Wenn sich die Krisenländer wieder günstig am Kapitalmarkt finanzieren können, hat die Krim-Krise dann unsere Eurokrise gelöst?
So kann man das nicht sagen. Die Abnehmer der spanischen Anleihen sitzen vor allem in Ländern wie Deutschland und Frankreich. Wir müssen uns vor Augen halten, dass in den vergangenen drei Jahren niemand spanische Anleihen kaufen wollte. Aber zurzeit dominiert die Suche nach Rendite das Geschehen. Dass die Probleme in der Eurozone weiterhin ungelöst sind, scheint unter den aktuellen Bedingungen niemanden zu interessieren. Und weil kurze Laufzeiten kaum noch attraktive Renditen bieten, selbst in Spanien, lassen sich Investoren sogar auf langfristige Papiere ein.
Also ist die nächste Krise vorprogrammiert.
Viele unerfahrene Anleger steigen derzeit ein. Sollte sich die Stimmung in Südeuropa wieder eintrüben, verkaufen diese Investoren ihre Anleihen vielleicht in zwei Jahren wieder mit Verlust, wie sie dies bereits während der letzten Eurokrise getan haben. Spanische und italienische Banken dagegen sind ihre Bestände losgeworden und haben gute Gewinne gemacht.
Was bedeutet das für Privatanleger?
Privatanleger sind von den Entwicklungen in der Ukraine erst einmal nicht direkt betroffen. Solange es zu keinem Krieg kommt, in dem Russland die Ukraine vollständig verwüstet, gibt es keinen Anlass, Bewertungen der eigenen Aktien zu korrigieren. Und dieser Fall ist meiner Ansicht nach unwahrscheinlich, denn Russland hat viel in der Ukraine investiert, etwa in die Gasinfrastruktur. Es dürfte also niemand ein Interesse an einer Eskalation der Lage haben, die dann auch Privatanleger treffen könnte.
Und wenn sich die Situation doch noch verschärft?
Der Bankier Rothschild hat im 19. Jahrhundert formuliert: „Kaufen, wenn die Kanonen donnern“. Auch wenn es zynisch klingt: Sollte es in der Ukraine tatsächlich zu kriegerischen Auseinandersetzungen kommen, könnten Privatanleger vermutlich günstig an den Märkten einsteigen. Ansonsten dominieren die EU-Themen den Markt aktuell viel stärker als Entwicklungen in der Ukraine.
Sie meinen die Entscheidung der Europäischen Zentralbank, den Leitzins unverändert bei 0,25 Prozent zu belassen.
Diese Entscheidung ist für den Eurokurs viel wichtiger als die Ukraine. Schwellenländer wie Russland rücken in den Hintergrund, wenn wir uns den schwachen Dollar im Vergleich zum Euro ansehen. Das ist es, was in Europa gerade Märkte bewegt.
Aber für Spekulanten sollte es doch Möglichkeiten geben?
Natürlich, wer die entsprechende Expertise mitbringt, sollte ein Auge auf die ukrainische Währung, die Hrywnja, werfen. Nur weil sich die Lage mit Russland etwas beruhigt hat, sind die grundlegenden Probleme in der Ukraine nicht gelöst. Die Währung hat sich trotzdem stabilisiert, ist meiner Ansicht nach stark überbewertet. Will die Ukraine ihre Wirtschaft aber in Schwung bringen, braucht sie eine schwache Währung, der Kurs muss abwerten.
Also auch für Sie ein Signal, die Positionen in ihrem Schwellenländer-Fonds anzupassen?
Nein, unsere Strategie bleibt trotz der politischen Entwicklungen unverändert. So dramatisch die Situation in der Ukraine ist – es gibt weltweit immer wieder Situationen mit ähnlich starkem Einfluss auf die Währungsmärkte. So hat beispielsweise Uganda ein Gesetz verabschiedet, das Homosexuelle kriminalisiert. Dies setzt die lokale Währung vehement unter Druck, die sich zuletzt weltweit am stärksten entwickelt hatte. Als Fondsmanager erlebe ich mit der Finanz- und Eurokrise derzeit mehrere Jahrhundertprobleme gleichzeitig. Die Ukraine ist da nur ein Krisenherd von vielen.
Herr Röhmeyer, herzlichen Dank für das Interview.