Geld in den Tresor? Auch wenn große Banken wie die Commerzbank offenbar darüber nachdenken, größere Mengen an Bargeld statt bei der Europäischen Zentralbank (EZB) im eigenen Tresor zu lagern, tragen deutsche Sparer ihr Erspartes weiterhin fleißig zur Bank. Laut einer Analyse der Beratung Barkow Consulting sind die Zuflüsse auf Tagesgeldkonten aktuell mehr als vier mal so groß wie vor der Finanzkrise.
Insgesamt horten die Deutschen aktuell mehr als 1,1 Milliarden Euro in Form von Tagesgeld, jedes Jahr kommen durchschnittlich 63 Millionen Euro dazu.
Obwohl Tagesgeld kaum noch Zinsen bringt, schwören Anleger weiter darauf. Langfristig nehmen sie damit in Kauf, dass ihre Ersparnisse immer weniger werden. Das Problem entstünde vor allem, wenn die Inflation in den kommenden Monaten etwas steigen würde. Unwahrscheinlich ist das nicht, denn der Ölpreis steigt langsam und allein durch den Basiseffekt steigen dann auch die Inflationsraten.
Geldpolitik der EZB: Belastungen durch Niedrigzinsen
In Deutschland beliebte Sparformen wie Tages- und Festgeld werfen kaum noch etwas ab. Die niedrige Inflation gleiche die negativen Effekte der niedrigen Zinsen allerdings aus, betont EZB-Präsident Mario Draghi. Derzeit liege die Verzinsung minus Inflation höher als im Durchschnitt der 1990er Jahre. „Zu der Zeit hatten Sie höhere Zinsen auf dem Sparbuch, aber zugleich meist Inflation, die weit darüber lag und alles auffraß“, sagte Draghi jüngst in einem Interview. Im Mai lagen die Verbraucherpreise in Deutschland nach vorläufigen Berechnungen gerade einmal um 0,1 Prozent über dem Vorjahresniveau.
Stand: 07.06.2016
Finanzinstitute müssen Strafzinsen zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Für den durchschnittlichen Privatkunden sind Strafzinsen bislang kein Thema. Man werde „alles tun, um die privaten Sparer vor Negativzinsen zu schützen - in Teilen auch zu Lasten der eigenen Ertragslage“, sagte jüngst der Chef des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon. Wenn die aktuelle Niedrigzinsphase aber lange andauere, würden die Sparkassen die Kunden letztlich nicht davor bewahren können. Zudem könnten Geldhäuser nach Angaben des Präsidenten des Bundesverbandes der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Uwe Fröhlich, gezwungen sein, an der Gebührenschraube zu drehen: „Jeder muss in seiner Bank überlegen, wie er über Konditionen-Gestaltung gegen die Ertragsverluste anarbeitet, die ohne Zweifel da sind.“
Lebensversicherern fällt es immer schwerer, die hohen Zusagen der Vergangenheit zu erwirtschaften. Die Folge: Die Verzinsung des Altersvorsorge-Klassikers sinkt seit geraumer Zeit. Auch Betriebsrenten leiden, Firmen müssen wegen der Zinsschmelze immer mehr Geld für die Pensionsverbindlichkeiten zurücklegen. Viele Unternehmen versprechen bei Neueinstellungen daher keine konkreten Leistungen mehr, sondern sagen lediglich zu, einen bestimmten Betrag pro Monat in Vorsorgekassen einzuzahlen. Das Zinsrisiko tragen die künftigen Pensionäre.
Sparer fallen damit ihrer Hilflosigkeit zum Opfer. Aus Mangel an alternativen Anlageideen türmen sie ihr Geld weiterhin auf dem unrentablen Tagesgeldkonto. Dabei senken die Banken auch dort gnadenlos die Zinsen. Die ING Diba teilte am Freitag mit, sie werde die Zinsen auf ihr sogenanntes "Extrakonto" von 0,5 auf 0,35 Prozent senken.
Deshalb ist das beliebteste und vor allem am weitesten verbreitete Sparprodukt der Deutschen weiterhin das Girokonto. Laut einer Umfrage der comdirect unter 1600 Befragten legen 56 Prozent Geld auf einem Girokonto an. Ähnlich beliebt ist das Sparbuch, 54 Prozent der Befragten zahlen dort ihr Geld ein. Laut der Direktbank wird diese Form des Sparens besonders gerne genommen, wenn für die eigenen Kinder gespart wird.
Geldpolitik der EZB: Entlastungen durch Niedrigzinsen
Verbraucher sparen bei Darlehen, ob für den neuen Fernseher oder für die eigenen vier Wände. Hausbauer können sich zu historisch günstigen Konditionen Geld leihen. Nach Angaben des Bankenverbandes BdB sind Hypothekendarlehen mit zehn Jahren Zinsbindung derzeit zu Effektivzinsen von durchschnittlich etwa 1,4 Prozent zu haben. 2007 lagen sie noch bei mehr als fünf Prozent.
Billiger ist es auch geworden, das eigene Konto zu überziehen. Vor fünf Jahren lagen die Dispozinsen nach Angaben der Finanzberatung FMH im Schnitt noch bei 11,26 Prozent. Mittlerweile sind es demnach durchschnittlich 9,51 Prozent.
Seit Jahren ist günstiges Notenbankgeld der zentrale Treibstoff für die Börsen. Aktionäre können von steigenden Kursen profitieren. Zuletzt wagten sich die eher börsenscheuen Deutschen wieder stärker an den Aktienmarkt. Knapp 9,01 Millionen Menschen besaßen nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts im vergangenen Jahr Aktien und/oder Anteile an Aktienfonds - das ist der höchste Stand seit 2012.
Mit der Ausgabe von Anleihen finanziert die öffentliche Hand - neben Steuereinkünften - einen Großteil ihrer Ausgaben. Am Montag fiel die sogenannte Umlaufrendite, die ein durchschnittliches Maß für die „Verzinsung“ von Staatspapieren mit einer Laufzeit von drei bis 30 Jahren ist, in Deutschland erstmals seit der Gründung der Bundesrepublik in den negativen Bereich. Der Bund „verdient“ in einer solchen Situation somit an seiner eigenen Schuldenaufnahme, anstatt den Gläubigern - den Käufern der Anleihen - einen Zins zu zahlen.
Stand: 7. Juni 2016
Vier von zehn Befragten zahlen regelmäßig auf ein Sparbuch oder Tagesgeldkonto ein, ein kleiner Teil investiert in Aktien. Erschreckend ist allerdings, dass demnach jeder zweite Deutsche gar nicht für seine Kinder spart. Die Sparbereitschaft korreliert laut comdirect mit dem Einkommen. Je höher das ist, desto eher wird etwas für den Nachwuchs zurückgelegt.
Aktien dagegen bleiben unbeliebt, auch die Turbulenzen an den Märkten zu Beginn des Jahres haben viele Aktienanleger verschreckt. Gerade einmal 13 Prozent der Anleger haben in Aktien investiert. Die Angst der Deutschen vor der Aktie hält auch in der Nullzinsphase an.