Tipps der oberen Einhundert Was Superreiche jetzt kaufen

Jeder Reiche will Vermögen über Generationen bewahren. Aber wie geht das? Ein Blick auf die Strategie der verschwiegenen Family Offices der Superreichen und wie Anleger ihre Geschäfte kopieren.

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Foto von diversen Aktien. Quelle: www.nonvaleur-nachrichten.de / Montage: Marcel Stahn für WirtschaftsWoche

Viele reden davon, dass sie nach einem Kursrutsch Aktien kaufen wollen. Milliardär Georg von Opel hat es getan, beim Ingenieurkonzern Bilfinger. Dessen Aktie verlor nach zwei Gewinnwarnungen rund 30 Prozent. Von Opel kaufte über seine Schweizer Beteiligungsgesellschaft Hansa drei Prozent an dem Unternehmen, für knapp 80 Millionen Euro.

Der 48-jährige Nachkomme der Rüsselsheimer Autodynastie hat zudem ein Faible für Betongold: Er baut derzeit für rund 100 Millionen Euro im Frankfurter Westen den Büroturm St Martins Tower. Ein mutiges Projekt: Etwa 13 Prozent der Büroflächen im Stadtgebiet von Frankfurt stehen leer. Sein beherzter Einstieg bei Bilfinger könnte von Opel schneller Geld bringen.

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Aber um schnelles Geld geht es vielen Superreichen derzeit gar nicht. Gebetsmühlenartig predigen Manager der Family Offices (so heißen die Vermögensverwalter der Superreichen), dass „der Vermögenserhalt und nicht die schnelle Vermögensmehrung an erster Stelle“ stehe. So formuliert es Michael Riemenschneider, Chef des Reimann Investors Advisory, in dem einige Mitglieder der Familie Reimann ihre Geldgeschäfte regeln. Die Familie hat ihre Anteile am Putzmittelriesen Reckitt Benckiser (Sagrotan) verkauft. Seit 2012 betreibt sie mit der Deutsche Kontor Privatbank eine eigene Bank.

„Im aktuellen Umfeld vieler Krisenherde ist der Kapitalerhalt perspektivisch wichtiger als die Kapitalrendite“, sagt auch Andreas Rhein, Vorstand beim Focam Family Office, das Mitglieder der Familien Oetker, Schwarzkopf, Jacobs und Schwartau-Fabrikant Werner Holm über Beiräte an sich bindet und auf Wunsch auch deren Geldverwaltung übernimmt.

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Komplett abgeschottet sind die Family Offices nicht mehr. Einige verkaufen ihr Wissen auch an Privatanleger: Focam, die Deutsche Kontor Privatbank und auch Lange Assets & Consulting, bei denen die Verleger-Erben Axel Sven Springer und John Jahr zu den Gesellschaftern gehören, bieten heute Vermögensverwaltung oder Fonds an.

Äcker und Wälder

Bei Focam reicht das Anlageuniversum von Aktien über Immobilien und Gold bis hin zu Infrastrukturinvestitionen. Aus dem Know-how, das Focam über Jahre bei Forst- und Agrarinvestments gesammelt hat, ist jetzt ein Fonds entstanden, der in Forst- und Agraraktien investiert. „Der Anleger muss in Kauf nehmen, dass sein Vermögen nicht mehr so liquide ist wie in früheren Zeiten, als die Bundesanleihen noch Rendite abwarfen“, sagt Focam-Anlagestratege Rhein. Eine Bundesanleihe ist eben schneller zu verkaufen als eine Waldbeteiligung. Die in unserer Tabelle aufgeführten Fonds sind aber täglich handelbar.

Eines der bekanntesten Family Offices ist Spudy in Hamburg. Hier sind Ex-Arbeitgeberpräsident Klaus Murmann und die Familie von Dieter Ammer (Tchibo, Beiersdorf) als Gesellschafter mit im Boot. Spudy legt so an, dass eine Hälfte des Kapitals im Notfall kurzfristig liquidierbar wäre.

Die andere Hälfte ist langfristig investiert, etwa in Immobilien, Wäldern oder neuseeländischen Milchfarmen. Sieben bis acht Prozent Gold gehören zum liquiden Teil des Vermögens. „Die Anlageverteilung ist sehr langfristig ausgerichtet, einzelne Eingriffe gab es in den vergangenen Wochen etwa dadurch, dass wir Fondspositionen durch Derivate auf den Index Euro Stoxx abgesichert haben“, sagt Jens Spudy.

„Wir sehen die derzeitige Lage nicht als Krise“, sagt Min Sun, Partner und Chefanleger der Bad Homburger Vermögensverwaltung Taunus Trust. Das Unternehmen ist mit elf Partnern vor einem Jahr gestartet und betreut Kunden, die mindestens zehn Millionen Euro Vermögen anlegen können. Wie Sun waren viele der Partner zuvor bei Feri, der früheren Vermögensverwaltung der BMW-Eignerfamilie Quandt.

Wette auf DAX-Erholung

Nach der enttäuschenden Kursentwicklung in Europa sieht Sun hier schon wieder Chancen. Bei 9000 Punkten im Dax hat Taunus Trust in einigen Kundendepots „vorsichtig“ mit börsengehandelten Indexfonds auf eine Erholung beim Dax und den 50 größten Aktien des Euro-Raums im Euro Stoxx 50 gesetzt. Im Gesamtbestand der Kunden mache der deutsche Aktienmarkt aber nur 3,5 bis 5,0 Prozent aus. Die Begeisterung des Opel-Erben für Bilfinger teilt Sun nicht. „Das Geschäftsmodell hängt stark an der Energiewende, das fassen wir derzeit nicht an.“

Auch Riemenschneider vom Reimann Family Office sieht keinen Börsenabschwung, hat vorsichtshalber aber den Aktienanteil im Deutsche Kontor Vermögensmandat-Fonds auf 47 Prozent reduziert. Mitte Juli waren es noch 60 Prozent. Der Rest verteilt sich vor allem auf Staatsanleihen aus Industrieländern. Schwellenländer stehen auf der Watchlist. Der Anleihebestand sowie eine teilweise Absicherung des Aktienbestands über Derivate sorgten dafür, dass der Fonds in diesem Jahr noch sein Plus verteidigt.

„Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Krise ausweitet“, sagt Riemenschneider. Ein Grund für den „hohen Gesamtanspannungsgrad“ sei die Aussicht auf Zinserhöhungen in den USA. Die Ukraine und Russland seien ökonomisch für Europa nicht von besonderer Bedeutung. „Aber eine Eskalation würde zu einer Destabilisierung führen.“

Kern der Vermögensanlage der Reimanns ist der Aktienindex MSCI All Countries World. „Mit 2500 Einzelaktien im Korb ist er eines der stabilsten Aktieninstrumente und bietet zudem noch eine vernünftige Rendite“, sagt Riemenschneider. Durch den rund 45-prozentigen US-Anteil im Index profitierten Euro-Land-Anleger auch von einem steigenden Dollar. „In Krisen ist der Dollar stets eine Fluchtwährung“, sagt Riemenschneider.

Agrar-, Immobilien- und Versorgeraktien plus Schwellenländer-Bonds

Rund um das Kerninvestment platziert er Satelliten: Indexfonds für China und Indien und für Gesundheit, Energie und Immobilien. Verkauft hat Riemenschneider spanische, italienische und portugiesische Aktien. Bei Anleihen bleibt er der Euro-Peripherie treu, zu verlockend ist deren Renditeplus gegenüber Bundesanleihen.

Einig sind sich Focam, Taunus Trust, Deutsche Kontor und Spudy, dass sie Banken wieder trauen und kein Zusammenbruch des Systems drohe. Sehr große Guthaben werden dennoch als geschütztes Sondervermögen in Geldmarktfonds angelegt, letztlich also in kurz laufenden Staatsanleihen bester Bonität. Deren Ertrag liegt allerdings nur knapp über der Nulllinie.

Zu wenig für Gero Bauknecht: „Mit der Strategie des Bewahrens kann man in großen Krisen leicht zu den Verlierern gehören. Ich betätige mich da lieber unternehmerisch,“ sagt er und verweist auf seinen Großvater: „Er hat durch Schaffenskraft viele Krisen gemeistert. Dabei war der Blick nach vorn wichtiger als die Frage, ob eine Bank sicher genug ist.“ Die Familie des 47-Jährigen profitierte vom Verkauf ihres Hausgeräteherstellers. Gero Bauknecht finanziert heute Filme. Der von ihm mitlancierte Silver Reel Entertainment Mezzanine Fund war etwa an der Finanzierung von „Grace of Monaco“ mit Nicole Kidman beteiligt.

Mit dem in Verruf geratenen Steuersparmodell Filmfonds könne man Silver Reel nicht in einen Topf werfen, sagt Bauknecht. Der Fonds stellt Produktionsgesellschaften Kapital zur Verfügung und refinanziert sich über frühzeitige Verkäufe an Distributoren, die die Rechte weiter vermarkten. „Acht bis zehn Prozent Rendite pro Jahr bringt der Fonds mindestens“, sagt Bauknecht. „Wenn ein Film großen Erfolg an der Kinokasse hat, ist mehr drin.“ Und der Unterhaltungssektor korreliere nicht mit dem Kapitalmarkt und folge auch nicht den Aktienindizes, sagt er. Für Kleinanleger ist der Fonds aber nichts: Mindestanlagesumme ist eine Million Dollar.

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