Stelter strategisch

Das Dilemma des Strategen

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Qualitätsaktien überleben jedes Szenario

Der Stratege könnte jetzt sagen, ich ändere gar nichts an meiner Allokation. Diese ist richtig und wie sollte ich besser als andere wissen, was passiert. Werden die Finanzmärkte doch so stark wie nie von (geld)politischen Entscheidungen und global vagabundierender Liquidität getrieben. Dennoch fällt es auch dem Strategen schwer, zwischenzeitlich Verluste hinzunehmen und sich Gewinne entgehen zu lassen. Verwaltet man nur sein eigenes Geld, geht das vielleicht noch. Sobald man für Dritte agiert, droht Kritik und Geldabfluss.

Also habe ich mir meine Positionen nochmals gründlich angeschaut und überprüft, wie man taktisch agieren könnte, ohne dabei die große Linie zu verlieren. Die Banker würden es ein „taktisches Overlay“ nennen. Beim Anleihenanteil unseres Portfolios ist es im Moment nicht unbedingt falsch, etwas mehr in längere Laufzeiten zu gehen. Das gilt vor allem für das Szenario, dass wir es doch wieder mit einer Rezession zu tun bekommen. Gute Unternehmensadressen zahlen in US-Dollar durchaus wieder vier Prozent. Im Falle einer Deflation nicht schlecht.

Die Qualitätsaktien, die ich halte, werden in jedem Szenario überleben, sind aber auch nach der Korrektur der letzten Wochen nicht mehr billig. 2015 ist eben nicht 2009. Verkaufen will ich sie dennoch nicht. Aber die hohe Volatilität der Märkte bietet die Möglichkeit eines Zusatzertrages. Also habe ich für einen Teil der Positionen Calls geschrieben. Das bringt zur Zeit rund fünf Prozent des Kurswerts, die ich als Prämie für das Stillhalten vereinnahme. Fallen die Aktien weiter, habe ich so wenigstens einen kleinen Zusatzertrag und ich denke ohnehin langfristig. Sollte der Markt wirklich steigen, und die Calls ausgeübt  werden, verliere ich zwar diese Aktien und habe nicht den vollen Kursgewinn mitgenommen, kann aber bei der nächsten Korrektur wieder einsteigen. Und sowieso mache ich das nur für maximal 50 Prozent meiner Aktienposition.

Bei Währungen und Gold aufstocken

Taktische Chancen ergeben sich auch im Währungsbereich. Der Euro ist recht stark zur Zeit. Eine gute Gelegenheit, um den Anteil an Währungen besserer Qualität zu erhöhen. Schließlich lautet unsere Strategie, angesichts der strukturellen Probleme der Währungsunion auch Währungen zu diversifizieren.

Gleiches gilt für Gold und Goldminen. Die Strategie der Portfolio-Rebalancierung erfordert es geradezu hier aufzustocken. Nachdem die Minen um bis zu 90Prozent gefallen sind dürften sie einen erheblichen Hebel bieten, sollte der Goldpreis doch nach oben ausbrechen. Wenn man die Nachrichten sieht, bekommt man dieser Tage mehr Argumente für Gold als dagegen geboten.

So versuche ich die Unsicherheit aufzufangen ohne an der eingeschlagenen Strategie zu rütteln. Denn eines ist sicher. Vermögenserhalt hat Priorität.

Daniel Stelter ist Ökonom, langjähriger Unternehmensberatung sowie Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Forums „Beyond the Obvious“, das Antworten auf die wirtschaftlichen und finanzpolitischen Fragen unserer Zeit sucht.

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