Stelter strategisch

Die brutale Revolution in Auto- und Energiebranche

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Deutsche Autoindustrie vor existentieller Krise

Tony Seba von der Standford Universität prognostiziert in einer neuen Studie sogar, dass im Jahre 2025 weltweit keine Fahrzeuge mit traditionellen Verbrennungsmotoren mehr verkauft werden. Auch das Nutzungsverhalten würde sich ändern, weg vom Besitz hin zur Nutzung von Fahrzeugen, weil in Ballungsräumen nur so das weiter steigende Verkehrsaufkommen zu bewältigen ist – und das Auto als Prestigeobjekt für jüngere Leute fast völlig die Bedeutung verloren hat. Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor bleiben in diesem Szenario nur außerhalb von Ballungszentren für eine Übergangszeit toleriert, bis sich auch hier der Wandel zur Nutzung elektrisch betriebener Fahrzeuge durchsetzt.

Das sind die innovationsstärksten Autobauer
Toyota Quelle: REUTERS
Renault Quelle: dpa
Ford Quelle: obs
Fiat-Chrysler Quelle: PR
PSA Quelle: PR
Hyundai Quelle: AP
General Motors Quelle: REUTERS

Einmal mehr wird sich zeigen, dass die Märkte für die Modernisierung der Wirtschaft sorgen, nicht die Politik. Überlegungen der CSU, den Absatz von Dieselfahrzeugen steuerlich zu fördern erinnern fatal an die Verschwendung von Milliarden für den Steinkohlebergbau.

Deutsche Autoindustrie vor existentieller Krise

So erfreulich dieser Wandel aus ökologischen und ökonomischen Gründen ist, so existenzbedrohend wirkt er für die deutsche Automobilindustrie und die deutsche Volkswirtschaft. Wie immer bei solchem Wandel unterschätzen die traditionellen Anbieter die Gefahr. Doch diese ist dramatisch.

Elektrofahrzeuge greifen die traditionellen Anbieter frontal an. Wer das verstehen möchte, dem empfehle ich einen Blick auf das Chassis eines Tesla. Vorne Elektromotor, hinten Elektromotor, Batterie im Boden versteckt. Das ist es im Prinzip. Und man hat ein Fahrzeug welches für einen Bruchteil des Preises Fahrleistungen bietet, die sonst nur Supersportwagen erreichen. Vor allem ist das Elektroauto weit weniger komplex. Viele Teile, wie beispielsweise ein Getriebe, gibt es gar nicht mehr. Der Tesla S hat 18 bewegliche Teile, traditionelle Automobile rund hundertmal so viele. Deshalb kann bei den traditionellen Autos auch viel mehr kaputt gehen.

Das Prestigeprojekt der Bundesregierung ist gescheitert. Strom ist politisch aufgeladen in Deutschland, viel zu teuer – und pseudogrün, denn wir erreichen nicht einmal unsere Klimaziele. Wir müssen umsteuern. Schnell.
von Angela Hennersdorf, Niklas Hoyer, Andreas Macho, Dieter Schnaas

Damit steht die deutsche Automobilindustrie vor einer existenziellen Krise: Die vorhandenen Produktionskapazitäten könnten schon bald nicht mehr benötigt werden, ebenso wie ein Großteil der Zulieferteile. Werkstätten werden überflüssig. Der technologische Vorsprung der deutschen Hersteller gilt nicht mehr in der neuen Welt. Hochtechnisierte Verbrennungsmotoren werden einfach nicht mehr gebraucht. Wenn überhaupt könnten Kompetenzen bei Fahrwerk und Fahrassistenzsystemen noch einen Wettbewerbsvorteil darstellen. Doch gerade beim Thema „autonomes Fahren“ droht ein weiterer Angriff aus dem Silicon Valley.

Unseren Handelspartnern dürfte der technologische Wandel entgegenkommen. Bietet der Umstieg auf die neue Technologie doch eine elegante Möglichkeit, die unbeliebten deutschen Außenhandelsüberschüsse zu reduzieren. 

Natürlich kann man hoffen, dass es der deutschen Automobilindustrie gelingt, den Wandel zu vollziehen. Die Tatsache, dass sie sich bisher so schwer tut, ein deutlich weniger komplexes Produkt in wettbewerbsfähiger Form auf die Weltmärkte zu bringen, ist ein Alarmzeichen. Von der Postkutsche zum Auto stieg die Komplexität. Vom Verbrennungsmotor zum Elektrofahrzeug sinkt sie. Und die Batterietechnologie sitzt bei Zulieferern.

Damit droht nach Unterhaltungselektronik und Photographie der Verlust einer weiteren traditionellen deutschen Industrie. Diesmal jedoch mit weitaus dramatischeren Folgen für die gesamte Volkswirtschaft.

Verbinden wir diese Analyse noch mit den größeren Problemen der demografischen Entwicklung, des verschlechterten Bildungssystems und der erheblichen finanziellen Belastungen die aus Migrations- und Eurokrise drohen, kann man nur zu dem Schluss kommen, dass es als Investor nicht genügt, Energieaktien und Automobilwerte zu meiden. Wir müssen auch konsequent außerhalb Deutschlands und Europas investieren.

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