Es ist jämmerlich: Ein Tagesgeldkonto wirft im Durchschnitt nur 1,5 Prozent ab. Damit bekommt der Sparer nur einen Schnaps mehr als für sein Bargeld im Kopfkissen – und auf jeden Fall zu wenig, um die jährliche Teuerungsrate bei den Verbraucherpreisen von derzeit rund zwei Prozent auszugleichen.
Wer also über Ersparnisse verfügt, muss sich fragen: Wohin mit dem Geld im Zinstief?
Die Antwort ist nicht ganz einfach. Wäre sie es, würden zum Beispiel auch Lebensversicherungen keine Mühe haben, die Spareinlagen ihrer Kunden mit vernünftiger Rendite – also vier Prozent und mehr – anzulegen. Dabei haben diese großen institutionellen Investoren ganz andere Möglichkeiten, Geld anzulegen: Rund um die Uhr, rund um den Globus, in allerlei Währungen und Anlageklassen. Und wenn diese Großanleger ihre üppig gefüllten Schatullen öffnen, können sie sogar noch das letzte Quäntchen Rendite in Verhandlungen herausholen.
Auf der Suche nach 100-prozentiger Sicherheit
Kommt der private Sparer aber mit ein paar tausend oder auch zehntausend Euro daher, wird ihnen wohl kaum der rote Teppich ausgerollt. Da gilt es, mit genauem Vergleichen und etwas Strategie das Optimum zu finden. Vor allem, wenn der Sparer die Risiken der Börse scheut und sich auf die Suche nach 100-prozentig sicheren Sparanlagen umschaut. Da sitzt der Teufel oft im Detail.
Die größte Sicherheit bieten unter diesen Voraussetzungen Sparbücher, Tagesgeld- und Festgeldkonten der Banken, Sparkassen und Volksbanken mit ihren vertraglich zugesicherten Zinsen. Was der Anleger dort einzahlt ist zudem über die gesetzliche Einlagensicherung der Geldinstitute mindestens bis zu einer Einlage von 100.000 Euro selbst vor einer Bankpleite geschützt. Viele Anbieter gehen aber schon aus eigenem Interesse über die Grenze hinaus und garantieren weit höhere Beträge.
Wer sein Geld auf einer Bank deponieren will, sollte daher die Konditionen penibel vergleichen. So gibt es etwa für Neukunden oder im Zuge von Sonderaktionen durchaus auch schon mal mehr als die üblichen null Prozent auf Girokonten, 0,5 Prozent für ein Sparbuch oder der durchschnittlich 1,5 Prozent für ein Tagesgeldkonto.
„Wer höhere als die marktüblichen Zinsen herausholen will, kann Aktionsangebote oder die höheren Zinsen von Anbietern aus anderen europäischen Ländern nutzen. Auch dort sind 100.000 Euro gesetzlich geschützt“, so Max Herbst, Inhaber der FMH Finanzberatung und Anbieter von detaillierten Zinsvergleichen aller Art.
Wer ein Girokonto braucht, kann versuchen, Sonderangebote der Banken zu nutzen – zum Beispiel für Kinder und Jugendliche. Schließlich wollen die Banken schon früh die zahlungskräftigen Kunden der Zukunft an sich binden. Wer zum Beispiel ein Konto für seine Kinder im Alter zwischen sieben und 26 Jahren eröffnet, bekommt beim Lego Konto der Hypovereinsbank für ein Guthaben bis 1500 Euro immerhin ein Prozent Zinsen. Zum Vergleich: den höchsten Zins auf ein Girokonto ohne Altersbeschränkung gibt es derzeit nach Angaben der FMH Finanzberatung bei der DKB Deutsche Kreditbank mit 0,42 Prozent für ein gebührenfreies Konto. Zum Lego Konto gibt mehr oder weniger sinnvolle Dreingaben wie den kostenlosen Zugang in ausgewählte Vergnügungsparks oder kleine Geschenke für drei Einzahlungen von jeweils mehr als zehn Euro. Wozu der junge Bankkunde dann die kostenlose Nutzung eines Wertpapierdepots benötigt, erschließt sich dem Kunden nicht.
Beim Mäusekonto der Hamburger Sparkasse (Haspa) erhalten die kleinen Sparer für die ersten 500 Euro Guthaben sogar vier Prozent Zinsen, für höhere Einlagen gibt es aber nur noch ein Prozent. Zudem ist der Zins variabel, kann sich also nach Ankündigung der Bank auch ändern.
Sparen auf Tagesgeldkonten
Mit Sparen im Sinne von Geldanlage hat das alles jedoch nichts zu tun – dazu sind die Beträge zu niedrig. Mit der Inflation verrechnet, verliert der Kunde unter dem Strich Geld. Da sind Tagesgeldkonten schon interessanter, zumal der Bankkunde sein Geld jederzeit abziehen kann.
Das Gros der Banken bietet allerdings nur 1,5 Prozent auf Tagesgeld. Sollte die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen weiter senken, würden auch hier die Zinsen weiter sinken. Max Herbst rechnet damit, dass es nach einer Leitzinssenkung noch drei bis vier Wochen dauert, bis die Zinssenkung an die Kunden weitergegeben wird. Für die Kontoeröffnung, bevor die Zinssenkungen greifen, bleibt so noch genug Zeit. „Wer höhere als die marktüblichen Zinsen herausholen will, kann Aktionsangebote oder die höheren Zinsen von Anbietern aus anderen europäischen Ländern nutzen. Auch dort sind 100.000 Euro gesetzlich geschützt“, so Herbst. Bei den Zinssätzen orientieren sich die Anbieter dabei an Marktführer ING Diba. Die deutsche Bank mit niederländischer Mutter bietet aktuell 2,25 Prozent für Neukunden und 1,5 Prozent für Bestandskunden auf Tagesgeld.
Wer mehr bietet, ist auf Kundensuche. Damit wollen Banken die kritische Masse in diesen Geschäftssparten steigern oder ihre Bilanzen mit den Kundengeldern aufpeppen. So bietet etwa die französische Gefa-Bank, eine Tochter der angeschlagenen Großbank Société Générale, aktuell für sechs Monate 2,5 Prozent Zinsen für Spareinlagen zwischen 10.000 und 500.000 Euro sowie die zusätzliche Einlagensicherung der privaten Banken über 250.000 Euro. Wichtig ist bei drohenden weiteren Zinssenkungen, dass der Zinssatz sechs Monate oder länger garantiert ist. Dies ist bei vielen Neukunden-Aktionsangeboten der Fall.
Noch mehr bietet etwa der Online-Broker Cortal Consors, ebenfalls deutsche Tochter einer in den Strudel der Euro-Krise geratenen französischen Großbank (BNP Paribas): Satte 4,5 Prozent gibt es dort auf Tagesgeld. Die Sache hat allerdings einen Haken: Kunden müssen auch ihr Wertpapierdepot zu Consors übertragen. Um ein Jahr lang 4,5 Prozent Zinsen zu erhalten, müssen allerdings Wertpapiere im Wert von 6000 übertragen werden und das alte Depotkonto gekündigt werden. So wird die Rückkehr zum alten Anbieter erschwert. FMH führt sie wegen der Bedingung nicht im Vergleich der Tagesgeldkonditionen auf.
Deutsche Banken müssen keine Kunden locken
Banken, die nur einen marktüblichen Zins bieten, sind auf zusätzliche Anreize für Neukunden offenbar nicht angewiesen. In europäischen Nachbarstaaten liegen die Zinsen jedoch generell etwas höher. Dank der Eskalation in der Euro-Krise brachten viele Euro-Sparer ihr Geld in das vermeintlich sichere Deutschland. Die großen Banken können sich also kaum über mangelnde Spareinlagen beklagen und sehen daher keinen Grund mit höheren Zinsen zu locken. „Wer sein Geld zu einer ausländischen Bank in Europa bringt, muss trotz aller Garantien im Fall einer Bankenpleite mit eventuellen Komplikationen rechnen“, mahnt Max Herbst. „Vielleicht gibt es dann von Verbänden Musterschreiben oder der Sparer benötigt im Extremfall einen Anwalt im jeweiligen Land, um die Ansprüche durchzusetzen. Wer sein Geld bei einer deutschen Bank einzahlt, entgeht diesem Risiko, bekommt aber auch etwas weniger Zinsen.“
Alternative Festgeld
Bleibt noch Festgeld. Wer sein Erspartes einer Bank für drei Monate oder länger fest anvertraut, kann etwas höhere Zinsen rauskitzeln – abhängig von der Dauer der Festlegung und der Höhe der Einzahlung. Für drei Monate gibt es derzeit im Schnitt nach FMH-Angaben ein Prozent, maximal 2,4 Prozent für 10.000 Euro. Wer 50.000 Euro für vier Jahre fest anlegen will, kann schon mit maximal 3,6 Prozent rechnen. Wer also Bares entbehren kann, schafft es mit Festgeld sogar, der Inflation ein Schnippchen zu schlagen – falls diese in den nächsten Jahren nicht doch deutlich anzieht. Die Rendite wird auch hier mit dem höheren Risiko einer ungewissen Zukunft erkauft.
Bei derart niedrigen Zinsen und der weiterhin unsicheren Zukunft des Euro erscheint es attraktiv, die Ersparnisse ausgeben – sei es für Konsumartikel wie Autos oder Unterhaltungselektronik oder eine Immobilie. Doch wer denkt, die niedrigen Zinsen machen die Ausgaben in irgendeiner Weise rentabler, sei gewarnt: Der neue Fernseher oder das neue Auto machen kreditfinanziert bestenfalls Sinn, wenn eine Neuanschaffung ohnehin ansteht. Werterhaltend sind sie kaum. Und selbst Sachinvestitionen mit Wertsteigerungspotenzial sind in der Regel nur über Konsumentenkredite ohne Sicherheiten finanzierbar. Dort liegen die Zinsen aber immer noch bei durchschnittlich sieben Prozent – auch wenn bei einzelnen Anbieter bessere Konditionen je nach Laufzeit, Kredithöhe und Bonität bis unter vier Prozent drin sind. Wer kann, sollte noch warten, denn die Anbieter geben sinkende Zinsen wenn überhaupt nur mit großer Verzögerung an die Kreditkunden weiter. Lieber bessern sie ihre Marge auf.
Allenfalls für Konsumenten, die noch einen alten Kredit mit einem Zinssatz von neun Prozent und mehr abbezahlen, könnte sich eine Umschuldung als Möglichkeit erweisen, Geld zu sparen. Dabei sind aber die Vertragsregelungen zu vorzeitiger Tilgung und Vorfälligkeitsentschädigungen unbedingt zu beachten. Genaues kalkulieren ist hier gefragt.
Dass die Zinsen besonders in Deutschland niedrig sind, ist auch an der Entwicklung der Renditen auf Bundesanleihen anzusehen. In der Euro-Zone sind sie die Anleihen mit den niedrigsten Renditen, weil sie das geringste Ausfallrisiko haben. Der Zins auf die deutschen Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit ist aber auch für viele Langfristzinsen der Banken die Orientierungsgröße schlechthin.
Weiter sinkende Bauzinsen
Viele Sparer haben daher die Gunst der Stunde erkannt und investieren ihre Ersparnisse in eine Immobilie. Und das heißt in den allermeisten Fällen, dass ihre Ersparnisse futsch und noch ein Berg langfristiger Schulden hinzukommt. Die drohende Inflation kann Steinen und Mörtel nichts anhaben, so der Grundgedanke. Sollte die Inflation zudem langfristig steigen, frisst sie die Schulden allmählich auf. Die Voraussetzungen dafür sind günstig: Die günstigsten Baudarlehen mit 10-jähriger Zinsbindungsfrist gibt es derzeit zu einem effektiven Jahreszins von 2,5 bis 2,6 Prozent. Im effektiven Zins sind die Nebenkosten und Gebühren für einen Kredit eingerechnet. Auch Sanierungsmaßnahmen boomen in diesem Umfeld. Wer kann, steckt sein Geld ins Haus.
Robert Haselsteiner, Gründer und Zinsexperte der Interhyp AG, Deutschlands größter Vermittler für Immobilienfinanzierungen mit den Angeboten von mehr als 400 Banken, rechnet nicht mit weiter sinkenden Bauzinsen. „Die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank wirkt sich nur bei den kurzfristigen Refinanzierungszinsen für Staatsanleihen aus. Auf die Langfristzinsen wie etwa für Hypothekendarlehen mit zehnjähriger Zinsbindungsfrist hat das keinen Effekt“, ist Haselsteiner überzeugt. Der Grund: Die Langfristzinsen kommen durch Angebot und Nachfrage am Anleihenmarkt zustande und richten sich hierzulande vor allem nach der Rendite zehnjähriger Bundesanleihen. „Der Zins für Bundesanleihen hängt aber vor allem von der Rolle Deutschlands in der Euro-Krise ab. Je mehr Zugeständnisse Kanzlerin Angela Merkel zur Rettung der Südeuropäer macht, die die Bonität Deutschlands schwächen, umso mehr werden die Renditen für Bundesanleihen steigen. Die 1,2 Prozent vor einigen Wochen und aktuell gezahlten Zinsen von 1,5 Prozent sind somit übertrieben niedrig und haben mit den Wirtschaftsdaten Deutschlands wenig zu tun. Ohne Euro-Krise müsste das normale Zinsniveau der Bundesanleihen eher bei vier Prozent liegen“. Haselsteiner rechnet daher für die nächsten Monate mit anhaltendem Druck zu steigenden Zinsen, in der Tendenz bis auf rund drei Prozent für die Bundesanleihen. Das sollte sich dann auch in steigenden Hypothekenzinsen niederschlagen.
Investitionen in Immobilien
Für Baufinanzierer, Hauskäufer und Eigentümer, die ihre Hypothek umschulden möchten, sind aber auch drei Prozent noch historisch niedrig. Derzeit herrscht eine günstige Sonderkonstellation niedriger Zinsniveaus, ohne dass die Immobilienpreise bereits davon galoppiert seien. Übertriebene Eile sei jedoch nicht geboten. „Es besteht da kein Grund zur Panik. Die Zinsbedingungen sind zwar derzeit ideal, aber wichtiger sollte Immobilienkäufern zunächst die Wahl eines werthaltigen Objekts und eine auf die eigenen Bedürfnisse passende Finanzierungsstruktur sein“, empfiehlt Haselsteiner. „Der deutsche Immobilienkunde ist seit zwei Jahren der Profiteur der Euro-Krise.“
Nach den Daten von Interhyp ist bei Immobilienfinanzierungen noch immer die zehnjährige Festschreibung der Zinshöhe die gefragteste Finanzierungsvariante. Dabei würde sich eine Zinsbindung über 15 Jahre eigentlich aufdrängen. „Eine Finanzierung über 15 Jahre ist nur geringfügig teurer, bietet mehr Planungssicherheit und bietet dennoch nach zehn Jahren immer die Möglichkeit, das Baudarlehen vorzeitig abzulösen oder in einen neuen Kredit zu den dann gültigen Konditionen umzuschulden – ohne Nachteil für den Schuldner“, argumentiert Haselsteiner.
Gute Chancen auf steigende Immobilienpreise
Ein weiterer Vorteil: Die Voraussetzungen für einen Anstieg der Immobilienpreise in Deutschland sind derzeit so gut wie seit 15 Jahren nicht mehr. Profitieren werden dabei vor allem die Ballungsgebiete. Dort ziehen auch die Mieten deutlich an. Wer also anstatt zu sparen und Mickerzinsen einzustreichen in einen langlebigen Sachwert wie eine Immobilie investiert, baut derzeit weit schneller Vermögen auf, als dies bei einem Hypothekenzins von fünf bis sechs Prozent möglich wäre. Voraussetzung ist allerdings, dass die nicht aufgrund marodierender Bausubstanz oder ungünstiger Lage mit den Jahren an Wert verliert. Angehende Eigenheimbesitzer und Vermieter, die das beherzigen und solide finanzieren, finden derzeit also ideale Bedingungen vor.
Einziger Wermutstropfen für Hauskäufer: Es mangelt an geeigneten Objekten, so dass es in einzelnen Großstadtvierteln bereits zu Preisübertreibungen kommen kann. Dass die Banken und Hausfinanzierer derzeit zu einer allzu laxen Vergabe von Krediten neigen, kann Haselsteiner indes nicht erkennen. „Das Kreditverhalten der deutschen Banken ist weiterhin sehr vernünftig und eher konservativ. Sonst wäre die Nachfrage nach Finanzierungen noch viel höher.“ Die Gefahr einer Immobilienblase, wie sie in Spanien geplatzt ist und bei einzelnen Objekten zu Preisrückgängen von 30 oder 40 Prozent geführt hat, sieht er daher nicht heraufziehen.
Anschlussfinanzierer haben dieses Problem ohnehin nicht, für sie ist das aktuelle Zinsniveau optimal. Wer dann noch Ersparnisse nutzen kann, um seine Schuldenlast in der Umschuldungsphase zu senken, spart weit mehr, als er durch Festgeld oder sichere Rentenpapiere verdienen könnte. Es gilt die alte Faustregel, dass eine Senkung der Schulden einer renditeträchtigen Geldanlage vorzuziehen ist. Angesichts der niedrigen Sparzinsen und den Risiken, die mit renditeträchtigeren Geldanlagen verbunden sind, eigentlich eine Binsenweisheit. Aber selten war sie so nützlich wie heute.