Sonnensteuer Hausbesitzer mit Solaranlage sollen EEG-Umlage bezahlen

Früher lohnte sich eine Solaranlage auf dem Dach finanziell, damit ist es bald vorbei. Ein weiterer Schock für die Solarwirtschaft.

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huGO-BildID: 37483309 ARCHIV - Eine Photovoltaikanlage (Solaranlage) auf einem Hausdach im brandenburgischen Sieversdorf (Oder-Spree), aufgenommen am 26.01.2012. Alle Besitzer neuer Solaranlagen sollen künftig eine Abgabe für selbst genutzten Strom zahlen. Darauf haben sich nach Aussagen aus Koalitionskreisen die Unterhändler von Unions- und SPD-Fraktion geeinigt. Foto: Patrick Pleul/dpa (zu dpa «Schwarz-Rot will Eigenstrom-Umlage verschärfen» vom 12.06.2014) +++(c) dpa - Bildfunk+++ Quelle: dpa

Damit dürfte sich die Große Koalition den Zorn der Solarzellenindustrie zuziehen. Denn wer künftig eine neue Anlage auf dem Dach sein Eigen nennt, soll eine Abgabe für selbst genutzten Strom zahlen. Darauf haben sich die Unterhändler von Unions- und SPD-Fraktion geeinigt, hieß es am Donnerstag aus Koalitionskreisen.

Demnach sollen alle Selbstversorger vom Industrieunternehmen bis zum Bürger mit einer Solaranlage auf dem Dach künftig 40 Prozent der Ökostromumlage je Kilowattstunde als „Soli“ entrichten. Das wären derzeit rund 2,5 Cent.

Industrieunternehmen, die sich ab 2015 mit neuen fossilen Kraftwerken selbst versorgen oder Supermärkte, die künftig Anlagen montieren und Solarstrom selbst nutzen, sollten nach Plänen von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel zunächst eine Mindestabgabe von 50 Prozent der Ökostrom-Umlage zahlen. Nun sind eben 40 Prozent für alle geplant.

Grund für diese Reform war eine zunehmende Schieflage: Durch die steigende Selbstversorgerzahl und den Ausbau der Erneuerbaren steigt zwar die Umlage, aber die Abgaben beim Strompreis werden auf weniger Schultern verteilt, andere Verbraucher zahlen mehr. Zunächst hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ über die Verschärfung berichtet.

Die wichtigsten Regelungen im neuen EEG

Von der Änderung sollen auch Anlagen betroffen sein, deren Leistung unter zehn Kilowatt liegt und deren Besitzer weniger als zehn Megawattstunden verbrauchen. Laut Bundesverband der Solarwirtschaft entsprechen knapp ein Fünftel aller Anlagen dieser Grenze, schreibt die „FAZ“.

Ob der Bundestag die geplante Mindest-Umlage Ende Juni billigen wird, ist noch unklar. Baden-Württembergs-Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kündigte am Donnerstag nach der Ministerpräsidentenkonferenz auch Widerstand der Länder an: „Wir sind der Ansicht, dass die Umlage nach unten korrigiert werden muss.“ Bisher war geplant, dass kleine Solaranlagen ausgenommen bleiben.

Für alle bestehenden Anlagen zur Eigenstromversorgung wird keine Abgabe fällig, hier wird Bestandsschutz gewährt. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte zunächst vor, auch bisherige Anlagenbesitzer mit der Abgabe zu belasten. Gabriel argumentierte, dass die Anlagen unsolidarisch seien, da sich viele von ihnen nur rechneten, da sie zwar durch die EEG-Umlage finanziert wurden, aber die Beteiligung an der Umlage vermieden. Als alte Anlagen gelten Projekte, die vor dem 23. Januar 2014 genehmigt und noch bis Ende des Jahres angeschlossen werden.

Wo der Strom herkommt
BraunkohleNoch immer der mit Abstand bedeutendste Energieträger Deutschlands: Im Jahr 2013 ist die klimaschädliche Stromproduktion aus Braunkohle auf den höchsten Wert seit 1990 geklettert. Mit 162 Milliarden Kilowattstunden macht der Strom aus Braunkohlekraftwerken mehr als 25 Prozent des deutschen Stroms aus. Das geht aus vorläufigen Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen hervor. Quelle: dpa
SteinkohleAuch die Stromproduktion in Steinkohlekraftwerken stieg im Jahr 2013 – um 8 Milliarden auf mehr als 124 Milliarden Kilowattstunden. Damit ist Steinkohle der zweitwichtigste Energieträger und deckt fast 20 Prozent der deutschen Stromproduktion ab. Vor allem Braun- und Steinkohle fangen also offenbar den Rückgang der Kernenergie auf. Quelle: dpa
Kernenergie Die Abschaltung von acht Atomkraftwerken macht sich bemerkbar. Nur noch 97 Milliarden Kilowattstunden stammten 2013 aus Kernerenergie, drei weniger als im Vorjahr. Das sind allerdings noch immer 15 Prozent der gesamten Produktion. Damit ist Atomstrom nach wie vor die drittgrößte Energiequelle. Quelle: dpa
ErdgasDie CO2-arme Erdgasverbrennung ist - anders als Kohle - wieder rückläufig. Statt 76 Milliarden kamen im vergangenen Jahr nur noch 66 Milliarden Kilowattstunden Strom aus Erdgaskraftwerken. Das sind gerade mal zehn Prozent der Stromproduktion. Dabei war Erdgas vor drei Jahren schon einmal bei 14 Prozent. Quelle: dpa
WindkraftDer größte erneuerbare Energieträger ist die Windkraft. Mit 49,8 Milliarden Kilowattstunden in 2013 ist sie allerdings leicht Rückläufig. Insgesamt steigt der Anteil der erneuerbaren Energien jedoch stetig. Zusammengenommen produzierten sie 23,4 Prozent des deutschen Stroms. Quelle: dpa
BiomasseFast genauso viel Strom wie aus Windkraft stammte aus Biomasse. Die Produktion stieg auf 42 Milliarden Kilowattstunden. Damit steht Biomasse auf Platz sechs der bedeutendsten Energieträger. Quelle: ZB
PhotovoltaikEs reicht zwar nur für knapp fünf Prozent der deutschen Stromproduktion, aber Solarenergie ist die mit Abstand am schnellsten wachsende Energieform. Im Jahr 2000 gab es in Deutschland noch gar keinen Sonnenstrom. Und seit 2007 hat sich die Produktion auf 28,3 Milliarden Kilowattstunden in 2013 beinahe verzehnfacht. Quelle: dpa

Viel Kontra

Gegen den neuen Vorschlag der Privaterzeuger-Beteiligung formierte sich Widerstand von allen Seiten: „Mit der "Sonnensteuer" killt die Bundesregierung die bürgernahe Energieversorgung“, meinte Grünen-Chefin Simone Peter - der Begriff Sonnensteuer wurde als Kampfbegriff von der Solar-Lobby geprägt. „Kleine Erneuerbare-Energien-Anlagen und umweltfreundliche Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen dürfen nicht über Gebühr belastet und vor allem nicht mit umweltschädlichen fossilen Kraftwerken für die Selbstversorgung gleich gestellt werden“, meinte Peter.

Im Hintergrund geht es auch um Marktanteile: Versorgen sich Industrie und Bürger zunehmend selbst mit Strom, verlieren Energieversorger Marktanteile. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hatte Druck gemacht, alle neuen Selbstversorger mit Strom, auch kleine Solaranlagenbesitzer, mit einer Abgabe zu belasten.

Der Verbraucherschützer Holger Krawinkel sieht aber dadurch kaum Entlastungen für die anderen Stromverbraucher. Bei einer Belastung des Photovoltaik-Eigenverbrauchs von 40 Prozent liege das Volumen bei 56 Millionen Euro im Jahr und damit wenigen Cent pro Haushalt im Monat. Die CDU-Landesgruppe Baden-Württemberg im Bundestag forderte Korrekturen: Die Nutzung selbst erzeugten Stroms solle weiter gefördert und der Biomasse-Ausbau nicht abgewürgt werden. „Wir wollen die Energiewende zum Erfolg machen, deshalb brauchen wir hier noch Bewegung“, meinte der Landesgruppenchef, CDU-Vize Thomas Strobl.

Dramatisch ist die Entscheidung vor allem für die Hersteller und Installateure der Solarzellen. Die ohnehin kränkelnde Solarwirtschaft könnte von der Ausweitung der Umlage hart getroffen werden, schon aufgrund der immer niedrigeren Einspeisevergütung - die staatliche Subvention zur Förderung der Erneuerbaren wird stetig reduziert und liegt derzeit bei 13 Cent pro Kilowattstunde bei kleinen Dachanlagen - steigt die Nachfrage nach neuen Solaranlagen nicht mehr so stetig wie noch in den Anfangsjahren.

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