Stelter strategisch

Suchen Sie Schutz vor Protektionismus und Handelskrieg!

Daniel Stelter Quelle: Presse
Daniel Stelter Unternehmensberater, Gründer Beyond the Obvious, Kolumnist Zur Kolumnen-Übersicht: Stelter strategisch

Noch überwiegt die Hoffnung. Doch was wäre, wenn es wirklich zu einem Handelskrieg käme? Gewinner gäbe es keine. Der Verlierer steht hingegen fest: Deutschland und seine Aktionäre. Anleger sollten sich vorbereiten.

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Die protektionistischen Tendenzen nehmen zu, nicht zuletzt durch Donald Trumps

Bislang ist es nur ein Säbelrassen. Den Drohungen der neuen US-Regierung gegen Deutschland und China mit Blick auf die hohen Außenhandelsüberschüsse sind bisher noch keine Handlungen gefolgt. Die Börsen gehen fest davon aus, dass es auch so bleibt.

Dabei ist die Kritik nicht so ungerechtfertigt wie es Medien, Politiker und Wirtschaftsvertreter hierzulande gerne darstellen. Natürlich liegt der Exporterfolg an der Qualität der hier erzeugten Güter und dem spezifisch deutschen Industriemix (Maschinen, Anlagen, Automobile), der eine entscheidende Rolle bei der Industrialisierung der Schwellenländer spielt. Natürlich ist es nicht die Schuld Deutschlands, dass der Euro so schwach ist, weshalb es ungerecht ist, uns diese Schwäche als unfairen Wettbewerbsvorteil vorzuwerfen. Umgekehrt können wir aber nicht leugnen, dass eine Deutsche Mark, so sie noch existierte, 20 bis 30 Prozent höher stünde und dass wir seit Einführung des Euro den Exportanteil am BIP auf über 40 Prozent fast verdoppelt haben.

Kapitalexport nicht in unserem Interesse

Ein Exportüberschuss von fast neun Prozent des BIP ist kein Zeichen der Stärke, sondern ein Alarmzeichen erster Güte. Diesen Exportüberschüssen steht nämlich zwangsläufig ein Nettokapitalexport in gleicher Höhe entgegen. Der Kapitalexport erfolgt durch Direktinvestitionen und zum überwiegenden Teil als Kreditvergabe ans Ausland. Angesichts der weltweiten Überschuldungssituation muss bezweifelt werden, dass diese Kredite in Zukunft vollumfänglich zurückgezahlt werden. Vielmehr drohen in der nächsten Krise, bei der nicht das „ob“, sondern nur das „wann“ offen ist, erhebliche Verluste, wie schon in der letzten Finanzkrise 2008.

"Wir Europäer haben unser Schicksal selbst in der Hand.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel Quelle: dpa
Verband der Automobilindustrie (VDA)Der Verband nimmt die neue Androhung hoher Importzölle für die Branche von Donald Trump ernst. „Allerdings muss sich erst noch zeigen, ob und wie diese Ankündigungen künftig von der US-Administration umgesetzt werden“, sagte VDA-Präsident Matthias Wissmann am Montag. „Im US-Kongress dürfte es gegen Importsteuer-Pläne erheblichen Widerstand geben.“ Denn Investitionsentscheidungen würden langfristig geplant und nicht von heute auf morgen über Bord geworfen. „Mit dem Aufbau von Zöllen oder anderen Handelsbarrieren würden sich die USA langfristig ins eigene Fleisch schneiden“, sagte Wissmann weiter. Schon Einschränkungen der nordamerikanischen Freihandelszone Nafta würden der Wirtschaft einen deutlichen Dämpfer geben. Quelle: dpa
Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments Quelle: dpa
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)Der DGB hat die Drohung des künftigen US-Präsidenten Donald Trump mit Strafzöllen gegen deutsche Unternehmen kritisiert. Diese Haltung sei "völlig blind für ökonomische Zusammenhänge", sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann. Vor dem Hintergrund der eng verflochtenen Weltwirtschaft seien negative Rückwirkungen einer solchen Politik nicht nur in Deutschland und Europa, sondern auch in den USA selber nicht auszuschließen. "Das werden auch die amerikanischen Bürgerinnen und Bürger merken, dass dieser Pfad von Herrn Trump ein Holzpfad ist", sagte Hoffmann. Der DGB-Chef warnte vor einer Rückkehr zu Protektionismus und Kleinstaaterei. "Das verträgt sich überhaut nicht mit unseren Vorstellungen einer fairen Gestaltung von Handel und Globalisierung." Im Zuge der Globalisierung habe es zwar Unwuchten gegeben. Statt neue Grenzen oder Mauern zu bauen, komme es aber darauf, "die Wohlstandsgewinne, die ja mit Globalisierung durchaus einhergehen", gerecht zu verteilen. Quelle: dpa
Jens Spahn, Mitglied des Präsidiums der CDUCDU-Vorstandsmitglied Jens Spahn sieht bei Trump ein falsches Bild von der EU, „auch von dem, was sie leistet“. Er sagte im „Bild“-Talk, die EU sei auch „eine Wertegemeinschaft“. Ähnlich bewertete der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen Trumps Äußerungen. Er sagte der „Heilbronner Stimme“: „Trump ist Trump geblieben. (...) Was sich verfestigt, ist die Sichtweise Trumps, in der der Westen keine Rolle spielt, weder als normative noch als politische Einheit. Diese Einheit war und ist aber entscheidend für die Sicherheit Europas.“ Quelle: dpa
CDU-Fraktionsvize Michael Fuchs"Man sollte die Kirche im Dorf lassen. Trump wird nicht alles, mit dem er jetzt droht, durchsetzen können", sagte Fuchs am Montag zu Reuters. "Strafzölle müssen vom Kongress abgesegnet werden. Nicht einmal da stehen alle Republikaner hinter ihm." Deutsche Firmen sollten sich nicht einschüchtern lassen. Der Generalsekretär des Wirtschaftsrates der CDU, Wolfgang Steiger, äußerte sich ähnlich. Der CDU-Politiker Fuchs gab zu bedenken, dass Strafzölle zu höheren Autopreisen in den USA führen würden. Quelle: dpa
Bundeswirtschaftsminister Sigmar GabrielSigmar Gabriel hat die USA vor einer Abschottung durch Strafsteuern etwa für im Ausland produzierte Autos gewarnt. "Die amerikanische Autoindustrie wird dadurch schlechter, schwächer und teurer", sagte der SPD-Vorsitzende der "Bild" am Montag. Zudem würden sich amerikanische Autobauer umgucken, wenn auch Zulieferteile, die nicht in den USA produziert würden, mit Strafzöllen belegt würden, konterte Gabriel den künftigen US-Präsidenten Donald Trump. Dieser hatte beklagt, dass zu viele deutsche und zu wenige US-Autos in New York zu sehen seien. Auf die Frage, wie dies zu ändern sein, sagte Gabriel: "Dafür müssen die USA bessere Autos bauen." Quelle: dpa

Es wäre vernünftiger, weniger Kapital zu exportieren und mehr im Inland zu investieren und zu konsumieren. Der Investitionsrückstau der öffentlichen Hand ist kein statistisches Problem. Wir alle können die Folgen täglich beobachten – marode Schulen, gesperrte Brücken und Schlaglöcher in den Straßen. Doch nicht nur Reparaturen an der alten Infrastruktur sind dringend erforderlich, auch Investitionen in die Zukunft: Stichworte Breitbandnetz, Bildung und Forschung.

Eine Änderung der Politik wäre also nicht nur ein Weg, um die ausländischen Kritiker zu besänftigen, sondern auch in unserem eigenen Interesse. Neben staatlichen Ausgaben könnte dies über steuerliche Anreize für inländische Investitionen und eine Abgabenentlastung für kleine und mittlere Einkommen mit hoher Ausgabenneigung realisiert werden. Die Antwort aus Sicht der Anleger wäre auch klar: Unternehmen, die vom Binnenkonsum leben, wären ein klarer Kauf. Ebenso Infrastruktur- und Bauwerte. Diese finden sich nicht unbedingt am deutschen Markt, aber ein Blick über die Landesgrenzen hinaus ermöglicht den Kauf von Unternehmen, die erheblich von Investitionen hierzulande profitieren würden. Die österreichische Strabag ist ein gutes Beispiel hierfür.

Protektionismus träfe hart

Leider sieht es nicht danach aus, dass die Bundesregierung mit einer derartigen Kehrtwende ihren Kritikern den Wind aus den Segeln nimmt. Dabei ist die US-Regierung keineswegs allein. Sie ist bisher nur am lautesten. Der Widerstand gegen das deutsche Wirtschaftsmodell wächst auch in der EU und dürfte im Zuge eines an spannenden Wahlen nicht armen Jahres deutlich zunehmen. Eine protektionistische Politik würde Deutschland schwer beeinträchtigen.

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