Stelter strategisch

Zeit, die Cashquote zu erhöhen

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Sprunghafter Anstieg

Auch in früheren Zinssenkungsphasen glaubten die Anleger, dass die Zinsen „nie wieder steigen“. Dennoch gingen die Zinsen immer wieder  hinauf und zwar, wie die Studie zeigt, durchaus dramatisch. Im Durchschnitt kletterte das reale Zinsniveau innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Trendwende um über drei Prozent. Als Auslöser für die Trendwenden identifiziert die Studie Katastrophen wie große Pestepedemien und Kriege. Nur Optimisten können mit Blick auf die heutige Situation in der Welt behaupten, dass ähnliche Katastrophen ausgeschlossen sind.

Die Geschichte spricht dafür, dass es zu einem deutlichen Anstieg der Zinsen kommen könnte und dies auch noch sehr schnell. Ein – wie auch immer ausgelöster – Anstieg des risikofreien Realzinses würde sich überproportional im allgemeinen Zinsniveau niederschlagen. Dies liegt daran, dass die Fähigkeit der Schuldner ihren Verpflichtungen nachzukommen abnimmt, sobald die Zinsen steigen. Da die Qualität der Schuldner in den letzten Jahren dramatisch gesunken ist – Beispiel: rekordhohe Verschuldung der US-Unternehmen – wäre eine Flucht der Investoren aus den dann wieder als hoch-riskant angesehenen Papieren die Folge.

Historische Beispiele gibt es dafür genug. Zuletzt war zum Höhepunkt der Finanzkrise zu beobachten, dass Anleihen, die zuvor noch als solide eingestuft wurden, dramatisch an Wert verloren. Dies wäre dann Auftakt für eine deflationäre Entwicklung, wir wie sie in der Weltwirtschaftskrise erlebt haben und die Irving Fisher in seiner „Debt-Deflation-Theory of Great Depressions“ eindrücklich beschrieben hat. Es wäre der ultimative Margin Call für die Weltwirtschaft.

Notenbanken halten dagegen?

Ein Alptraumszenario, welches schon 2008 fast wahr geworden wäre. Deshalb gehen die Optimisten davon aus, dass die Notenbanken eine solche Entwicklung um jeden Preis verhindern werden. Gelang es doch in den letzten 70 Jahren eine Deflation zu verhindern und jede Krise mit noch mehr und noch billigerem Geld zu unterdrücken. Warum sollte es also nicht bei der nächsten Krise wieder funktionieren?

Die Frage ist berechtigt. Bisher gibt es keinen Grund an der Allmacht der Notenbanken zu zweifeln. Natürlich ließen sich auch im historischen Vergleich noch tiefere Realzinsen durchsetzen. Natürlich können die Notenbanken zur direkten Finanzierung der Staaten übergehen, natürlich können die Helikopter zum Einsatz kommen und das Geld über den Städten abwerfen. Natürlich können die Notenbanker eine noch größere Blase an den Märkten aufpumpen.

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Andererseits sind die Notenbanken schon einen weiten Weg gegangen. Es besteht die realistische Gefahr, dass das Vertrauen in unsere Geldordnung bei weiteren drastischen Interventionen der Notenbanken abnimmt.

Die politische Akzeptanz für weitere Maßnahmen dürfte auch sinken. In Europa, weil die Maßnahmen der EZB immer auch eine Umverteilung zwischen den Mitgliedsländern bedeuten, der jegliche demokratische Legitimierung fehlt. In den USA, weil eine immer größere Gruppe an Politikern die Rettungspolitik der Notenbanken kritisch sieht.

Wir dürfen nicht vergessen, dass es die US-Notenbank Fed war, die in der Finanzkrise den europäischen Banken die dringend erforderliche US-Dollar-Liquidität zur Verfügung gestellt hat. Kommt es zu einem Zinsschock und damit zu einer neuen Krise in den Märkten, kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine US-Administration, die sich an den amerikanischen Interessen orientiert („America First“), eine erneute Rettung verweigert. Dies ist umso wahrscheinlicher, je größer die vorangegangene Katastrophe war, die den Zinsanstieg ausgelöst hat.

Die gute Nachricht ist, dass es noch lange bei tiefen Zinsen bleiben kann. Die schlechte, dass eine Trendwende rasch und drastisch verlaufen dürfte, mit entsprechenden Folgen für alle Assets, deren Preis am billigen Geld hängt. Nachdem niemand den Zeitpunkt vorhersagen kann, wäre es falsch, aus den Märkten auszusteigen. Es ist aber genauso falsch voll investiert zu bleiben. Cash bleibt im heutigen Umfeld die billigste Möglichkeit Risiken zu begrenzen.

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