Südamerika für Anleger Anlegen zwischen Börsenboom, Hyperinflation und Hungersnot

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Neue Regierungen forcieren den Wandel

„Uns ist ein bisschen schwindelig angesichts der Geschwindigkeit und Effizienz mit der Macri seine Entscheidungen trifft“, sagt Dante Sica, einer der führenden Wirtschafts- und Politberater Argentiniens.

Einen ähnlichen radikalen Politikwechsel erlebte Brasilien mit dem eingeleiteten Amtsenthebungsverfahren gegen die Präsidentin Dilma Rousseff Ende Mai. Die Investoren sind erleichtert, dass die Präsidentin nach knapp fünfeinhalb Jahren aus dem Amt befördert wurde. Sie hat mit katastrophalen Fehlentscheidungen die Wirtschaft in die Krise manövriert. Ihr Vize Michel Temer muss nun dringend Reformen einleiten, damit Investoren, Unternehmen wie Konsumenten wieder Vertrauen fassen. Temers Erfolg steht und fällt mit dem Haushaltsausgleich. Er muss Ausgaben streichen und Einnahmen erhöhen – vermutlich auch mit Steuererhöhungen, damit die rasant steigende Verschuldung gebremst wird.

„Das Vertrauen in der Wirtschaft wächst seit dem Machtwechsel spürbar“, sagt Mauricio Molan, Chefökonom von Santander in Brasilien. Das liegt auch daran, dass sich die Wirtschaftsdaten bessern. Die Inflation sinkt. Die Exporte steigen, und Importe schrumpfen, sodass in der Leistungsbilanz schon ein Überschuss erwirtschaftet wird. Selbst die Industrie wächst wieder – wenn auch auf niedrigem Niveau. „Das fehlende Vertrauen in die Regierung hat Brasilien die Rezession beschert – das neue Vertrauen wird Brasilien wieder auf Wachstumskurs bringen“, hofft Molan und empfiehlt: „Jetzt Brasilien kaufen – kein Zweifel!“

Antikorruptionskampagnen zeigen Wirkung

Das wachsende Vertrauen der Südamerikaner liegt auch an den Antikorruptionskampagnen auf dem Kontinent: Gegen ein Dutzend amtierende oder ehemalige Staatsoberhäupter Lateinamerikas wird wegen Korruption ermittelt. Das ist neu.

Einmal superreich, heute pleite: Diese Milliardäre stehen in Brasilien für Aufstieg und Fall

Lange Zeit konnte die Elite in Lateinamerika sich darauf verlassen, straffrei auszugehen. Doch erstmals wird gegen mächtige Unternehmer und Politiker nicht nur ermittelt. Sie werden auch zu hohen Haftstrafen verurteilt. In Chile stehen Vertreter der mächtigen Unternehmerclans wegen Korruptionsverwicklungen vor Gericht. Marcelo Odebrecht, Eigentümer des größten Bau- und Chemiekonzerns Lateinamerikas aus Brasilien, wurde zu 19 Jahren Haft verurteilt. 145 Politiker, Beamte und Unternehmer sitzen in Brasilien hinter Gittern. „Kein Land weltweit geht so hart gegen Korruption vor“, sagt der Investmentguru Mobius. Auch er hat seine Investitionen in Brasilien erhöht.

Diese Entwicklung bekam allerdings auch Hoffnungsträger Temer zu spüren. Wegen Korruptionsverdachtsfällen mussten in knapp zwei Monaten schon drei Minister seines Kabinetts zurücktreten. Er muss aufpassen, seinen Kredit bei Investoren nicht schnell wieder zu verspielen.

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