Streit ums Testament Wie geprellte Erben an ihr Geld kommen

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Ein Konto ist per EC-Karte flott geplündert

Denn die Schweizer kooperieren zwar enger mit ausländischen Steuerfahndern – allen anderen gegenüber pochen sie aber umso entschlossener auf ihr Bankgeheimnis. Zudem haben viele nach den Datendiebstählen der vergangenen Jahre ihre Regularien verschärft. „Mitarbeiter fürchten, dass ihnen Vorwürfe gemacht werden, wenn sie Auskünfte erteilen“, glaubt Notz.

Die Schweizerische Bankiervereinigung versichert dagegen, dass für Bankauskünfte bereits eine „Ahnung“ ausreiche. Konkrete Verdachtsmomente oder gar Belege wären demnach unnötig. Notz rät dazu, bereits im ersten Brief zu schreiben, dass es Anhaltspunkte für eine Kundenbeziehung gibt. „Wer nur schreibt, dass er mit seinem Vater früher oft im selben Skiort war und deshalb bei der dortigen Filiale ein Konto vermutet, kann Probleme bekommen.“

Erben, die keine Hinweise auf eine bestimmte Bank finden, können beim Finanzamt nachhaken. Denn wenn der Verstorbene eine Selbstanzeige abgegeben hat, weiß die Behörde von Konten im Ausland. „Erben haben ein Auskunftsrecht gegenüber dem Finanzamt“, sagt Horn. Und da der Fiskus Erbschaftsteuer haben will, ist es auch im Interesse der Beamten, dass die Erben Vermögen auf die Spur kommen.

Wie Sie mit Kettenschenkungen Ihr Erbe sichern
Das Weiterverschenken von Präsenten ist eigentlich verpönt. Bei Vermögenswerten indes kann es helfen, Schenkungsteuer zu sparen. Im Rahmen einer Kettenschenkung werden Vermögenswerte meist in zwei aufeinanderfolgenden Schritten an zwei verschiedene Erwerber übertragen. Eine Kettenschenkung im Familienkreis eröffnet attraktive Steuervorteile, betont die Mönchengladbacher Wirtschaftskanzlei WWS. Bei hohen Werten lassen sich schnell einige Tausend Euro Steuern einsparen. Quelle: dpa
Bei einer Kettenschenkung werden Vermögensgegenstände zunächst an nahe Angehörige, den Ehegatten oder den eingetragenen Lebenspartner übertragen. Denn für sie räumt der Gesetzgeber die höchsten Freibeträge für Schenkungen ein. Ehegatten und eingetragene Lebenspartner dürfen sich gegenseitig in zehn Jahren bis zu 500.000 Euro steuerfrei schenken. Quelle: dpa
Schenkungen an Kinder, Stief- und Adoptivkinder bleiben bis immerhin 400.000 Euro vom Fiskus verschont. Nahe Verwandte oder Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner dienen als Mittelsperson, erst dann gelangen die Vermögenswerte an die gewünschte Zielperson. Quelle: dpa
Eine interessante Option sind Kettenschenkungen etwa für Schenkungen von Großeltern an ihre Enkel. Bei direkten Übertragungen auf Enkel beträgt der Freibetrag lediglich 200.000 Euro. Deshalb werden Zuwendungen zunächst auf das eigene Kind übertragen. Anschließend schenkt das Kind den Vermögensgegenstand an das Enkelkind weiter. Weitere typische Fälle sind Zuwendungen von Eltern an Schwiegerkinder. Auch hier ist eine Zwischenübertragung an die leiblichen Kinder von Vorteil. Quelle: dpa
Die obersten Gerichte haben die Rechtmäßigkeit von Kettenschenkungen wiederholt bestätigt. Allerdings sind strenge Bedingungen zu erfüllen. „Eine Kettenschenkung ist nur dann erfolgreich, wenn die Finanzbehörden den Zwischenerwerb anerkennen und keine unmittelbare Zuwendung vom ersten Schenker an den letzten Beschenkten annehmen“, betont Stephanie Thomas, Rechtsanwältin und Steuerberaterin der WWS. Der Bundesfinanzhof hat jüngst in einem Urteil (BFH, Az. II R 37/11) die Voraussetzungen für Kettenschenkungen präzisiert. Besonders wichtig sind zwei Punkte: Zum einen darf der Zwischenerwerber nicht zur Weitergabe des erworbenen Gegenstands verpflichtet sein. Zum anderen muss die erste Schenkung bereits ausgeführt sein, bevor die zweite Schenkung vereinbart wird. Quelle: dpa
Jede Kettenschenkung ist gründlich zu planen, damit Finanzbehörden wenige Angriffspunkte haben. Im Vorfeld sollte immer fachlicher Rat eingeholt werden. So lassen sich die Vor- und Nachteile einer Kettenschenkung für die persönliche Vermögenssituation durchspielen. „Auch wenn attraktive Steuervorteile locken, so führt das Weiterverschenken immer auch zu einem doppelten Verbrauch von Freibeträgen“, hebt WWS-Expertin Thomas hervor. Quelle: dpa
Das Finanzamt erlangt in jedem Fall unmittelbar Kenntnis von dem Sachverhalt. Grundsätzlich ist jede Schenkung zu melden, egal ob dafür Steuern fällig sind oder nicht. Sowohl Schenkender als auch Begünstigter müssen die Schenkung innerhalb von drei Monaten beim Finanzamt anzeigen. Zuständig ist das Finanzamt des Schenkers. Wird die Schenkung notariell beurkundet, so setzt der Notar die Finanzbehörden über die Schenkung in Kenntnis. „Das Finanzamt wird bei Schenkungen grundsätzlich prüfen, ob es sich um ein oder zwei Zuwendungen handelt“, so WWS-Expertin Dr. Thomas. Quelle: dpa

3. Umfrage unter den Bankenverbänden starten

Wer keine Hinweise findet, kann hierzulande Nachforschungsaufträge erteilen: Der Bundesverband Deutscher Banken, der Deutsche Sparkassen- und Giroverband und der Bundesverband der Volks- und Raffeisenbanken fragen dann bei ihren angeschlossenen Instituten nach.

Zuständig sind in der Regel die jeweiligen Landesverbände; die formalen Voraussetzungen und das Prozedere unterscheiden sich im Detail. Informationen gibt’s zum Beispiel auf www.bayerischer-bankenverband.de (Stichwort „Nachforschungen“) oder auf www.bvr.de (Stichwort „Kontosuche“).

In Steueroasen gibt es dagegen oft keine zentralen Anlaufstellen. In der Schweiz bietet der Banken-Ombudsmann (www.bankingombudsman.ch) zwar Nachforschungen zu „nachrichtenlosem Vermögen“ an. Das betrifft aber nur Fälle, in denen der Kontakt zum „Kunden resp. dessen Bevollmächtigten“ abbricht – etwa, weil keine Briefe mehr zugestellt werden können.

Gerade bei Schwarzgeldkonten wird die Korrespondenz aber häufig bei der Bank gelagert – und dann gilt ein Konto erst als nachrichtenlos, wenn zehn Jahre kein Inhaber erschienen ist. „In einem mir bekannten Fall wurden Kontoauszüge an die Lebensgefährtin des Verstorbenen in Ascona geschickt, und deshalb hat niemand etwas bemerkt “, sagt Erbenfahnder Notz.

Steuerklassen und Freibeträge für Erben und Beschenkte

4. Transaktionen überprüfen

Sobald es eine positive Rückmeldung gibt, sollten Erben Vollmachten widerrufen und „eine Auflistung der Konto- und Depotbewegungen sowie gegebenenfalls der Schließfachbesuche anfordern“, rät Horn.

Deutsche Banken liefern Informationen für die letzten zehn Jahre – fordern dafür aber oft mehrere Hundert Euro Gebühren. Schweizer Banken liefern laut Bankiervereinigung ebenfalls Informationen über Bewegungen auf dem Konto oder im Depot für die zehn Jahre. Denn so lange dauert die Aktenaufbewahrungspflicht.

Man erfährt auch von einem etwaigen Schließfach, berichtet Notz. Das Problem hier: Da niemand weiß, was drin war, lassen sich illegale Dispositionen kaum nachweisen. „Derjenige, der nach dem Tod am Schließfach war, kann einfach sagen, dass nichts drin war“, sagt Horn. Dann sei der Erbe in der Beweispflicht.

Das könnte sich gerade jetzt für manchen Erben als Problem herausstellen, da viele Steuerhinterzieher aus Angst vor Entdeckung Bargeld oder Goldbarren in Bankschließfächern bunkern. Stellt sich dagegen heraus, dass der Bevollmächtigte nach dem Tod des Eigentümers noch Geld vom Konto abgehoben hat, ist die Rechtslage eindeutig: Er muss es wieder rausrücken.

„Es gehört zum Erbe und wird zwischen den Erben aufgeteilt“, sagt Horn. Das kann sogar für Transaktionen vor dem Tod gelten. „In solchen Fällen müssten Bevollmächtigte beweisen, dass eine Abhebung oder Überweisung im Interesse des Kontoinhabers war“, sagt Horn. Und das sei oft schwierig.

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