Stelter strategisch

Chips vom Tisch?

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Sparprogramme wären Makulatur

Sparprogramme wären (noch mehr als ohnehin schon) Makulatur. Richtig an einer solchen Börsenreaktion wäre sicher, dass die kurzfristigen Aussichten für ein Überleben des Euro tatsächlich besser sind, wenn die Italiener durch ihr Votum einen Politikwechsel herbeiführen anstatt die derzeitige Politik fortzusetzen.

Aber Vorsicht: Diese kurz- und mittelfristige Einschätzung darf keineswegs als Optimismus meinerseits interpretiert werden. Langfristig retten kann man den Euro mit diesen Maßnahmen nicht. Sie wären vielmehr nur eine noch höhere Dosis an Schmerz- und Rauschmitteln. Der Patient kann temporär wieder Bäume ausreißen, bleibt aber sterbenskrank.

Letztes Hurra

Starten wir in Europa einen massiven Versuch zur Reflationierung, könnten die Inflationserwartungen anziehen und der Euro dank dann ebenfalls steigender Zinsen relativ zum US-Dollar wieder etwas Boden gut machen. Willkommener Nebeneffekt einer Synchronisierung der europäischen Wirtschaft mit der US-Wirtschaft unter Trump, was auch die protektionistischen Neigungen in den USA dämpfen könnte. Ein Szenario also, in dem die Finanzmärkte zu einer Party erster Güte ansetzen könnten. Was kümmern uns da schon die langfristig schlechten Aussichten?

Langfristig nämlich bleiben wir ohne eine deutliche Bereinigung der Schuldenlast in der Welt und ohne konsequente Maßnahmen zur Steigerung der Erwerbsbeteiligung und der Produktivität in einer Phase geringen Wachstums gefangen. Und auf das kommt es letztlich auch bei den Kapitalerträgen an, vor allem wenn man sich wie wir schon auf einem hohen Bewertungsniveau für alles befindet.

Schon im nächsten Jahr könnten allerdings die Hoffnungen zerplatzen, wenn anziehende Inflationsraten, steigende Zinsen und Löhne die Wirtschaft der USA und davon ausstrahlend die Welt in eine Rezession stürzen.

In Arbeit
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Undenkbar ist das nicht, selbst angesichts der Konjunkturmaßnahmen der neuen US-Regierung. Die dürften sich nämlich frühestens 2018 positiv bemerkbar machen.

Käme es zu dieser Entwicklung, könnten die Party an den Börsen und der Zinsanstieg in den Anleihenmärkten schon recht bald ein Ende finden. Den Strategen kümmert es nicht, weil er wie jedes Jahr eine Rebalancierung des Portfolios vornimmt, um wieder zur Standardaufteilung auf Cash/Bonds, Aktien, Immobilien und Gold zu kommen. Der Taktiker mag die Rally dazu nutzen, die Chips vom Tisch zu nehmen.

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