Die in Deutschland ohnehin geringe Anzahl an Aktionären stagniert, obwohl Unternehmensanteile renditeträchtig sind.
Der Grund: Seit November 2007 brauchen Finanzberater eine spezielle Erlaubnis, um Empfehlungen zu Aktien, Anleihen und Zertifikaten zu geben. Hat ein Neukunde bereits Einzelaktien im Depot, darf der Berater ohne Erlaubnis keine konkreten Tipps nennen. „Das Erlaubnisverfahren, um trotzdem beraten zu können, zieht sich im günstigsten Fall über einen Zeitraum von sechs bis neun Monaten hin“, sagt Philipp Mertens, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Düsseldorf. Dafür seien einmalige Kosten zwischen 15.000 und 25.000 Euro fällig, jährlich kämen mindestens 10.000 Euro für den dann zusätzlich notwendigen Wirtschaftsprüfer hinzu.
Das ist den meisten Beratern zu teuer. Wollen sie sich nicht nur auf die Beratung zu Fonds beschränken – hier greift eine Ausnahmeregelung –, müssen sie sich einem Haftungsdach anschließen. Der bürokratische Aufwand bei der Beratung zu einzelnen Wertpapieren bleibt auch dann hoch. Seit 2010 sind Beratungsprotokolle Pflicht. Eine Studie des Deutschen Aktieninstituts (DAI) hat die Folgen dieser Regeln analysiert. Der Befund: 65 Prozent der Banken haben die Beratung zu Einzelaktien eingeschränkt, 22 Prozent gleich ganz eingestellt. „Hauptsächlich kleinere Banken und Sparkassen bieten keine Aktienberatung mehr an, weil der Beratungsprozess regulierungsbedingt inzwischen zu hohe Kosten verursacht“, sagt Christine Bortenlänger, Chefin des DAI. So wird eine ganze Anlageklasse diffamiert.
Anreiz für unrentable Anleihen
Wer sich deswegen nach Anleihen umschaut, kann auch stolpern. Anleihen sind von einer Änderung des Wertpapierprospektrechts im Jahr 2012 unangenehm betroffen. Seither müssen Unternehmen innerhalb der EU keinen Prospekt mehr für eine neue Anleihe erstellen, wenn die Stückelung des Papiers wenigstens 100.000 Euro beträgt. Eine Mindestanlagesumme also, die selbst für vermögende Privatanleger zu hoch ist, wenn sie keine Klumpenrisiken eingehen wollen. Die negativen Konsequenzen beschreibt eine Untersuchung der Börse Stuttgart. Demnach begeben immer mehr Unternehmen Stückelungen von 100.000 Euro oder mehr, um die lästige Prospektpflicht zu umgehen.
2014 waren nur noch rund 20 Prozent von 770 Unternehmensanleihen in der Euro-Zone kleiner gestückelt. Zum Vergleich: 2010 kamen noch knapp 90 Prozent auf eine kleinere Stückelung. Doch nicht nur die Auswahl, und damit die Möglichkeit zu streuen, ist inzwischen enorm eingeschränkt, auch auf der Zinsseite verlieren Anleger: So bringt eine im Jahr 2026 fällige, als sicher geltende Anleihe von Philip Morris 0,5 Prozent Rendite pro Jahr – bei 100.000er-Stückelung. Ein vergleichbares Papier von Daimler mit derselben Laufzeit und mit einer 1000er-Stückelung wirft dagegen nur 0,3 Prozent ab. Dahinter steckt unter anderem das klassische Problem von steigender Nachfrage, die auf deutlich weniger investierbares Anleihevolumen trifft. Das drückt den Anlegerertrag.
Berater trägt Produktrisiko
Im Durchschnitt 6,2 Prozent jährlich hätten Anleger verdient, die einem weltweit anlegenden Aktienfonds von Juli 1996 bis Juli 2016 treu geblieben wären. Aber wer bekommt von seinem Berater bescheinigt, dass er ein risikobewusster und kein sicherheitsorientierter Anleger ist und damit überhaupt für Aktienfonds geeignet ist? Die Einstufung von Anleger und Produkt muss der Berater ernst nehmen. Denn bei schweren Fehlern drohen ihm bis zu zwei Jahre Berufsverbot. Doch wie der Kapitalmarkt, so verändert sich auch die Risikoeinteilung der Produkte. Sie basiert auf den Kursschwankungen der Fonds und kann sich monatlich verändern.
Nachdem im Januar die Kurse an den Börsen gefallen waren, rutschte etwa der weltweite Aktienfonds UniGlobal im Februar von der Risikoklasse fünf in die riskanteste Risikoklasse sechs ab. Berater müssen manchen Kunden über diese Änderungen informieren, wollen sie nicht für spätere Verluste haftbar gemacht werden. Der verunsicherte Anleger gerät dadurch in Gefahr, nach einem Kursrutsch seine Anlage zu Tiefstkursen zu verkaufen oder sich durch dauerndes Umschichten hohe Gebühren einzuhandeln.
Die sechs Beispiele zeigen: Regeln zum Schutz der Anleger benachteiligen sie oft. Immerhin könnte Bankier Friedrich von Metzler dem auch etwas Gutes abgewinnen. Die aufwendige Anlegerschutz-Bürokratie dürfte zu einem Comeback der metzlerischen Paradedisziplin führen: der Vermögensverwaltung.
Der Vermögensverwalter braucht nur einmal die Unterschrift des Kunden, dann kann er kaufen und verkaufen, fast wie er will. Die Metzlers haben eben Übung darin, über die Jahrhunderte hinweg auf der Gewinnerseite zu stehen.