Studie Wo Rechnungen schnell bezahlt werden

Nicht in jedem Land zahlen Unternehmen ihre Rechnungen schnell und unverzüglich. Wo die Zahlungsmoral am meisten zu wünschen übrig lässt und wo die Schnellzahler zu finden sind.

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Die unzuverlässigsten Schuldner der Welt
Die Euro-Krise setzt Italien bereits seit Jahren zu. Nach mehreren politischen Führungswechseln versucht das südeuropäische Krisenland nun wieder Fuß zu fassen. Unter dem neuen Premier Matteo Renzi sind die Entwicklungen jedoch weiterhin nur marginal. Bei der Analyse der Zahlungsmoral kommt der Kreditversicherer Euler Hermes zu einem ähnlich schwachen Ergebnis. Die Inkasso-Komplexität in Italien ist hoch. Von Vorteil ist, dass Italien zur Europäischen Union zählt. Innerhalb der Europäischen Union gelten einheitliche Richtlinien. Diese Standardisierung macht sie zu einer insgesamt geschäftsfreundlichen Zone und vereinfacht den Handel sowie das innereuropäische Inkasso erheblich – Inkasso-Schwierigkeitsgrad: 53 (Es gilt: Je höher der Inkasso-Schwierigkeitsgrad, desto schwieriger ist es für Unternehmen, nicht gezahlte Rechnungen einzutreiben; Maximal-Schwierigkeitsgrad: 100). Quelle: dpa
Die türkische Wirtschaft gehört zu den am stärksten wachsenden Ökonomien im europäisch-asiatischen Raum. Trotz dieser Entwicklung ist die Zahlungsmoral des Landes alles andere als zufriedenstellend. In den vergangenen drei Jahren hat die Zahl der unbezahlten Rechnungen zugenommen. Kritisiert wird auch die mangelnde Unabhängigkeit der Gerichte, die im Falle nicht gezahlter Rechnungen nicht unbeeinflusst entscheiden würden. Inkasso-Schwierigkeitsgrad: 53 Quelle: dpa
In der größten Volkswirtschaft der Welt wird die Zahlungsmoral immer schlechter. Eine allgemeine Regelung bei Zahlungsverzug gibt es zudem nicht. Die Zahlungsbedingungen sind bei Geschäften in den USA meist nur ein Vertragspunkt. Das erhöht die durchschnittliche Dauer von Zahlungseingängen dramatisch. Inkasso-Schwierigkeitsgrad: 53 Quelle: AP
Auch Polen profitiert wie Italien davon, Mitglied der Europäischen Union zu sein – obwohl die Zahlungsmoral zu wünschen übrig lässt. Sechs der zehn wichtigsten Handelspartner deutscher Unternehmen verzeichnen maximal ein „erhebliches Risiko“ in Bezug auf die Inkasso-Komplexität. Die Vorteile einer einheitlichen Regelung in der EU beeinflussen die Platzierung von Ländern mit einer schlechten Zahlungsmoral wie Italien oder Polen positiv – Inkasso-Schwierigkeitsgrad: 54 Quelle: dpa
Tschechische Firmen zahlen in der Regel ihre Rechnungen recht zuverlässig. Allerdings kritisiert Euler Hermes das komplexe Rechtssystem und den Mangel an Transparenz. Problematisch wird es für die Rechnungssteller zudem, wenn ein Schuldner insolvent wird – Inkasso-Schwierigkeitsgrad: 58 Quelle: dpa
Unternehmen aus der Slowakei schneiden bei der Analyse besonders schlecht ab. Im EU-Vergleich werden Rechnungen von slowakischen Firmen nur sehr spät beglichen. Als problematisch wird auch das mangelnde Vertrauen in das Rechtssystem eingestuft – Inkasso-Schwierigkeitsgrad: 66 Quelle: dpa
In der zweitgrößten Volkswirtschaft haben Gläubiger es besonders schwer: „China ist für viele deutsche Exporteure ein wichtiger Wachstumsmarkt – die Zahlungsfristen sind dort jedoch weiterhin übermäßig lang, verspätete Zahlungen nicht effizient geregelt und Gerichten mangelt es an Transparenz. Zudem sieht das Gesetz beispielsweise keinerlei Beschränkungen für einen chinesischen Händler vor, eine neue Gesellschaft zu gründen – obwohl er ein Unternehmen in die Insolvenz getrieben und seine Schulden noch nicht beglichen hat“, sagte Ludovic Subran, Chefökonom der Euler Hermes Gruppe. – Inkasso-Schwierigkeitsgrad: 76 Quelle: AP

Mal ehrlich, bezahlen Sie ihre Rechnungen gleich? Oder landen die lästigen Zahlungsaufforderungen auch erst mal unter einem großen Stapel Post? Zumindest in den Schwellenländern dominiert letzteres. Das geht aus einer aktuellen Studie des Kreditversicherers Euler Hermes hervor. Demnach ist die Zahlungsmoral in den Industrieländern stabil oder nur leicht sinkend. In den Schwellenländern dagegen werden Rechnungen oft erst später bezahlt.

Gemessen wird die Zahlungsmoral an der Zeitspanne, die zwischen dem Erstellen der Rechnung und dem Zahlungseingang vergeht, den sogenannten "Days of Sales outstanding" (DSO). „In den Industrieländern ist die Zahlungsmoral 2015 mit durchschnittlich 64 Tagen DSO in den meisten Ländern auf Vorjahresniveau oder verbessert sich sogar leicht“, sagte Ludovic Subran, Chefvolkswirt der Euler Hermes Gruppe. In den Schwellenländern hingegen habe sich das Zahlungsverhalten verschlechtert, Rechnungen würden in diesem Jahr im Schnitt erstmals fünf Tage später bezahlt (69 Tage) als in den Industrienationen.

Am längsten Zeit gelassen wird sich in China und Russland. "Rechnungen werden dort 22 beziehungsweise 17 Tage später bezahlt als noch im Jahr 2007", sagt Subran. Aber auch Brasilien schwächele bei der Zahlungsmoral im laufenden Jahr.

Wer zahlt schnell in Europa

Hält in Europa das Klischee der pflichtbewussten Nordeuropäer und der lässigen Südländer? Zu großen Teilen ja. In Italien, dem Schlusslicht der europäischen Zahlungsmoral, müssen Unternehmen 32 Tage länger auf ihr Geld warten als im weltweiten Durchschnitt, der bei 66 Tagen zwischen Rechnungsstellung und Zahlungseingang liegt. Auch Frankreich liegt mit 78 Tagen sehr weit hinten im Ranking, zudem hat sich die Zahlungsmoral im vergangenen Jahr nochmals verschlechtert.

Zu den Schnellzahlern in Europa und weltweit gehört auch Deutschland. Neben den Niederlanden und Russland werden Rechnungen hier am schnellsten bezahlt.

Innerhalb der einzelnen Branchen fließt das Geld im Einzelhandel und der Lebensmittelindustrie am schnellsten zum Verkäufer. Schlechter sieht es dagegen bei den Industriegütern aus, hier hat sich die Zahlungsmoral gegenüber 2010 am stärksten verschlechtert.

Für die Studie hat der Kreditversicherer Euler Hermes das Zahlungsverhalten von börsennotierten Unternehmen in 15 Ländern und elf Branchen analysiert.

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