Leistung unter zehn Kilowatt liegt und deren Besitzer weniger als zehn Megawattstunden verbrauchen. Laut Bundesverband der Solarwirtschaft entsprechen knapp ein Fünftel aller Anlagen dieser Grenze, schreibt die „FAZ“.
Ob der Bundestag die geplante Mindest-Umlage Ende Juni billigen wird, ist noch unklar. Baden-Württembergs-Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kündigte am Donnerstag nach der Ministerpräsidentenkonferenz auch Widerstand der Länder an: „Wir sind der Ansicht, dass die Umlage nach unten korrigiert werden muss.“ Bisher war geplant, dass kleine Solaranlagen ausgenommen bleiben.
Für alle bestehenden Anlagen zur Eigenstromversorgung wird keine Abgabe fällig, hier wird Bestandsschutz gewährt. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte zunächst vor, auch bisherige Anlagenbesitzer mit der Abgabe zu belasten. Gabriel argumentierte, dass die Anlagen unsolidarisch seien, da sich viele von ihnen nur rechneten, da sie zwar durch die EEG-Umlage finanziert wurden, aber die Beteiligung an der Umlage vermieden. Als alte Anlagen gelten Projekte, die vor dem 23. Januar 2014 genehmigt und noch bis Ende des Jahres angeschlossen werden.
Viel Kontra
Gegen den neuen Vorschlag der Privaterzeuger-Beteiligung formierte sich Widerstand von allen Seiten: „Mit der "Sonnensteuer" killt die Bundesregierung die bürgernahe Energieversorgung“, meinte Grünen-Chefin Simone Peter - der Begriff Sonnensteuer wurde als Kampfbegriff von der Solar-Lobby geprägt. „Kleine Erneuerbare-Energien-Anlagen und umweltfreundliche Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen dürfen nicht über Gebühr belastet und vor allem nicht mit umweltschädlichen fossilen Kraftwerken für die Selbstversorgung gleich gestellt werden“, meinte Peter.
Im Hintergrund geht es auch um Marktanteile: Versorgen sich Industrie und Bürger zunehmend selbst mit Strom, verlieren Energieversorger Marktanteile. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hatte Druck gemacht, alle neuen Selbstversorger mit Strom, auch kleine Solaranlagenbesitzer, mit einer Abgabe zu belasten.
Der Verbraucherschützer Holger Krawinkel sieht aber dadurch kaum Entlastungen für die anderen Stromverbraucher. Bei einer Belastung des Photovoltaik-Eigenverbrauchs von 40 Prozent liege das Volumen bei 56 Millionen Euro im Jahr und damit wenigen Cent pro Haushalt im Monat. Die CDU-Landesgruppe Baden-Württemberg im Bundestag forderte Korrekturen: Die Nutzung selbst erzeugten Stroms solle weiter gefördert und der Biomasse-Ausbau nicht abgewürgt werden. „Wir wollen die Energiewende zum Erfolg machen, deshalb brauchen wir hier noch Bewegung“, meinte der Landesgruppenchef, CDU-Vize Thomas Strobl.
Dramatisch ist die Entscheidung vor allem für die Hersteller und Installateure der Solarzellen. Die ohnehin kränkelnde Solarwirtschaft könnte von der Ausweitung der Umlage hart getroffen werden, schon aufgrund der immer niedrigeren Einspeisevergütung - die staatliche Subvention zur Förderung der Erneuerbaren wird stetig reduziert und liegt derzeit bei 13 Cent pro Kilowattstunde bei kleinen Dachanlagen - steigt die Nachfrage nach neuen Solaranlagen nicht mehr so stetig wie noch in den Anfangsjahren.