Stelter strategisch

Behalten Sie die Kontrolle über Ihre Geldanlage

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Es gibt keine Delegation der Geldanlage

Ich kann nur raten, jede Möglichkeit der Senkung von Kosten bei der Geldanlage zu nutzen. Allerdings sehe ich auch einige Gefahren mit diesem Ansatz. Wie an dieser Stelle immer wieder diskutiert, befinden wir uns nicht in einem normalen Kapitalmarktumfeld. Entscheidende Punkte sind:

- Die Bewertung praktisch aller Finanzassets befindet sich auf hohem Niveau. Schon vor zwei Jahren hat Bill Gross, unstrittig einer der großen der Anlageszene, die Zeit seit Mitte der 1980er Jahre mit einer langen Wanderung zu einem Gipfel verglichen. Von hier gäbe es nur noch wenig Potential nach oben, jedoch viel Weg nach unten. Anlagestrategien, die auf den Erfahrungen dieser vergangenen 30 Jahre basieren, bilden nicht den Normalzustand ab, sondern eine historische Ausnahme.

- Die Politik der Notenbanken hat einen säkularen Zinssenkungstrend verstärkt und übertrieben und damit die Volatilität an den Märkten auf unnatürlich tiefe Niveaus gedrückt. Volatilität ist jedoch eine der maßgeblichen Größen für Risikomodelle in der Geldanalage und fließt beispielsweise in die Berechnung des „Values at Risk“, kurz VaR, ein. Geringe Volatilität signalisiert geringes Risiko, was zum Eingehen von mehr Risiko ermutigt. Das zu einem Zeitpunkt, wo man eigentlich das Gegenteil tun sollte.

- Indexfonds haben in den vergangenen Jahrzehnten deutlich an Marktanteilen gewonnen, was auf günstige Kosten und die schlechte Leistung der Manager aktiver Fonds zurückzuführen ist. Der Preis dafür ist hoch: Indexfonds wirken wie Trendverstärker, kaufen sie doch die Aktien, die am meisten dazugewinnen und die wichtige Kontrollfunktion der Kapitalmärkte nimmt ab. Je mehr Geld in Indexfonds oder Fonds, die sich am Index orientieren, angelegt wird, desto größer die Gefahr von Herdenverhalten. Dies wirkt dann allerdings in beide Richtungen.

- Die ständige Handelbarkeit der Fonds verstärkt das Risiko. Investoren sagen zwar, dass sie „passiv“ investieren, in der Praxis jedoch legen sie aktiv an. Sie versuchen durch Handeln den Markt zu schlagen, was aber im Ergebnis nur dazu führt, dass sie zu spät aus- und wieder einsteigen.

Geldanlage zwischen Selbstdisziplin und Panik

Die Grundidee der kostengünstigen Geldanlage in Indexfonds ist richtig, setzt jedoch eine erhebliche Selbstdisziplinierung voraus. Meine Befürchtung ist, dass viele Anleger, die ihr Geld heute bereitwillig automatisiert verwalten lassen, im Zuge der unvermeidlich auf uns zukommenden deutlichen Korrekturen an den Märkten in Panik verfallen. Sie werden genau dann verkaufen, wenn sie es eigentlich nicht sollten und die vermeintlich liquiden ETFs werden plötzlich nicht so liquide sein, wie von den Verkäufern behauptet.

Das ist das Szenario, welches Fintechs, die in der Vermögensverwaltung tätig sind, am meisten fürchten müssen. Denn im Falle der Panik gibt es keine Möglichkeit, den Kunden direkt anzusprechen. Dafür gibt es aus gutem Grund nicht genug personelle Ressourcen. Traditionelle Banken könnten hier durch persönliche Betreuung eine bessere Dienstleistung erbringen und den Kunden vor unüberlegten Handlungen schützen. In der Praxis tun sie es freilich auch nicht.

Für die Geldanlage wäre meine Schlussfolgerung diese: die Kosten der Geldanlage müssen so gering wie möglich gehalten werden, was für die neuen Anbieter spricht. Diesen kann man auch einen Teil des Vermögens zur standardisierten Verwaltung übertragen, muss aber sicherstellen, dass man die Gesamtstruktur des Vermögens – vor allem die Aufteilung auf Aktien, Immobilien, Gold und Liquidität – noch selber bestimmen und anpassen kann.

Letztlich muss man einen Weg finden, Panik zu unterbinden. Das schlimmste was passieren kann, ist dass man den „Verkaufen“-Knopf zum falschen Zeitpunkt drückt.

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