Vier Prozent Rendite pro Jahr – so viel versprachen zwischen 1994 und 2000 Lebensversicherungen ihren Neukunden auf das tatsächlich angelegte Kapital. Garantiert, bombensicher über 20 oder 30 Jahre. Lange ist es her. Heute gibt es bei der Assekuranz noch 1,25 Prozent garantiert – vor Gebühren, Absenkung wahrscheinlich. Wer heute noch vier Prozent will, bekommt sie nicht mehr von Allianz oder Deutscher Bank. Anleger müssen höhere Risiken und längere Laufzeiten akzeptieren.
Doch für risikobereite Anleger gibt es immer noch die Aussicht auf vier Prozent – an der Börse, bei Anleihen, Immobilien und mit Fondsanlagen. Worauf sich Investoren dabei einlassen, zeigen vier konkrete Beispiele.
Was Investoren für die lukrativste Geldanlage halten
Das Meinungsforschungsinstitut Forsa befragt einmal jährlich im Auftrag von pro aurum die Deutschen nach ihren Anlagestrategien. Hier die Ergebnisse vom Juni 2015 - im Vergleich zu den Vorjahren. Zuerst wurden den Bürgern fünf Geldanlagen genannt, mit der Bitte, anzugeben, welche davon aus ihrer Sicht derzeit am besten als langfristige Geldanlage mit mindestens drei Jahren Laufzeit geeignet ist.
Gold platziert sich zum fünften Mal in Folge an erster Stelle, diesmal allerdings deutlicher vor Aktien, die seit 2011 Zuwächse erzielten, aber aktuell in der Anlegergunst gesunken sind: 30 Prozent der Bürger würden sich heute für Gold entscheiden, weil sie vermuten, dass diese Anlage nach mindestens drei Jahren Laufzeit im Vergleich zu den vier anderen Geldanlagen den meisten Gewinn bringt. Gold konnte somit um zwei Prozentpunkte zulegen.
Nur noch 23 Prozent halten Aktien für besonders lukrativ, wenn es um langfristige Geldanlagen geht. Im Vorjahr hatte dieser Wert mit 27 Prozent offenbar einen Gipfel erreicht.
Es folgen Fondsanteile mit zwölf Prozent. Fonds sind in der Gunst der Anleger wieder leicht gegenüber dem Vorjahr gestiegen. 2013 hatte dieser Wert mit 13 Prozent noch ein Hoch erreicht, war aber 2014 auf elf Prozent zurückgefallen.
Fest- beziehungsweise Termingeld hielten sieben Prozent der Befragten für die lukrativste langfristige Geldanlage. Seit 2011 ist diese Anlageklasse deutlich ins Hintertreffen geraten, damals glaubten noch 22 Prozent der Befragten, Termin- und Festgelder würden auf drei Jahre betrachtet den meisten Gewinn abwerfen.
Drei Prozent nannten Anleihen als aussichtsreichste Anlageklasse, im Vorjahr waren es nur zwei Prozent. Anleihen spielen somit für Privatanleger praktisch keine Rolle. Ernüchternd: Knapp jeder vierte Bürger (24 Prozent) kann nicht sagen, welche dieser Anlagen am besten geeignet wäre, um langfristig möglichst viel Gewinn zu erzielen. Die Angaben "weiß nicht" oder "keine davon" kamen bereits in den Vorjahren ähnlich häufig vor.
Constantin-Bond bringt mehr als jedes Konto
Mit einem Sparbrief von einer seriösen Bank schaffen Anleger maximal 1,5 Prozent, etwa bei der Targobank. Anleihen an der Börse bieten deutlich mehr. Wer in Anleihen investiert, sollte wissen, dass sich angesichts des aktuell sehr niedrigen Zinsniveaus rasch Kursverluste einstellen können. Je länger die Restlaufzeit der Anleihe ist, desto höher – falls die Zinsen steigen. So verliert etwa eine noch zehn Jahre laufende Euro-Staatsanleihe 9,97 Prozent an Wert, wenn die langjährigen Zinsen um einen Prozentpunkt steigen.
Diese Verluste sind jedoch nur temporär. Wer bis zum Ende der Laufzeit an seinem Papier festhält, bekommt den Ausgabewert wieder zurück – vorausgesetzt, das emittierende Unternehmen oder der Staat bleibt zahlungsfähig. Kurzlaufende Anleihen von Top-Schuldnern minimieren dieses Zinsänderungsrisiko und die Ausfallgefahr, verzinsen sich aber nahe null. Eine BASF-Anleihe etwa bringt 0,3 Prozent bis Oktober 2018, dazu kommen noch Kaufgebühren.
Ein Papier der Münchner Constantin Medien (Filmverleih, TV-Sender, Vermarktung von Events wie Fußball Champions League) wirft dagegen 4,4 Prozent ab. Dafür müssen Anleger in Kauf nehmen, dass sie einem Unternehmen Geld leihen, dessen Eigenkapital mit nur 14,7 Prozent der Bilanzsumme sehr dünn ist (gut wären 30 Prozent) und das 91,4 Millionen Euro Nettofinanzschulden hat. Doch es gibt auch gute Nachrichten. Die Verschuldung wurde 2014 um mehr als ein Drittel zurückgefahren. Gemessen an den operativen Mittelzuflüssen 2014, könnte Constantin seine Nettoschulden binnen neun Monaten auf null fahren, theoretisch.
Bei der kurzlaufenden Constantin-Anleihe (ISIN: DE000A1R07C3) verlieren Anleger rechnerisch rund 0,9 Prozent an Wert, falls die langjährigen Zinsen um einen Prozentpunkt ansteigen sollten. Macht nichts, denn das Papier notiert bei 107 Prozent, wird aber ohnehin 2018 nur zu 100 Prozent zurückgezahlt. Kursverluste gibt es also auf jeden Fall. Die Rendite ist trotzdem hoch, weil der Zins von sieben Prozent Kursverluste überkompensiert. Anleger verlieren je 1070 Euro 70 Euro im Kurs über die Laufzeit, sie erhalten aber dreimal 70 Euro Zins. Anleger dürfen das Papier bei einer Übernahme Constantins kündigen. Wenn dann mehr als 80 Prozent des Gesamtbetrags der Anleihe (65 Millionen Euro) zurückbezahlt werden müssen, dann darf Constantin selbst das Papier zu einem Kurs von 100 Prozent kündigen.
Hermle-Aktie mit fünf Prozent Rendite
Die Dividendenrendite (Dividende im Verhältnis zum Kurswert) einer Aktie allein ist kein guter Indikator – schließlich sind die Renditen oft nur so hoch, weil die Kurse gesunken sind, wie etwa die von RWE oder E.On nach der Energiewende. Ein gutes Geschäftsmodell steht da aktuell nicht mehr dahinter. Nicht nachhaltig ist es auch, wenn Unternehmen Dividende aus der Substanz ausschütten – ihnen fehlt künftig schlicht die Luft für Investitionen.
Der schwäbische Werkzeugmaschinenhersteller Hermle zählt nicht dazu. Hermle hat 2014 mit Rekord abgeschlossen: Umsatz 347 Millionen Euro (plus 13 Prozent), Jahresüberschuss 59 Millionen Euro (plus 29 Prozent), Dividende 10,85 Euro (plus 51 Prozent). Bei einem Aktienkurs von 205 Euro liegt die Dividendenrendite damit bei gut fünf Prozent. Doch wie das so mit Rekorden ist: Hermle wird sie 2015 eher nicht wiederholen. Sanktionen drücken das Russland-Geschäft. Großaufträge wie 2014 sind bislang nicht in Sicht, allerdings hellt sich das Investitionsklima im für Hermle wichtigen Deutschland auf. Vielleicht also geht doch mehr als gedacht.
So oder so – allzu große Sorgen müssen sich Aktionäre nicht machen: Hermle dürfte auch 2015 solide Zahlen abliefern. Dafür spricht der Auftragseingang, der zwar um sechs Prozent abgenommen hat, aber immer noch bei stolzen 333 Millionen Euro liegt. Und auch 203 Millionen Euro Eigenkapital (71,7 Prozent der Bilanzsumme) lassen Anleger ruhig schlafen. Mehr Stirnrunzeln sollte die hohe Bewertung verursachen. Der Börsenwert von Hermle liegt bei gut einer Milliarde Euro, dreimal so hoch wie der Umsatz. Und wenn der Dax fällt, etwa weil die Zentralbanken die Zinsen anheben, wird selbst die solideste Aktie nach unten gezogen. Aber: Spätestens dann bieten sich Einstiegschancen.
Nachhaltiger Mix ohne Sünde
Nie sollte man sein ganzes Vermögen auf eine Aktie oder Anleihe setzen. Gut für Vorsichtige sind weltweit anlegende Mischfonds wie der FairWorldFonds (ISIN: LU0458538880) von Union Investment. Fondsmanager Michael Flaschka verteilt die Anlegergelder auf Aktien und Anleihen und berücksichtigt auch soziale und ökologische Kriterien bei der Auswahl. „Das übergeordnete Ziel ist eine stärkere Gemeinwohlorientierung der Wirtschaft“, sagt Flaschka. Seine Investoren suchen eine nachhaltige Anlage, die etwa Waffenproduzenten oder Gentechnik ausklammert. So ist der Fonds bei Stiftungen gefragt. In einem Rendite-Risiko-Vergleich des Beratungshauses Portfolio Consulting landet der FairWorld unter 40 Stiftungsfonds auf dem guten Rang drei. Er schaffte über fünf Jahre fünf Prozent pro Jahr, ohne hohe Kursschwankungen.
Doch die künftigen Erträge werden magerer sein. 60 Prozent der in dem Fonds angelegten 289 Millionen Euro sind in Zinspapieren investiert. Die bringen im Schnitt nur 0,7 Prozent Rendite. „Aber um die vier Prozent sollten wir pro Jahr im Schnitt insgesamt erreichen können“, erwartet Flaschka. Dafür greift er etwa zu Anleihen von Schwellenländern wie Uruguay oder Costa Rica, die noch fünf Prozent Rendite erzielen. Schub muss der aktuell 30-prozentige Aktienanteil bringen. Denn der Fonds muss auch Jahreskosten von 1,36 Prozent wettmachen. Und den Kaufaufschlag (Agio) für den Fonds von 2,5 Prozent sollten Anleger bei ihrer Bank wegverhandeln.
Immobilien im Ländle
Aufschläge haben auch die Häuserpreise. „Anleger, die nur in Lebensversicherungen waren, suchen erstmals nach Immobilien als Renditeobjekte“, sagt der Münchner Vermögensberater Joachim Paul Schäfer. Weil die Preise in den Metropolen stärker steigen als die Mieten, fallen die Renditen. In Hamburg oder München sind Mietwohnungen teuer; sie kosten bis zu 35 Nettokaltmieten eines Jahres, bringen damit nur 2,86 Prozent Rendite (100 geteilt durch 35 Jahresmieten).
Wer vier Prozent Bruttorendite erzielen will (vor Kaufkosten, Rücklagen, Kapitalkosten und Steuern), muss eine Immobilie finden, die höchstens 25 Jahreskaltmieten kostet. Außerdem bindet eine Immobilie viel Kapital; anders als mit Aktien können Normalanleger nicht streuen. Es gibt zwar auch Wohnungen für zehn Jahresmieten. Aber: 75 Prozent der Objekte finden sich in Gegenden, in denen die Nachfrage stark sinken wird.
Dass vier Prozent auch in Regionen mit positiver Prognose machbar sind, zeigt Stuttgart, das Einwohner gewinnt, die Kaufkraft über dem Bundesdurchschnitt haben und Immobilien stark nachfragen.
Attraktiv wäre etwa eine Vier-Zimmer-Wohnung in Stuttgart Bad Cannstatt, eher ein Arbeiterviertel mit einfacher Bebauung. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis liegt mit 2200 Euro unter dem Stuttgarter Schnitt von 2920 Euro. Weil aber am Wohnungsmarkt Druck im Kessel ist, steigen überall die Preise.
In begehrteren Lagen werden für Neubauten längst 7000, im Bestand 5000 Euro verlangt. Unsere Wohnung, die vier Prozent Bruttomietrendite bringt, kostet 211 000 Euro für 95 Quadratmeter – fast auf den Euro genau der Cannstätter Durchschnittspreis. Der Mieter bezahlt 700 Euro kalt, das Objekt hat eine Loggia zum Garten und einen klaren Grundriss. Ausstattung und Substanz sind solide. Risiko: Zwischenzeitlicher Leerstand drückt die Rendite. Auch die Miteigentümer können Ärger machen. Vor dem Kauf daher die Protokolle der letzten Versammlungen einsehen.
Berücksichtigen müssen Anleger auch die hohen Kaufkosten: Grunderwerbsteuer, Notar und Makler summieren sich auf bis 15 Prozent des Kaufpreises. Die sind erst mal weg und drücken 4,0 Prozent Rendite auf unter 3,5.