Stelter strategisch

Vermögenserhalt in Zeiten des Helikopter-Geldes

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Nähern wir uns also dem „Endspiel“

Es dürfte kein Zufall sein, dass die EZB vernehmlich über weitere Maßnahmen nachdenkt, die Bank of England Negativzinsen diskutiert, und die Bank of Japan betont, „bei Bedarf“ ihr Programm noch auszuweiten. Die Notenbanken gehen konsequent den eingeschlagenen Weg weiter, obwohl es immer offensichtlicher wird, dass wir uns in einer Sackgasse befinden. Die bereits zitierte Bank für Internationalen Zahlungsausgleich – immerhin eine Art Zentralbank der Zentralbanken – bleibt ungehört, wenn sie deutlich feststellt: wenn eine Medizin nicht wirkt, sollte man nicht die Dosis erhöhen, sondern fragen, ob es die richtige Medizin ist.

So nähern wir uns also dem „Endspiel“: dem Helikopter-Geld. Es zeigt sich, dass selbst die unkonventionelle Geldpolitik immer weniger Effekt auf die Realwirtschaft hat. Die Überschuldung hemmt das Wachstum, immer weniger potentielle Schuldner haben noch Verschuldungskapazität und –bereitschaft. Deshalb wird der Ruf nach den Helikoptern immer lauter – in Anspielung an den verstorbenen Nobelpreisträger Milton Friedman, der als allerletztes Mittel der Notenbank, um eine Krise zu bekämpfen, vorgeschlagen hat, Geld mit dem Helikopter abzuwerfen. In der Praxis sähe das selbstverständlich anders aus.

Die Notenbanken würden dazu übergehen, Staaten direkt zu finanzieren, damit sie Investitions- und Konjunkturprogramme starten. Geht es nach den Befürwortern dieser Idee, würden die Notenbanken das Geld den Staaten jedoch nicht leihen, sondern schenken. Idealerweise kombiniert mit einer Abschreibung der Staatsanleihen, die sich bereits im Besitz der Notenbanken befinden, auf Null. Nur so würde die volle Wirkung erreicht.

Wir Deutsche fühlen uns sogleich an die Weimarer Republik erinnert. Dabei ist es zunächst gar nicht so, dass die direkte Finanzierung der Staaten durch die Notenbanken unmittelbar zu Inflation führen muss. Zu groß ist der deflationäre Druck von Überkapazitäten und Überschuldung. Zur Inflation dürfte es erst dann kommen, wenn die breite Bevölkerung das Vertrauen in Geld verliert. Der bekannte Inflationsforscher Peter Bernholz hat dies sehr schön analysiert. Die meisten Hyperinflationen spielen sich in sehr kurzer Zeit ab.

Deshalb müssen wir bei der Geldanlage weiterhin in Szenarien arbeiten. Sowohl Deflation wie auch hohe Inflation bleiben denkbar. Je aggressiver die Notenbanken werden, desto wahrscheinlicher ist der Umschlag in Inflation, wie bei der hier vor einigen Wochen beschriebenen Ketchup-Flasche. Bis dahin dürfte das Spiel weiter gehen wie bisher. Nochmals tiefere Zinsen bedeuten nochmals geringere Renditen für alle Vermögenswerte.

Der legendäre Bondinvestor Bill Gross stellte kürzlich fest: “Wann wird unser auf Schulden basierendes Finanzsystem kollabieren? Dann, wenn alle Vermögenswerte die man kaufen kann, zu wenig Rendite für zu viel Risiko bringen. Dann werden die Investoren beginnen, statt Anleihen und Aktien Bargeld unter dem Kopfkissen zu horten.”

Bevor wir das im großen Stil tun, kann man getrost davon ausgehen, dass wir uns mit massiven Eingriffen wie Bargeldverbot und Kapitalverkehrskontrollen herumschlagen müssen. Denn diese sind die logische Konsequenz der heutigen Wirtschaftspolitik. Deshalb: schon heute regional diversifizieren und am Portfolioansatz festhalten, für Deflation wie nachfolgende Inflation.

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