Plötzlich musste es schnell gehen: Nachdem das Amtsgericht das Testament für ungültig erklärt hatte, das sie zur Haupterbin ernannte, räumte eine Witwe das Schwarzgeldkonto ihres verstorbenen Gatten leer.
„Mithilfe von Vollmachten und persönlichen Beziehungen zu Schweizer Bankern hat sie mehrere Hunderttausend Euro eingestrichen – zulasten der rechtmäßigen Erben“, berichtet Herbert Notz. Der Inhaber der Firma Internationale Vermögensrecherche in Zürich ist darauf spezialisiert, Vermögen im Ausland aufzuspüren, und beschäftigt sich bereits seit mehreren Jahren mit dem Fall.
Die Rechtslage ist eindeutig: Der Verstorbene – ein Berliner Unternehmer – hatte mit seiner ersten Frau ein „Berliner Testament“ verfasst, demzufolge zunächst der überlebende Partner und am Ende die beiden gemeinsamen Kinder erben sollten. „Daran blieb der Mann gebunden“, sagt Notz. Das zweite Testament zugunsten der zweiten Gattin sei deshalb ungültig.
Wertlose Immobilien
Trotzdem haben Tochter und Sohn aus erster Ehe noch keinen Cent des Erbes gesehen. Denn während die Witwe das Vermögen in der Schweiz einstrich, erwiesen sich Immobilien und Firmenanteile in Deutschland wegen hoher Schulden als wertlos. Die Tochter schlug das Erbe aus Angst vor Forderungen der Gläubiger sogar aus.
Doch der Sohn ließ es darauf ankommen – und engagierte Vermögensfahnder Notz, der bei Schweizer Geldhäusern nachhakte und dabei die illegalen Transaktionen der Witwe aufdeckte. Vor wenigen Wochen konfrontierte er sie damit und wartet jetzt auf ein Vergleichsangebot.
Solche Fälle erleben Erbrechtsexperten immer wieder. Auslöser für erbitterte Streitigkeiten ist dabei meist eine neue Ehe des Verstorbenen. Denn mangels familiärer Bindung wird in solchen Fällen oft besonders erbittert ums Erbe gekämpft.
Es sei aber bisweilen schwierig, nachzuweisen, dass Stiefmutter oder Stiefvater hohe Summen beiseitegeschafft haben, berichtet Notz. Chancenlos sind Betroffene aber nicht – wenn sie die Spielregeln kennen. Eine Anleitung in vier Schritten.
Diese Beträge dürfen Sie steuerfrei verschenken
Eheleute können ihrem Partner bis zu 500.000 Euro steuerfrei schenken. (Quelle: Statista)
Eltern können jedem Kind bis zu 400.000 Euro steuerfrei schenken. (Quelle: Statista)
Großeltern können jedem Enkel bis zu 200.000 € steuerfrei schenken. (Quelle: Statista)
Anderen Personen darf man steuerfrei bis zu 20.000 Euro schenken (Quelle: Statista).
1. Gründlich nach Hinweisen suchen
Bei Geldanlagen in Deutschland kann theoretisch nicht viel passieren: Im Todesfall informieren Banken das Finanzamt über Konten und Depots; das Vermögen, so scheint es, wird lückenlos erfasst.
Das Problem: „Bisweilen erfahren die Institute nicht vom Tod ihres Kunden“, berichtet Claus-Henrik Horn, Fachanwalt für Erbrecht in Düsseldorf. Es komme vor, dass Ehepartner das Ableben des Besitzers verschweigen und Konten oder Depots mithilfe einer Vollmacht oder schlicht einer EC-Karte am Geldautomaten plündern.
Und damit können sie sogar durchkommen. Denn wenn niemand sonst von dem Konto weiß, erfährt die Bank in der Regel nur vom Tod ihres Kunden, wenn Briefe zurückkommen – und das ist nicht der Fall, wenn der letzte Partner weiter an derselben Adresse wohnt und die Post in Empfang nimmt. Zudem müssen Banken auch dann hohe Summen überweisen oder auszahlen, wenn lediglich ein Bevollmächtigter des Kontoinhabers dies in Auftrag gibt.
„Nur bei offensichtlichem Missbrauch sind Bankmitarbeiter verpflichtet, beim Kontoinhaber nachzufragen“, sagt Pierre Rosenberger, Experte für Bankrecht bei Dornbach Rechtsanwälte in München. Die Schwelle dafür sei „sehr hoch“. Einschreiten muss die Bank, wenn Bevollmächtigte ein Konto auflösen oder auf ihren eigenen Namen umschreiben wollen. „Das ist von einer Vollmacht nicht gedeckt“, erklärt Rosenberger.
Aber Bevollmächtigte können das Konto eben leerräumen. Misstrauische Erben sollten deshalb gründlich nach Hinweisen auf Bankverbindungen suchen. Werbegeschenke wie ein Sparkassen-Kugelschreiber oder Bank-Telefonnummern in den Anruf- oder Kontaktlisten können dabei wichtige Indizien sein.
Checkliste: So finden Erben Schweizer Konten
Die wichtigste Regel: schnell handeln. „Ist Geld abgehoben oder überwiesen worden, kann es sehr schwierig sein, es wieder zurückzuholen – selbst wenn der Anspruch des Erben unstrittig ist“, sagt Herbert Notz, dessen Agentur Vermögen im Ausland aufspürt. Und so geht’s:
Erben müssen der Bank einen Erbschein schicken, manche Banken verlangen zudem eine Sterbeurkunde im Original. Um zu wissen, was nötig ist, sollten Betroffene vorher nachfragen.
Im Anschreiben sollten Sie der Bank die Gründe nennen, die den Verdacht bestätigen, dass der Verstorbene dort ein Konto hatte. Wer nur vage Vermutungen liefert, muss damit rechnen, dass seine Anfrage nicht bearbeitet wird. Denn Anfragen ins Blaue hinein verstoßen gegen Schweizer Recht.
Vermögensfahnder Notz rät deshalb zu klaren Aussagen – zum Beispiel, dass der Verstorbene von einem Konto berichtet oder regelmäßig mit der Bank telefoniert hat. Bei der Frage, was als Indiz ausreicht, bleibt Banken jedoch ein Ermessensspielraum.
Bisweilen schicken Banken verschwurbelte Antworten, in denen es etwa heißt, dass „aktuell keine aktive Kundenbeziehung“ besteht. Das kann aber bedeuten, dass der Verstorbene vor seinem Tod sehr wohl Kunde war. Deshalb rät Notz, sich von der Bank nicht mit Juristen-Kauderwelsch abspeisen zu lassen, sondern nachzuhaken.
2. Auskünfte bei der Bank beantragen
Wer fündig wird, sollte umgehend bei der Bank anfragen, ob der Verstorbene dort Konten oder Depots hatte. In Deutschland ist das meist kein Problem – in Steueroasen wie der Schweiz kann es dagegen mühsam sein. „Eidgenössische Banken verhalten sich wenig kooperativ“, sagt Vermögensfahnder Notz aus Zürich.
Ähnliche Erfahrungen hat Erbrechtler Horn gemacht. „Es kann vorkommen, dass Antragsteller keine Antwort bekommen“, sagt er. Diese Gefahr bestehe zum Beispiel, wenn sie sich nicht korrekt legitimieren. Zudem mauern Geldhäuser, wenn Antragsteller keine Gründe für die Vermutung nennen, dass der Verstorbene Kunde war. Dann sei schnell von einer „Anfrage ins Blaue hinein“ die Rede, die gegen das Bankgeheimnis verstößt, sagt Notz.