US-Geldpolitik Bernankes Klartext stürzt Märkte in Tumult

Er wollte Klarheit an den Märkten schaffen und stiftete Verwirrung: Als Fed-Chef Bernanke ankündigte, eine strengere Geldpolitik zu fahren, erwischte das viele Investoren kalt. Sie stießen Wetten in Milliardenhöhe ab.

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Fed-Chef Bernanke ließ die Märkte zittern: Am Mittwoch vergangener Woche kündigte er an, bei der lockeren Zinspolitik der Fed aufs Gaspedal zu treten, vorausgesetzt die US-Wirtschaft erhole sich. Quelle: ap

New York Ihre Wette ging nicht auf: Futures-Händler hatten in der vergangenen Woche ihre Wetten auf steigende Dollar-Kurse so stark gesenkt wie seit sieben Jahren nicht mehr und mehr als 14 Milliarden Dollar an Wetten abgestoßen. Als Fed-Chef Ben Bernanke am nächsten Tag andeutete, eine strengere Geldpolitik zu fahren, erlebte der Dollar-Index allerdings seinen größten Sprung nach vorne in nahezu einem Jahr. Die Marktteilnehmer hat Bernankes Äußerung kalt erwischt: Sie alle gingen davon aus, dass wegen verlangsamten Inflation und steigender Anleihe-Renditen die Fed ihre lockere Geldpolitik bis ins nächste Jahr aufrechterhalten wird. Die Entwicklung, die den Dollar erfahrungsgemäß unter Druck gesetzt hätte.

Bernanke hatte am vergangenen Mittwoch angekündigt, Fed werde noch in diesem Jahr damit beginnen, das Volumen ihrer Bondkäufe zu reduzieren. Bereits Mitte 2014 könne das neue Programm abgeschlossen werden. Voraussetzung: Die Wirtschaft der USA erholt sich in dem Maße, in dem Fed es gerne möchte. Und es sieht ganz danach aus, als entwickele sich die weltgrößte Volkswirtschaft in die gewünschte Richtung: Am Dienstag war das US-Verbrauchervertrauen im Juni überraschend stark auf das höchste Niveau seit Januar 2008 gestiegen. Auch der Eigenheimabsatz legte im Mai stärker zu als prognostiziert. Bei den Händlern verstärkte das nun die Spekulationen auf ein baldiges Ende der ultralockeren Geldpolitik.
Die Äußerungen Bernankes brachten in der vergangenen Woche nahezu alle Märkte ins Taumeln: Währungen, Bonds und Aktien bis hin zu Rohstoffen. Die Händler traf das unvorbereitet: Ölspekulanten etwa hatten ihre Netto-Kauf-Positionen - Wetten auf einen Anstieg des Preises von Öl der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) - erhöht und damit auf das falsche Pferd gesetzt. Nur einen Tag vor dem Fed-Kommentar hatte das WTI-Öl hatte einen höchsten Stand seit neun Monaten erreicht. Dann jedoch verzeichnete er mit einem Minus von insgesamt 4,8 Prozent den stärksten Einbruch über drei Tage seit April.


Transparenz senkt offenbar Vertrauen


Mit seinen Äußerungen zur Geldpolitik macht Fed-Chef Bernanke jetzt wahr, was er bei seinem Amtseintritt 2006 versprochen hatte: mehr Transparenz bei Entscheidungen der Notenbank. Die neue Transparenz der Fed äußert sich unter anderem durch die Veröffentlichung von Prognosen, um dem Markt mehr Klarheit zu verschaffen.

Im Fall der Dollar-Wetten ging die neue Klartext-Strategie aber klar daneben. Investoren fürchten nun gar um den guten Ruf der Notenbank: “Wird die Fed versuchen, zurückzurudern von dem, wie der Markt die Äußerungen aufgenommen hat?”, fragte Mohamed El- Erian, Vorstandschef bei Pacific Investment Management Co. (Pimco), am Montag. Seine Fondsgesellschaft verwaltet den weltgrößten Anleihefonds. “Der Ruf der Zentralbank - diese Idee der Märkte, dass sie klug, mächtig und effizient sei - ist gefährdet. Die Fed muss sehr vorsichtig sein, was sie hier mit ihrem guten Ruf macht.”

Gleich zwei Präsidenten lokaler Fed-Niederlassungen haben nach der Unruhe an den Märkten am Anfang dieser Woche zumindest betont, dass die Geldpolitik der Federal Reserve auch weiter akkommodierend bleiben wird. Wir reden hier über ein Zurückfahren”, sagte Richard Fisher von der Federal Reserve Bank of Dallas. “Das Wort Ausstieg passt hier nicht.”
Sein Kollege Narayana Kocherlakota von der Minneapolis Fed erklärte unterdessen, die Fed müsse bei ihren Äußerungen unterstreichen, dass die Geldpolitik akkommodierend bleiben werde “für eine beachtliche Zeit” nach dem Ende der so genannten quantitativen Lockerung. “Wir müssen das in den Vordergrund rücken und es jedes einzelne Mal einhämmern, wenn wir über Geldpolitik reden.”

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